Zu Hause in Mallorcas Wald: Das Netzwerk Xarxa Forestal feiert runden Geburtstag

Seit 20 Jahren ist die Xarxa Forestal Brücke zwischen Forstbehörde und Bürgern – und steht jetzt vor neuen Aufgaben

Die Xarxa Forestal organisiert unter anderem zahlreiche Führungen auf Mallorca

Die Xarxa Forestal organisiert unter anderem zahlreiche Führungen auf Mallorca / Xarxa Forestal

Sophie Mono

Sophie Mono

Alles begann mit dem großen Unwetter am 11. November 2001. Mehr als 1,5 Millionen Bäume entwurzelte damals der Sturm auf Mallorca, rund fünf Millionen wurden schwer beschädigt und mussten gefällt werden. „Es war logistisch unmöglich, sie alle bis zu Beginn der Waldbrandsaison im Juni wegzuräumen“, erinnert sich Antònia Llabrés. Doch die Bevölkerung sollte gewarnt werden, aufgeklärt über die Gefahren, die im Sommer von den Massen an totem Holz in den Wäldern ausgingen. Es war die Geburtsstunde der Xarxa Forestal – wörtlich übersetzt: Waldnetz –, die 2023 ihr 20-jähriges Bestehen feiert – und noch immer als Brücke zwischen den Forstbehörden und der Bevölkerung dient.

„Wir wollen, dass die Menschen über den Wald sprechen, ihn wahr- und ernst nehmen und nicht nur als ungenutzte Fläche sehen. Immerhin sind 45 Prozent von Mallorcas Fläche als Wald eingestuft“, erklärt Antònia Llabrés. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Francisco Gordiola ist die Verwaltungsangestellte des balearischen Umweltministeriums verantwortlich für die Koordination des Waldnetzwerks. „Wir erklären den Menschen, was die Forstbehörde und das Umweltministerium machen, warum sie es tun – und wie jeder Einzelne dabei helfen kann, den Wäldern und der Natur Gutes zu tun“, so Gordiola.

Ins Bewusstsein bringen

Oft hätten die Menschen nämlich gute Absichten, setzten sie aber falsch um. Indem sie auf ihren Fincas im Waldgebiet Bäume und Sträucher anpflanzten, die das natürliche Gleichgewicht in dem Gebiet störten. Oder wenn sie sich darüber ärgerten, dass die öffentliche Verwaltung gegen die Ziegenplage in den Bergen vorgeht. „Dabei ist das wichtig, denn das Übermaß an Ziegen stellt eine Gefahr für die Flora und Fauna da.“

870 Waldrundgänge hat die Xarxa Forestal in den vergangenen 20 Jahren organisiert, dazu 1.080 Workshops, 360 Aufforstungsaktionen, 1.460 Infogespräche und 16 Malwettbewerbe zum Thema Wald. Stets angepasst an den Wissensstand der Teilnehmer. „Wir sprechen jegliche Altersgruppen an, schließlich betrifft der Wald uns alle“, so Antònia Llabrés. Meist kommen die Veranstaltungen in Kooperation mit Bildungseinrichtungen zustande, aber auch mit Rathäusern und Anwohnervereinigungen. „Häufig sind Grundschulkinder besonders leicht für den Wald zu begeistern. Meist fühlen Jugendliche und Erwachsene sich dort allerdings ebenfalls schnell zu Hause, obwohl der Wald in ihrem alltäglichen Bewusstsein oft kaum vorkommt.“ Nicht selten entdeckten die Teilnehmer der Xarxa-Aktivitäten den Wald erstmals für sich und seien positiv von seiner Wirkung überrascht. Je nach Zielgruppe müssen die Experten beim Dialog mit der Bevölkerung mit Basics beginnen: Lasst keinen Müll liegen, macht kein offenes Feuer – Selbstverständlichkeiten, die für manche eben nicht selbstverständlich sind.

