Das Telefon von Tomeu Muntaner klingelt dieser Tage zu einer ungewohnten Jahreszeit. Der Inhaber eines Brennholz-Betriebes bei Santa Maria in der Inselmitte von Mallorca hat auch bei Temperaturen von zum Teil über 35 Grad ordentlich zu tun. „So etwas habe ich noch nie erlebt. Die Leute haben schon im August Holz gekauft, das gab es bisher noch in keinem Sommer.“ Vier bis sechs Fuhren Brennholz fahre er bereits seit ein paar Wochen pro Tag an größere Kunden aus. Zusätzlich steuern seinen Betrieb jeden Tag Dutzende Menschen an, die Säcke mit Pellets oder Holz für den Kamin kaufen. Bereits jetzt, sagt der Chef von Leñas Muntaner, sei er 21 Fahrten im Rückstand, so groß sei die Nachfrage.

Nie hätten sich die Menschen bereits in der warmen Jahreszeit Gedanken ums Heizen im Winter gemacht. Bislang habe man stattdessen erst mit Einsetzen der herbstlichen Temperaturen richtig zu tun bekommen. „Für uns ist es besser, dass die Leute so frühzeitig Holz kaufen, dann können wir im Winter ruhiger arbeiten“, hofft Muntaner, auf dessen Hof sich die Holzscheite meterhoch stapeln.

Brennholz um fünf Prozent teurer geworden

Nicht nur Muntaner, auch andere Brennholz-Firmen der Insel berichten von großer Nachfrage mitten im Hochsommer. Und das, obwohl Holz nicht gerade günstiges Heizmaterial ist. Muntaner spricht von Kosten von rund 300 Euro pro Tonne. „Wenn jemand seinen Kamin im Winter durchgehend laufen lässt, braucht er ungefähr drei Tonnen Holz.“ Doch die Menschen haben offenbar Sorgen, dass die Heizalternativen noch deutlich teurer kommen. Brennholz dagegen sei nur rund fünf Prozent teurer geworden. Bei Strom, Gas oder Heizöl war es die vergangenen Monate deutlich mehr – und die Preise dürften weiter steigen.

Sparen ist also angesagt. Und ganz Europa macht mit. Auch wenn Spanien eher aus Solidarität mit den EU-Nachbarn bei dem Energiespar-Plan der Mitgliedsländer dabei ist. Das Land wollte nicht ausscheren, obwohl Spanien deutlich weniger von russischem Gas abhängig ist als etwa Deutschland. Mallorca indessen wird durch eine Pipeline vom Festland mit Erdgas versorgt. Dieses fließt in erster Linie zu den Heizkraftwerken Cas Tresorer und Son Reus, über Pipelines werden aber große Teile der Insel versorgt, nicht zuletzt Hotels.

Gasverbrauch um sieben Prozent herunterfahren

Mit einer Abhängigkeit von russischem Gas von zuletzt knapp 15 Prozent muss Spanien letztendlich seinen Energieverbrauch nur um sieben Prozent herunterfahren, andere Länder wie Deutschland dagegen um 15 Prozent. Die Zentralregierung in Madrid hat bereits einige Maßnahmen umgesetzt, so etwa ein Dekret, das unter anderem vorschreibt, im Sommer die Klimaanlage in öffentlichen Gebäuden und dem Einzelhandel nur noch auf minimal 27 Grad und die Heizung im Winter auf maximal 19 Grad einzustellen sowie die Beleuchtung von Schaufenstern und öffentlichen Gebäuden um 22 Uhr abzuschalten. Gleichzeitig hat Madrid die Regionen um eigene Vorschläge gebeten. Der Generaldirektor im balearischen Energieministerium, Pep Malagrava, hat federführend bei der Zusammenstellung der Vorschläge der Balearen mitgearbeitet.

