Maarten van Bemmelen arbeitet auf den 1. Januar 2019 hin - an dem Stichtag wird das System der Überlandbusse auf Mallorca neu gestartet. In der Zeit bis dahin stellt der Geschäftsführer des Konsor­tiums für öffentlichen Nahverkehr auf Mallorca (Consorci Transports Mallorca, CTM) zusammen mit seinem Team alles auf den Prüfstand - von den Strecken, Frequenzen und Geschwindigkeiten der Busse über die Fahrgastinformation bis hin zur Fahrzeugflotte. „2018 laufen wegen einer EU-Vorschrift fast alle Konzessionen automatisch aus", so der Niederländer, „das ist unsere Chance auf einen Neuanfang".

Der 46-Jährige ist so etwas wie ein idealer Kandidat für den Posten in der balearischen Linksregierung: Experte für Nachhaltigkeit, ­international erfahren, Fachmann statt Politiker. Nach dem Wirtschaftsstudium in Rotterdam und einem Master in Urban Management in Barcelona beriet er mehr als 20 Jahre lang im Rahmen europäischer Projekte die öffentliche Verwaltung in Sachen nachhaltiger, öffentlicher Nahverkehr, zuletzt Palmas Verkehrs­betriebe (EMT).

Bei der Umsetzung von Reformen gibt es allerdings drei große Probleme. Da wären zum einen die ­saisonalen Schwankungen: ­Buslinien, die im Sommer vor allem von Urlaubern genutzt werden, erweisen sich im Winter zumeist als unrentabel. Problem Nummer zwei sind die Zuständigkeiten: Die EMT gehört nicht dem Konsortium an, die Stadt macht ihr eigenes Ding. Es gibt Gespräche für eine weitergehende Kooperation, allerdings mit offenem Ausgang. Und dann wären da die derzeit 20 Konzessionen für die Überlandbusse, die acht Privat­firmen halten - darunter übrigens auch Autocares Mallorca und Bus Nort Balear, die dem Konzern Deutsche Bahn gehören.

In Folge des Konzessionssystems kann die Landesregierung Änderungen nicht einfach so entscheiden, sondern muss sie mit den Busfirmen aushandeln. „Es gibt einige Konzessionen, die reichen noch in die 50er Jahre zurück", musste van Bemmelen feststellen - verkrusteste Strukturen, die jetzt die EU aufbricht. Nur eine der Konzessionen könnte theoretisch über Januar 2019 hinaus weiterbestehen, weil sie dann noch keine zehn Jahre alt ist, die künftige Maximaldauer. Aber auch mit dieser Firma wird eine Neuvergabe verhandelt.

Ab 2019 soll vor allem die Benachteiligung bestimmter Gegenden wie Artà ein Ende haben. Dazu schieben die Mitarbeiter derzeit Zahlen hin und her: Wie viele Einwohner entfallen auf eine Buslinie? Wie viele Urlauber? Wie viele Busse sind unterwegs, wie werden sie angenommen?

Da das Jahresbudget von rund 7 Millionen Euro voraussichtlich nicht aufgestockt wird, kann der Holländer nicht einfach nach Bedarf die Zahl der Verbindungen erhöhen. „Die schlechte Nachricht ist, dass wir auch rationalisieren müssen." Um attraktive Expressverbindungen zu schaffen, die gegen die Konkurrenz des Autos bestehen, kommen die Haltestellen auf den Prüfstand. Weder müsse ein Bus alle 200 Meter halten, noch sei Passagieren mit Fahrtziel Endstation eine komplette Dorfrundfahrt zuzumuten, argumentiert van Bemmelen. Die Probleme kennt der 46-Jährige selbst, mehrmals pro Woche kommt er mit dem Bus von Bunyola nach Palma. Reisezeit: 40 Minuten. Auf die ­Abstecher nach Palmanyola und zum Krankenhaus Joan March könnte er dabei verzichten.

Hinzu kommt, dass gerade in Strandnähe oder in pittoresken Dörfern wie Valldemossa viele Urlauber zusteigen, die dem Busfahrer Bargeld in die Hand drücken - auch das kostet Zeit. Für Abhilfe soll eine Touristenbusfahrkarte sorgen, die beispielsweise eine Woche gültig ist, sowie die Bezahlung per Smartphone - auch diese Optionen sind für die neuen Konzessions­verträgen vorgesehen.

Ähnliches gilt für die vollständige Erfassung der Busse per GPS-Technik, um den Fahrgästen Information in Echtzeit an die Hand geben zu können. Die Flotte wird zwar bereits jetzt aufgerüstet, doch wohl erst mit der Verankerung der technischen Vorgaben in den neuen Verträgen dürfte das gesamte Busnetz abgedeckt sein. Auch jetzt schon kann man sich auf der Website www.tib.org registrieren und erhält Hinweise zu Fahrplanänderungen per E-Mail. Eine App wie im Fall der EMT (MobiPalma) gibt es jedoch noch nicht. Des Weiteren müssen sich die künftigen Konzessionsfirmen auf Vorgaben zu umweltverträglichen Bussen einstellen, etwa mit Erdgasantrieb.

Bei all den Bedingungen wolle man es aber nicht übertreiben, so van Bemmelen: Die Herausforderung werde sein, bis zur Konzessionsvergabe Ende 2018 Pakete zu schnüren, in denen lukrative Verbindungen mit weniger attrativen Routen und Auflagen kombiniert sind: „Wir wollen ja nicht auf den Konzessionen sitzen bleiben."