Es ist der Blick eines geschundenen Giganten, der zu fragen scheint: Was tut Ihr Menschen uns bloß an? Und er ist zugleich auch das Zeugnis einer geglückten Rettung. Pedro Riera, der Naturfotograf, der am Freitag (20.5.) eindrucksvoll dokumentierte, wie Taucher einen in einem Treibnetz gefangenen Buckelwal vor Mallorca befreiten, ist immer noch ganz aufgewühlt, als er der Mallorca Zeitung von den Augen des Tieres berichtet. "Am meisten hat mich dieser Blick beeindruckt", sagt er, "der Wal hat genau verstanden, was wir taten."

Ein Ausflugsboot des Anbieters "Caribia.es" hatte den etwa zehn Meter langen Buckelwal - zunächst war von einem Finnwal die Rede - gegen 15 Uhr etwa zwei bis drei Seemeilen vor der Punta de n'Amer in Porto Cristo entdeckt. Der Bootsführer alarmierte die nächstgelegenen Tauchschulen Skualo Porto Cristo und Albatros Cala Bona sowie die mit der Rettung von Meerestieren beauftragte Stiftung des Palma Aquariums.

Das Tier war bereits sehr geschwächt - und praktisch vollkommen von einem Treibnetz umringt. "Das Netz umspannte sein Maul und sein Atemloch und die Schnüre banden seine Brustflossen fest", sagt der Unterwasserfotograf, der mit den Tauchern herbeieilte.

Große Schwierigkeiten, um zu atmen

Auch die Schwanzflosse des Buckelwals hatte sich in dem mit Bleigewichten beschwerten Netz verheddert, das ihn in die Tiefe zog. Er kam nur noch mit Mühe an die Oberfläche, um zu atmen. "Mit jeder Bewegung der Schwanzflosse spannte sich das Netz um seinen Körper noch dichter", sagt Riera.

Die Taucher warteten ab, ohne sich dem Tier zu nähern, bis etwa zwei Stunden später Debora Morrison, die Leiterin der Palma-Aquarium-Stiftung, eintraf und Anweisungen für die Rettungsaktion gab. Für die vier beteiligten Taucher war es ein riskantes Unterfangen. "Ein panischer Schlag mit diesen Hunderte Kilo schweren Flossen kann dich töten", sagt Riera.

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Taucher befreien einen Buckelwal aus einem Treibnetz vor Porto Cristo auf Mallorca

"Der Wal verstand, was wir vorhatten"

Das Tier war nervös, doch es begriff scheinbar schon bald, was die Menschen bezweckten. "Nach etwa zwei Minuten blieb es dann ganz ruhig und schaute uns an. Der Wal verstand, was wir vorhatten", sagt Pedro Riera. Die Taucher schnitten mit ihren Messern erst das Maul frei und rückten dann nach und nach mit Hunderten von Schnitten weiter am Körper vor. Der Buckelwal rührte sich nicht, ließ es mit sich machen.

Als das Tier nach einer guten Stunde endlich von dem mörderischen Netz befreit worden war, setzte schon die Abenddämmerung ein. "Der Wal wandte sich danach langsam von uns ab", berichtet Pedro Riera, "und schwamm noch sehr geschwächt ins offene Meer hinaus." Wie lange das Tier schon in das Netz gefangen war, ist unklar - Xisca Pujol vom Palma Aquarium meint, der Zustand der Wunden deute daraufhin, dass es durchaus Wochen gewesen sein könnten. Um ihm einen Sender einzusetzen, der Aufschluss darüber geben könnte, was aus ihm geworden ist, war keine Zeit. Was bleibt, sind einzig und allein diese Bilder. Und dieser Blick.