Wenn Michael Bröker mit seinem Bettlaken auf Wanderschaft geht, dann sucht er nicht nach einem Schlafplatz. Mit dem Tuch fängt er Zecken ein. Der Rentner ist einer der Experten in Deutschland, was die blutdürstigen Spinnentiere angeht. Früher war der Mikrobiologe in der Pharmaindustrie in Marburg an der Entwicklung der Impfstoffe beteiligt, die vor den von Zecken übertragenen Krankheiten schützen. Heute ist ihm die Erforschung der Tierchen als Hobby geblieben. Auf Mallorca war Bröker zwar schon im Urlaub, aber noch nicht auf der Jagd. Um mehr über die Inselzecken zu erfahren, bittet er Urlauber und Residenten, ihm Exemplare der Insekten per Post zuzuschicken.

Welche Zeckenarten gibt es?

Weltweit gibt es über 900 Zeckenarten. „Regelmäßig werden weitere entdeckt“, sagt Bröker. Miriam Monerris, die vor fünf Jahren ihre Doktorarbeit an der UIB über die garrapatas geschrieben hat, hat bei einer Studie zwölf Arten auf Mallorca feststellen können. Der deutsche Experte geht von etwa 30 Arten auf der Insel aus. „Da geht es auch um die Frage, welche Arten einheimisch sind. Viele Zecken werden durch Zugvögel eingeschleppt.“

Wie in Deutschland ist der Gemeine Holzbock auf Mallorca weit verbreitet. „Das ist ein fauler Sack, der wochenlang auf einem Grashalm hockt und auf seine Beute wartet“, sagt Bröker. Dabei lässt er sich nicht fallen, sondern lauert auf die Gelegenheit, wenn Tier oder Mensch den Grashalm streifen. Häufig anzutreffen ist auch die Braune Hundezecke, die sich oft in Vierbeiner festbeißt.

Diese Arten kommen vermehrt im Frühling oder Herbst vor. Dann sind viele Wanderer und Ausflügler unterwegs. „Die Zecken mögen feuchte Halbschattengebiete. Oft findet man sie an Übergängen von Wald zu Wiese“, so Bröker. Doch es gibt auch Arten, die gerade auf die mallorquinische Sommerhitze stehen. Dabei handelt es sich um die Hyalomma, die 2018 als sogenannte Riesen-zecke in Deutschland Schlagzeilen machte. „Sie sind drei Mal so groß wie der Holzbock und so schnell wie eine Ameise. Sie laufen ihrer Beute hinterher.“

Keine Impfung in Spanien

Eine der häufigsten durch Zecken übertragenen Krankheiten ist die Borreliose. „Dabei kommt es zu Rötungen der Haut rund um den Biss und zu Kopfschmerzen. Die Borreliose lässt sich gut mit Antibiotika binnen zwei Wochen behandeln“, sagt Bröker. Gegen die Krankheit hilft auch kein Impfstoff.

Dieser ist dafür gedacht, die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) zu verhindern. Es kann zu Fieber und einer Hirnhautentzündung kommen. „Im Extremfall endet die Krankheit tödlich.“ Um die Verbreitung der Erreger zu kontrollieren, hat das Robert Koch- Institut ähnlich dem Coronavirus Risikogebiete erstellt. In Deutschland sind hauptsächlich Bayern und Baden-Württemberg betroffen. Auf Mallorca gibt es keinen bekannten Fall. „In Spanien ist die Zeckenimpfung nicht im Impfkalender enthalten. Weder für Kinder noch für Erwachsene“, schreibt der spanische Verband der Kinderärzte AEP auf MZ-Anfrage.

Michael Bröker hält es für möglich, dass es FSME auch auf Mallorca gibt. „Im Blut von Hunden und Pferden wurden Antikörper nachgewiesen. Das Risiko einer Ansteckung ist in Deutschland aber wesentlich höher.“

Eher könne es auf Mallorca zum Krim-Kongo-Fieber kommen, das durch die Hyalomma übertragen wird. „Das verursacht innere Blutungen. Unbehandelt endet die Krankheit bei der Hälfte der Fälle tödlich.“ In Spanien ist laut des Unternehmerverbands für Umweltgesundheit Anecpla 2013 der erste Fall aufgetreten. Seitdem kam es zu neun Fällen, drei Personen starben an den Folgen. Nach einem Biss durch beispielsweise die Braune Hundezecke auf der Insel kann es auch zum Mittelmeerzeckenfieber kommen. Die Symptome sind Fieber, Kopfschmerzen oder Haarausfall. Gegen beide Krankheiten gibt es keinen Impfstoff. Fälle auf der Insel sind nicht bekannt.

Lebensraum Strauchheiden

„Auch wenn es uncool aussieht, sollte man die Hosenbeine in die Socken stecken. Helle Kleidung hilft, um die Zecken schneller zu sehen“, sagt der Deutsche. Laut UIB-Doktorin Monerris mögen die Inselzecken besonders die garriga, die auf Mallorca weitverbreiteten Strauchheiden. „Das ist gut möglich. Zecken können riechen und es kann sein, dass sie ihre Lieblingsbüsche haben. Das wäre eine Studie auf der Insel wert“, sagt Bröker.

Nach der Wanderung muss der Körper von Mensch und Tier abgesucht werden. „Der Zeckenbiss sollte fotografiert werden, um Veränderungen an der Haut zu bemerken.“

Die Zecken bestimmen lassen

Ist die Zecke draußen, dann in ein Gefäß oder Folie packen und an Michael Bröker (Pappelweg 30, 35041 Marburg) schicken. „Wichtig ist, dass das Gefäß dicht ist. Tot oder lebendig ist egal. Auf ein Heftpflaster kleben ist ungünstig, da ich die Zecke dann nur schwer lösen kann.“ Der Rentner bestimmt unter dem Mikroskop die Art und prüft, ob das Insekt Krankheitserreger mit sich trug. „Die Erkenntnisse teile ich natürlich dem Absender mit.“