Eigentlich ist das Kennzeichen, das die Überwachungskamera aufgezeichnet hat, gut zu erkennen - doch weil sich der Computer offenbar nicht ganz sicher war, landet es auf dem Bildschirm in der Verkehrsleitzentrale von Palma. Hier in Sant Ferrán, der Hauptwache der Ortspolizei, ist einer der meist acht Mitarbeiter damit beschäftigt, die Pkw auszusortieren, die in der verkehrsberuhigten Zone der Innenstadt unterwegs sein dürfen und nicht automatisch vom System erkannt wurden - alle anderen erhalten ein Knöllchen über 60 Euro.

Die Operation ACIRE ist inzwischen weitgehend abgeschlossen, und die Geldbußen werden fast vollständig automatisiert wie am Fließband produziert. Zwar gibt es die Áreas de Circulación Restringida (ACIRE, Zonen mit begrenzter Zufahrt) in Palma zum Teil bereits seit den 70er-Jahren. Doch in den vergangenen Wochen wurden sie deutlich ausgeweitet und die Kon­trollen optimiert. Praktisch alle Gassen und Sträßlein der Altstadt sind nun alleiniges Revier der Anwohner, der Taxifahrer, der Radfahrer und des öffentlichen Nahverkehrs.

Die wichtigsten ACIRE waren schon vor der jetzigen Initiative der Linksregierung ausgewiesen und erstreckten sich vor allem über das Gebiet im Südwesten der Altstadt. Allerdings klappte es nicht mit der Zufahrtskontrolle mit im Boden versenkbaren Pollern. Die Anwohner konnten sie per Funk absenken und so mit ihrem Pkw passieren. Das Problem: Die mechanischen Vorrichtungen gingen immer wieder kaputt - und die Poller hoben sich mitunter, wenn ein Fahrzeug darüberfuhr. "Im Rathaus gingen ziemlich viele Schadensersatzforderungen ein", erzählt Verkehrs­dezernent Joan Ferrer.

In der Folge wurden die Poller zurückgebaut. Da sich aber nur die Anwohnervereinigungen der Viertel es Jonquet, Drassana und Sant Bartomeu alternativ für Überwachungskameras entschieden, existierten die sonstigen ACIRE praktisch nur auf dem Papier, wenn nicht gerade ein Polizist einen Pkw-Fahrer auf frischer Tat ertappte.

Erste Maßnahme der jetzigen Linksregierung war deswegen die generelle Installation von Kameras. Nacheinander gingen sie in den Vierteln Calatrava, Kathedrale und Santa Eulàlia (15. Juli), Sant Jaume und Banc de s´Oli (1. August) sowie Constitució (1. Oktober) in Betrieb. Die Bedenken der Einwohner habe man praktisch vollständig in Rundschreiben sowie mit der Beantwortung zahlloser Einzelanfragen ausgeräumt, so Ferrer. Schließlich gebe es ausreichend Ausnahmeregelungen. Zum Beispiel für Familien­besuch, der die Tiefgarage in der ACIRE mit nutzen will.

Am sichtbarsten für Urlauber ist das Verbot der Zufahrt vom Paseo Marítimo aus über die Straße Antoni Maura zum Borne-Boulevard, das seit Mitte Juli in Kraft ist und seit Ende August kontrolliert wird. Erstmals eine Kamera gibt es zudem im Carrer Riera - zwar durfte schon seit 30 Jahren nicht von der Rambla aus abgebogen werden, es wurde aber praktisch nicht kontrolliert.

In den ACIRE, die in diesem Sommer nun neu hinzugekommen sind, gehen die Überwachungs­kameras dagegen erst am 15. Oktober in Betrieb. Das sind zum einen die Erweiterung der ACIRE Santa Eulàlia und Constitució sowie die neue ACIRE La Missió. Hinzu kommen Änderungen in der Verkehrsführung an mehreren Plätzen. Übrig sind jetzt innerhalb des Innenstadtrings nur noch ein paar Straßen auf Höhe des Passeig Mallorca, der Avinguida Alemanya sowie der Plaça d´Espanya. Hier seien die Straßen breiter, im Gegensatz zu den großteils gepflasterten Gassen im Stadtkern, die oft auch keine Gehsteige hätten, erklärt Ferrer.

Trotz der Informationskampagne, bei der die vom System erwischten Falschfahrer in einer Übergangsphase schriftlich ermahnt wurden, wirken die Zufahrtsbeschränkungen erst, seitdem es auch Strafen gibt. Im Zeitraum 22. bis 31. August hagelte es mehr als 8.000 Knöllchen - 14 Prozent aller erfassten Fahrzeuge in den ACIRE hatten keine Genehmigung. Allein 5.600 Falschfahrer wurden beim Abbiegen Richtung Borne erwischt.

Die Trefferquote liegt praktisch bei 100 Prozent: Das System fotografiert die Kennzeichen der Fahrzeuge, wandelt die Bilder in Codes um und vergleicht sie vollautomatisch mit einer abgespeicherten Liste der autorisierten Kennzeichen. Die Gesichter der Fahrer würden dagegen von den Kameras nicht erfasst, versichert Ferrer. Wer innerhalb eines Monats überweist, bekommt wie üblich einen 50-Prozent-Rabatt. In der Regel zahlten bis zu 60 Prozent der Verkehrssünder umgehend, bei den weiteren zöge sich das Verfahren ein oder zwei Jahre hin. Bei spanischen Fahrern werde im Zweifelsfall per Embargo eingezogen - und im Fall von Urlaubern seien die Mietwagenfirmen kooperativ und zweigten die Buße in der Regel von der gezahlten Kaution ab.

Zum Stichtag 15. Oktober ist das Projekt Verkehrsberuhigung dann weitgehend abgeschlossen. Ferrer denkt aber über weitere Kameras nach, die an unfallträchtigen Stellen das in den ACIRE geltende Tempolimit von 20 Stundenkilometern kontrollieren sollen. "Ich finde es sehr schade, dass es immer erst Geldbußen braucht."