Manche führen im Ruhestand den Schoßhund spazieren, andere spielen mit Freunden Karten in der Bar. Nicht so Toni Moreno. Er steht wie immer mit dem Stumpen einer Zigarre in der Hand inmitten zweifarbiger Kakteen. „Bisher hat sich keiner groß um unser 50. Firmenjubiläum gekümmert“, sagt der 81-Jährige gut gelaunt. Toni Moreno ist der Name, unter dem man ihn in Ses Salines und auf der Insel kennt. Im internationalen Kakteen-Business ist er als Marke ein Begriff, sein richtiger Name ist Antonio Portell.

Das Unternehmen startete er 1972 mit einer kleinen Kiste aus Holz und einigen Stecklingen. Das Know-how hatte er damals schon, denn Doña Carmen, die Ehefrau des Bankiers Juan March, die wie er aus Ses Salines stammte, hatte dem damals 14-Jährigen die Gartenbauschule in Barcelona finanziert. Danach kümmerte er sich zehn Jahre lang um den Kakteengarten der Familie March auf dem Anwesen Sa Vall.

Konkurrenz aus China, den Kanaren und dem spanischen Festland

Aus der kleinen Kiste aus Holz wurde bald eine fünf Meter lange. Als die MZ im Jahr 2007 erstmals Toni Moreno besuchte, hatte sein Schwiegersohn Fabricio Castello aus dem peruanischen Cuzco schon Tochter Antònia Portell geheiratet und arbeitete bereits in der Firma mit. Das Gewächshaus war damals nur 2.000 Quadratmeter groß, die Freilandplantage fünf Hektar.

Dort wuchsen bis zum Horizont die kugeligen Schwiegermutterkissen (Echinocactus grusonii), Toni Moreno exportierte sie nach China, wo sie als Glücksbringer gelten. „China produziert mittlerweile selbst“, sagt der Schwiegersohn. Konkurrenz gäbe es auch auf dem spanischen Festland und auf den Kanaren, wo Steuervorteile sowie das Klima die Produktion begünstigten.

Fabricio Castello führt heute erfolgreich gemeinsam mit Antònia Portell das Unternehmen. | FOTO: NELE BENDGENS Nele Bendgens

Doch auch das Wetter im Süden Mallorcas bekommt den Kakteen gut. Es regnet selten und wenn, kommt es wie in den Herkunftsländern der Kakteen zu Starkregen. Die Winter sind mild, und im Sommer genießen die stachligen Gesellen die Hitze um die 40 Grad.

Als Toni Moreno in den Ruhestand ging, machte er seinen Beruf zum Zeitvertreib. Er ist weiterhin täglich in den Gewächshäusern anzutreffen, sogar sonntags schaut er nach dem Rechten. Der MZ zeigt er beim Besuch, wie die zweifarbigen Kakteen entstehen: Er schneidet eine Scheibe der Unterlage des San-Pedro-Kaktus (Trichocereus pachanoi) ab, der die ihm aufgesetzte Sorte mit Nahrung versorgt.

Die nächste Generation übernimmt

Auf die „Mutterpflanze“ setzt er eine winzige Mammillaria, die statt ihrer normalen Wuchsform ein „Cristat“ gebildet hat, wie die bizarre Form genannt wird, auf die Züchter jahrelang warten. Unterlage und Aufsatz verbindet er mit einem Gummiband und legt danach eine Schatten spendende Zeitung obenauf.

Während Toni Moreno sich mehr und mehr mit der Züchtung der Winzlinge beschäftigte, übernahm das Ehepaar die Firma. Heute wachsen Kakteen und Sukkulente auf 10.000 Quadratmetern drinnen. Die großen Kakteen gedeihen nach wie vor im Freien auf fünf Hektar. Fabricio Castello organisiert die Plantagen und legt selbst Hand an. Zehn Angestellte unterstützen ihn, Antònia Portell hat im Büro die Verwaltung übernommen.

Doppelspitze auf einem Säulenkaktus

Doppelspitze auf einem Säulenkaktus Barbara Pohle

Das Ehepaar pflegt die Kontakte von Vater und Schwiegervater im In- und Ausland. Gemeinsam haben sie kürzlich die internationale Pflanzenmesse Interflora in Valencia besucht. Die Marke Toni Moreno ist auch in den Niederlanden bekannt, von wo aus Pflanzen in alle Welt verkauft werden – die größten Kakteen-Gewächshäuser befinden sich in der Nähe von Rotterdam. Von einer Messe in Thailand brachten Tochter und Schwiegersohn winzige zweifarbige Mammillarien-Sorten mit.

Kakteen-Versand in den Mittleren Osten

Von Besuchen bei Kunden in Dubai berichtet Castello, dass dank der Petrodollars das Wasser für die paradiesischen Gärten schier unendlich aus den Entsalzungsanlagen sprudelt. Das würde sich wohl auf absehbare Zeit auch nicht ändern.

Für den Versand in den Mittleren Osten stehen Säulenkakteen bereit. Sie müssen sorgfältigst ohne einen Krümel Erde verpackt werden. Ein Pflanzenpass bescheinigt ihre Herkunft. Das gilt auch für die kleinen und mittleren Kakteen, die in Europa im Trend liegen, weil sie in kleinen Wohnungen überleben und ohne Pflege zurechtkommen.

Molt d’anys also für Toni Moreno, auf dass er noch viele Jahre sein Leben genießen und sein Unternehmen Kakteen züchten kann!