Aus seiner Sicht der wichtigste Ansatz: Statt der Haushalte sollen sich die Großverbraucher einschränken. Darunter fallen vor allem die öffentliche Verwaltung mit Hunderten Gebäuden auf den Balearen sowie die großen Unternehmen. Die Idee: Die großen Stromfresser sparen so viel ein, dass die Vorgaben erreicht werden können, ohne die Bürgerinnen und Bürger in die Pflicht zu nehmen, wie Malagrava im Gespräch erklärt. „Wir sind überzeugt davon, dass die Reduzierung um sieben Prozent nicht mit einer Einschränkung der Lebensqualität auf den Balearen einhergehen wird.“

Stromfresser Verwaltung

Die Landesregierung mit ihren rund 30.000 Angestellten und Dutzenden Gebäuden allein auf Mallorca ist der wohl größte Stromverbraucher auf den Balearen, 20.000 Mitarbeitende haben eigene Computer, schätzt Malagrava. „Wenn alle ihren PC am Ende des Arbeitstags auf Standby schalten, statt ihn anzulassen, ließe sich mit wenig Aufwand bereits 40 Prozent der Energie der Computer einsparen.“ Auch sollen alle Gebäude der öffentlichen Verwaltung ab 2025 nur noch Energiesparlampen und ab 2030 Energieeffizienz-Klasse A aufweisen.

Die Unternehmen auf den Inseln mit mehr als 50 Angestellten sind es ohnehin seit diesem Jahr gewohnt, dass sie strengere Umweltauflagen erfüllen müssen. Zum 1. Januar war ein Dekret in Kraft getreten, das jedes große und mittlere Unternehmen, das seinen Sitz auf den Inseln hat oder hier aktiv ist, dazu zwingt, seinen ökologischen Fußabdruck zu registrieren und in den kommenden Jahrzehnten allmählich zu verkleinern. Zwar geht es hier vor allem um die CO₂-Bilanz, doch die geht schließlich oft einher mit dem Energieverbrauch.

Mehrwertsteuer runter

Auch sollen die Unternehmen laut Malagrava überprüfen müssen, ob nicht mehr Homeoffice-Regelungen möglich sind. Damit würden Strom in großen Bürokomplexen sowie unnötige Fahrten mit dem Auto eingespart werden, so das Kalkül. Ihm mache vor allem Sorgen, dass der Stromverbrauch auf den Inseln im August um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen ist - was natürlich zu einem großen Teil dem nach zwei Jahren Corona-Pandemie wieder anspringenden Fremdenverkehr geschudet ist. „Wir müssen ja reduzieren oder zumindest das Niveau halten, derartige Anstiege sind problematisch.“

Hier seien auch die Hoteliers in der Pflicht. Sie sollen etwa intelligente Systeme installieren, die die Klimaanlage abschalten, wenn die Terrassentür geöffnet wird. Oder Sensoren, die feststellen, wenn niemand im Raum ist und ebenfalls die Klimaanlage ausschalten. Viele Unternehmen, gerade in der Tourismusbranche, hätten ja bereits „Opfer gebracht“, wie es Malagrava ausdrückt. Andere steckten mit ihren Sparbemühungen aber noch in den Kinderschuhen.

Mit einem weiteren Vorschlag wollen die Balearen erreichen, dass bei der Sanierung von Immobilien, die mit einer besseren Energieeffizenz einhergeht, ein stark verminderter Mehrwertsteuersatz von vier statt den bisher angewandten 21 Prozent erhoben wird. Diese Reduzierung soll beispielsweise auch für Fotovoltaikanlagen oder kleine Windräder gelten, die dem Eigenkonsum dienen. Zwar sei die Balearen-Regierung sonst nicht gerade ein Freund von Steuervergünstigungen. „Wenn wir aber wollen, dass die Leute mehr auf erneuerbare Energien setzen, dann müssen wir an dieser Stellschraube drehen.“

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Erste Erfolge

Noch in dieser Woche finden in Madrid Beratungen zu den Vorschlägen der Regionen statt, danach soll es eine endgültige Liste mit den Maßnahmen geben. Die ersten Entscheidungen zum Energiesparen zeigen indes Wirkung, zumindest mit Blick auf das gesamte Land. Nachdem das Dekret über die Temperatur und die Beleuchtung im öffentlichen Raum bereits in der ersten Woche nach Inkrafttreten rund 3,7 Prozent weniger Stromverbrauch in Spanien zur Folge hatte, waren es in der zweiten Woche gar 8,6 Prozent. Umfragen zeigen, dass die meisten Spanier die Maßnahmen aus dem Dekret für sinnvoll und richtig halten. Ende September tritt dann auch die Verpflichtung für Geschäfte in Kraft, den Kundeneingang nicht permanent offen zu halten. Dann dürften die Einsparungen noch deutlicher ausfallen.