Da zwischen den Balearen und dem spanischen Festland besonders viele Wale und Walarten, aber auch Delfine und Meeresschildkröten unterwegs sind, wurde das rund 47.000 Quadratkilometer große Areal 2018 offiziell zum Meeresschutzgebiet erklärt. Einige Wale leben fest hier, für andere ist das Mittelmeer nur eine Durchgangszone, etwa für Finnwale, vom oder auf ihrem Weg ins ligurische Meer. Obwohl der Walkorridor offiziell geschützt wird, gehört er nach wie vor zu den am stärksten befahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt.

Krach im Schutzgebiet

Der zunehmende Lärm ist derzeit die größte Gefahr für die Tiere. Er verursacht Hörschäden, Stress und verwirrt die Meeressäuger, die sich mithilfe von Geräuschen verständigen und orientieren. Im schlimmsten Fall führt der menschengemachte Lärm zum Tod, etwa wenn die Tiere mit Schiffen kollidieren oder weit von ihrem Migrationsweg abkommen. Die Meeresschutzorganisation OceanCare mit Sitz in der Schweiz, die auf den Balearen ansässige Marilles Foundation und die spanische Non-Profit-Organisation Alnitak fordern von der spanischen Zentralregierung daher, die Wale und andere Tiere im Mittelmeer künftig besser vor dem Schiffslärm zu schützen. Am vergangenen Dienstag (16.11.) haben die Meeresschützer in Palma dazu ein konkretes Maßnahmenpaket für den Walkorridor vorgestellt.

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Den Walen zuliebe: Tempolimit auf dem Meer vor Mallorca gefordert OceanCare

Die Geschwindigkeit drosseln

Die Meeresschützer fordern, dass die Schiffe ihre Geschwindigkeit drosseln. Eine Studie aus dem Jahr 2019 habe gezeigt, dass der Meereslärm um 40 Prozent reduziert werden würde, wenn die Schiffe ihre Geschwindigkeit um nur 10 Prozent drosseln. „Das Mittelmeer ist ein sehr dunkles Meer. Das Sehvermögen hilft den Tieren also kaum zur Orientierung“, so Carlos Bravo, Sprecher von OceanCare für Spanien. Durch die Geräusche hingegen, die sie aussenden, können sie genau bestimmen, wo sich das Muttertier oder die anderen Tiere der Gruppe befinden.

„Stellen wir Menschen uns mal vor, wir sitzen in einer dunklen Bar und verstehen unser Gegenüber vor lauter Lärm kaum. Dann hören wir irgendwann auch automatisch auf, mit den anderen zu sprechen“, so Bravo. Ähnlich ergehe es den Tieren. Sie werden von der Gruppe getrennt, finden keine Beute mehr und stoßen stattdessen womöglich sogar noch mit einem Schiff zusammen, weil sie es nicht rechtzeitig gehört haben.

Durch ein Tempolimit sinke das Kollisionsrisiko enorm. Dass die Geschwindigkeit viel entscheidender ist, mit der ein Schiff unterwegs ist, als etwa seine Größe, ist laut Bravo wissenschaftlich erwiesen. „Um zu verhindern, dass ein Wal nach einer Kollision stirbt, darf ein Schiff lediglich mit etwa 10 bis 12 Knoten unterwegs sein. Im Mittelmeer allerdings gibt es Schiffe, die sich mit einer Geschwindigkeit von 40 Knoten fortbewegen, etwa Schnellfähren. Zu schnell, als dass die Wale oder Kapitäne im letzten Moment gegensteuern könnten“, fügt Bravo hinzu.

Darüber hinaus, so argumentierten die Meeresschützer in ihrer Präsentation am Dienstag (16.11.), seien langsam fahrendere Schiffe ohnehin auch besser fürs Klima, weil sie weniger Kohlendioxid ausstoßen.

Spezielle Routen

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Neben dem Tempolimit schlagen die Meeresschützer in dem neuen Maßnahmenpaket auch vor, dass innerhalb des Schutzgebietes konkrete Routen festgelegt werden, auf denen die Schiffe unterwegs sein müssen. „Fähren etwa, die zwischen Mallorca und Barcelona unterwegs sind, fahren immer dieselbe Strecke, die kürzeste. Frachtschiffe aber, die von anderswo die Häfen von Barcelona oder Valencia ansteuern, haben deutlich mehr Spielraum“, so Bravo. Ziel sei, dass künftig weite Teile des Schutzgebietes überhaupt nicht befahren werden und sie damit wahre Ruhezonen werden. „Die Idee ist, dass Schiffe nur im Notfall durch diese Gebiete fahren dürfen.“

Dass der Meereslärm das größte Problem für die Tiere ist, habe die spanische Zentralregierung mittlerweile anerkannt. Nun hoffen die Vertreter der Meeresschutzorganisationen, dass die Balearen beim Schutz der Meerestiere schon bald Vorreiter sein können.