Zweieinhalb Monate vor dem Abbau der Mautstationen vor dem Sóller-Tunnel geht der Streit über die Kosten für die Übernahme durch die öffentliche Hand in die nächste Runde. Der Inhaber der eigentlich noch bis 2022 laufenden Konzession über den Betrieb des Tunnels an der Landstraße von Palma nach Sóller verlangt 31 Millionen Euro Entschädigung - 13,6 Millionen Euro mehr als der Inselrat dafür zahlen will. Da bei dieser Differenz eine gütliche Einigung kaum möglich scheine, werde man die Sache vor Gericht klären, berichtet die MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" am Mittwoch (14.6.).

Der Inselrat Mallorca hatte 2016 beschlossen, die Konzession für den Tunnel fünf Jahre früher als vertragsmäßig vereinbart zu beenden und die teure Maut (10 Euro für Hin- und Rückfahrt) ab dem 1. September 2017 abzuschaffen. Die Behörde ließ den angemessenen Schadensersatz von unabhängigen Gutachtern auf 17,4 Millionen Euro schätzen und machte ein entsprechendes Angebot an den Tunnelbetreiber Globalvía.

Das Konsortium Globalvía, das jeweils zur Hälfte dem Baukonzerns FCC und der Krisenbank Bankia gehört, kommt bei den Berechnungen jedoch auf eine fast doppelt so hohe Summe: allein 23 Millionen Euro für den zu erwartenden Gewinnausfall sowie weitere 8 Millionen Euro für die anteilige Investitionen in den Bau des Tunnels.

Unterdessen bereitet sich der durch die hohe Mautgebühr bislang etwas isolierte Ort Sóller auf den großen Besucheransturm vor. Das Rathaus suche zur Zeit nach freien Flächen, um zusätzliche Parkplätze zu schaffen.

Vorgeschichte

Um den Tunnel wird nicht das erste Mal vor Gericht gestritten. Und er ist nicht nur wegen der erwartenden Ablösesumme seit Jahrzehnten ein Politikum, das rechtes und linkes Lager auf Mallorca teilt. Schließlich musste über die Mauscheleien bei der Konzessionsvergabe schon ein Ministerpräsident zurücktreten.

Der PP-Politiker Gabriel Cañellas regierte die Inseln bereits seit sechs Jahren, als er 1989 den Auftrag zum Tunnelbau - die bis dato größte öffentliche Investition auf Mallorca - an den Unternehmer Antoni Cuart vergab. Doch im Jahr der Tunnel-Eröffnung 1997 kamen die Richter zum Schluss, dass Millionenbeträge der Investition in die Taschen von Cañellas und in den Wahlkampf zu seiner Wiederwahl gewandert waren. Ministerpräsident Cañellas trat auf Druck seiner Parteizentrale in Madrid zurück. Die Richter erklärten die Korruption für erwiesen - aber verjährt. Cañellas blieb straffrei. /tg