Früher sei das ganz anders gewesen. „Als die Forstwirtschaft noch eine größere Bedeutung hatte und es die Kohlemeiler gab, waren die Wälder automatisch Teil des Lebens der Menschen“, so Llabrès. Dadurch sei auch das Bewusstsein für die Wälder größer gewesen. Doch mit dem Tourismusboom sowie dem Niedergang der Forstwirtschaft verlagerte sich das Interesse der Menschen an die Küste.

Viele Herausforderungen

Grundsätzlich zeichne sich der Wald Mallorcas durch seine Strapazierfähigkeit aus. „Die Bedingungen mediterraner Wälder sind hart, die Böden meist wenig reichhaltig, das Klima mit großen Hitzeperioden und wenig Niederschlägen nachteilig“, so Llabrès. Kein Wunder also, dass die Wälder vorwiegend aus den wenig anspruchsvollen Aleppo-Kiefern bestünden. „Als positive Bilanz der vergangenen 20 Jahre lässt sich sagen, dass der Wald nicht zurückgeht, sondern im Gegenteil sogar leicht zunimmt“, so Gordiola. Gleichzeitig bereite der Klimawandel den Experten jedoch Sorgen. „Wie werden sich die Wälder an die immer häufiger auftretenden extremen Klimaphänomene anpassen? Wie können wir sie dabei unterstützen? Da sind wir noch etwas ratlos“, so der Fachmann.

Neben der erhöhten Waldbrandgefahr durch steigende Temperaturen seien auch die immer häufiger auftretenden Tornados ein Problem. Sie richteten in den vergangenen Jahren mehrmals heftige Zerstörung in Teilen Mallorcas an, beispielsweise 2020 in Banyalbufar. Das bringe nicht nur viel Arbeit mit sich, es komme auch auf die richtige Strategie zur Schadensbehebung an.

Auch die seltenen, dann aber heftigen Regenfälle hatten Konsequenzen. „Das Regenwasser kann nicht schnell genug versickern. Das führt zu Erosion.“ Letztlich würden die Bäume dadurch wehrloser gegenüber Plagen. „Diese treten vermehrt auf, und die Pflanzen sind oft nicht stark genug, sich dagegen zu wehren.“ Zu nennen seien etwa der Große Waldgärtner (Tomicus piniperda), ein Rüsselkäfer, der sich in der Rinde der Kiefern einnistet. Oder die Palmenmotte (Paysandisia archon), die es auf die mallorquinische Zwergpalme garballó abgesehen habe. Dass die Invasion einiger Insekten auch uns Menschen direkt betrifft, zeigt das Beispiel der Prozessionsspinnerraupen (Thaumetopoea pityocampa), deren feine Härchen bei vielen Menschen und Haustieren gegen Ende des Winters Juckreize auslösen. „Weil es so warm und trocken ist, sind jetzt schon zahlreiche Nester zu sehen, früher als sonst“, so Gordiola.

Selbst Einblicke bekommen

Auch wenn sich das Waldnetzwerk über die gesamte Insel erstreckt – das Herz der Xarxa ist die öffentliche Finca Menut im Gemeindegebiet Escorca mitten in der Tramuntana. Viele der Workshops und Infoveranstaltungen finden dort statt, oft ist die Einrichtung auch der Ausgangspunkt für die Rundgänge. Hier wurde schon vor 90 Jahren eine kleine Pflanzenzucht gegründet, die noch immer bedeutend ist für den Erhalt heimischer Arten.

Immer wieder werden dort nun im Rahmen des runden Geburtstags kleinere Veranstaltungen organisiert, an denen jeder Interessierte teilnehmen kann. „Grundsätzlich richten wir uns nicht an Urlauber, obwohl sie natürlich auch kommen können, wenn sie Spanisch oder Katalanisch verstehen“, so Llabrès. Stattdessen wolle man in erster Linie Einheimische und Residenten erreichen. Gelegenheit zur Teilnahme gibt es auch bei einer Waldwoche vom 19. bis 25. März auf der Finca Son Real (Santa Margalida).