Der Erfolg dieser Firma ist in Mallorcas Straßenbild kaum zu übersehen: Egal, ob in der Cala Vicenç an der Nordostküste der Insel, auf dem Parkplatz des Es-Trenc-Strandes im Süden oder am Paseo Marítimo in Palma de Mallorca – bei vielen geparkten Autos fällt der grellgelbe Goldcar-Aufkleber in einer Ecke der Heckscheibe auf. Und auch am Flughafen ist die Expansion offensichtlich: Wenn wieder mehrere Ferienflieger kurz nacheinander gelandet sind, wächst die Schlange vor dem Goldcar-Schalter rapide.

Mit mehr als 4.000 Fahrzeugen zur Hauptsaison auf Mallorca (geschätzten 8 Prozent der Gesamtflotte) hat sich das Unternehmen zu einem der Big Player im Mietwagenmarkt auf der Insel entwickelt. Goldcar Rental ist so etwas wie die Straßenvariante von Ryanair: Das Unternehmen mit Hauptsitz in Alicante wächst schnell, betreibt eine aggressive Preispolitik und fällt häufiger als andere Anbieter durch Kundenbeschwerden auf. Auch bei der MZ gingen in den vergangenen Wochen mehrere Leserbriefe zu Goldcar ein.

„In Spanien kommt man im preissensiblen Segment an Goldcar nicht vorbei", bestätigt Frieder Bechtel, Sprecher von billiger-­mietwagen.de. Dabei ist auf der Website des führenden deutschen Mietwagen-Portals das Logo der Marke gar nicht zu sehen. Stattdessen wird Goldcar von sogenannten Brokern angeboten, die ihren Partner auf Mallorca oft gar nicht nennen. Wobei sich das allmählich ändert: Immer mehr Anbieter seien um mehr Transparenz bemüht.

Der Big Player ist im Kern noch immer ein Familienunternehmen. Angefangen hatte Goldcar mit vier Ford Fiesta und einem Ford Escort, die die Gebrüder Juan und Pedro Alcaraz 1985 in ihrem ersten Büro in San Juan de Alicante vermieteten. Die Expansion von „Europa Rent a Car" begann an der Festlandküste: Torrevieja, Benidorm, Valencia, Málaga. Ab 2006 setzten die Brüder dann auf den Namen Goldcar und wagten den Sprung auf die Inseln.

Noch immer stehen die Alcaraz´ an der Spitze der Firma – mit dem Unterschied, dass sie heute ein Unternehmen mit 20.000 Fahrzeugen, mehr als 400 Mitarbeitern, 23 Filialen und einem Jahresumsatz von 113 Millionen Euro (2010) leiten. Goldcar ist nach eigenen Angaben Marktführer auf den meisten Flughäfen Spaniens. Inmitten der schweren Wirtschaftskrise expandiert Goldcar nach Portugal, seit diesem Jahr auch nach Italien. Zuletzt kamen im Mai Filialen in Madrid, Santander und Santiago de Compostela hinzu.

Der Wettbewerb in der Miet­wagenbranche ist hart, kleinere Firmen auf Mallorca basteln derzeit an einer gemeinsamen Plattform, um mit den Großen mithalten zu können. Zuletzt meldete Mitbewerber Aurigacrown Insolvenz an, womit 12.000 Mietwagen vom Markt verschwanden. Doch die Lücke wurde schnell wieder gefüllt, in der Branche geht man von einem Über­angebot aus.

Goldcar gibt sich besonders dynamisch: 70 Prozent der Wagen würden jährlich ausgetauscht, sagt Sprecher David Contreras. „Mit einem Alter von weniger als zehn Monaten haben wir eine der jüngsten Flotten im Markt." Doch das Unternehmen macht auch mit Kundenbeschwerden von sich reden. Ablesen lässt sich das zum Beispiel bei den Kundenbewertungen von billiger-mietwagen.de. Mit 3,5 von maximal 5 Sternen sei Goldcar im unteren Bereich angesiedelt, sagt Sprecher Bechtel mit Verweis auf rund 135.000 Bewertungen. Bemängelt würden vergleichsweise oft Zustand der Autos, Wartezeiten sowie Service vor Ort. MZ-Leser berichten etwa, dass Kunden trickreich Zusatzversicherungen aufgeschwatzt würden.

Goldcar-Sprecher Contreras hält der Kritik firmeneigene Kunden­befragungen entgegen. Demnach würden mehr als acht von zehn Kunden den Anbieter einem Freund oder Bekannten empfehlen. „Der wachsende Kundenstamm ist ohne Frage ein entscheidender Erfolgsfaktor für das Wachstum der vergangenen Jahre." Dass die Schalter-Angestellten angewiesen seien, Zusatzprodukte anzubieten, bestätigt Contreras. Da es sich bei den Versicherungen um erklärungsbedürftige Produkte handle, berate man die Kunden darüber lieber persönlich am Schalter.

Schlangen am Flughafen entschuldigt der Sprecher mit Stoßzeiten bei der Ankunft der Urlauber. „Die schiere Zahl der Reisenden macht es uns dann unmöglich, sie so schnell zu bedienen, wie es uns lieb wäre." Contreras verweist zudem auf die bislang beschränkten räumlichen Möglichkeiten am Flughafen von Palma. Dank der kürzlichen Einweihung größerer Büros sei aber nun Besserung in Sicht.

Ein Kapitel für sich ist die Regelung zur Tankfüllung – bei Goldcar muss das Auto bei Abgabe nicht aufgetankt werden, dafür wird eine Service-Gebühr fällig. Wer das nicht bei der Buchung einkalkuliert, muss besonders bei Kurzstrecken draufzahlen. Das Unternehmen argumentiert damit, dass es für die Kunden bequemer sei, vor Abgabe nicht noch eine Tankstelle aufsuchen zu müssen.

Die Ratschläge bei der Mietwagen-Buchung ähneln so denen bei der Buchung von Billigfliegern: Genau prüfen, was man da bezahlt. Man sollte zum Beispiel im Voucher nachlesen, wie die Regelung zur Eigenbeteiligung im Schadensfall aussehe, sagt Bechtel. Bei Abgabe des Wagens wird ohnehin nicht so genau hingeschaut, wie Contreras selbst sagt. „Bei der Rückgabe sind wir die schnellsten im Markt, da wir auf die Zustandskontrolle verzichten und so unnötige Wartezeiten vermeiden."

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