Die Statistik der Flughafenbetreibergesellschaft Aena spricht eine klare Sprache: Mehr als ein Drittel der insgesamt 9,2 Millionen Passagiere, die 2017 zwischen Mallorca und Städten in Deutschland reisten, hatte bei der Airberlin Group gebucht. Es waren bis zu 400 wöchentliche Flüge im Sommer und rund 290 im Winter - bis die Tochtergesellschaft Niki am Mittwoch vergangener Woche (13.12.) Insolvenz anmeldete, vier Monate nach Air Berlin. Mit einem Schlag sind sämtliche Niki-Flüge gecancelt, die Servicehotline außer Betrieb, Mitarbeiter im Ungewissen. Die Niki-Pleite trifft Urlauber, die plötzlich ohne Rückflug auf der Insel dastehen, genauso wie ausländische Mallorca-Residenten, die Heimatbesuche über Weihnachten mit Niki gebucht hatten. Sie alle vereint eine Frage: Und jetzt?

Rückholaktion & Geld zurück

Schon am Donnerstagmorgen (14.12.) versuchten andere Airlines, Antworten zu liefern. Allen voran Tui Fly und Condor proklamierten eine „Rückholaktion": Niki-Kunden können bis zum 31. Dezember spontan am Flughafenschalter vorbeischauen und kostenlos zurück nach Deutschland mitfliegen - falls Plätze frei sind.

„Das alles macht einen sehr geordneten Eindruck", meint Luftfahrtexperte Cord Schellenberg eine Woche nach der Niki-Pleite auf MZ-Anfrage. „Kein Vergleich zur Air-Berlin-Insolvenz. Bilder von Tausenden gestrandeter Reisender am Flughafen blieben uns diesmal erspart." Auch, dass Niki am Tag eins nach der Pleite in der Presse bekannt gab, dass alle Passagiere, die nach dem 15. August 2017 gebucht haben, ihr Geld für ausfallende Flüge zurückbekommen sollen, sieht Schellenberg positiv. „Man kann sich darauf verlassen, dass man das Geld zurückbekommt, es liegt auf einem Treuhandkonto", so Christoph Brützel, Professor für Flugmanagement an der IUBH Hochschule in Bad Honnef. Wie lange das dauert, sei eine andere Frage.

Rabatte und Zusatzflüge

Wer auf Nummer sicher gehen und sich nicht auf spontane Restplätze verlassen will, muss einen Alternativflug buchen. Und zwar ganz normal bei den anderen ­Airlines. Condor, Tui Fly und die Lufthansa-Gruppe (Germanwings, Eurowings, Swiss und Austrian Airlines) versprechen für Niki-Kunden 50 Prozent Rabatt für den Flug von Mallorca nach Deutschland, Österreich oder in die Schweiz. Dieser kann nachträglich angefordert ­werden, indem Kunden bis 31. Januar die Buchungsbestätigung von Niki einreichen.

Was verlockend klingt, hat seine Schattenseiten: Gerade um die Weihnachtsfeiertage sind Flüge mehr als rar, schon vor der Niki-Pleite war die Auswahl gering. Wer am Donnerstag (14.12.) im Internet nach Weihnachtsflügen suchte, fand kaum etwas. Flüge in zahlreiche deutsche Großstädte waren bereits ausverkauft - oder nur zu horrenden Preisen zu haben.

Diese Erfahrung machte auch MZ-Leser Wolfgang S.: „Der Flug von Palma nach Frankfurt mit Tui Fly am 22. Dezember wurde kurzfristig von 64,99 auf 324,99 Euro angehoben", berichtet er. Zwar haben Condor und Tui Fly seit Samstag (16.12.) neue Flüge in den Verkauf gestellt. Die Preise schossen aber auch hier innerhalb weniger Stunden in die Höhe.

„Da ist die Rabattaktion natürlich Augenwischerei", so Hochschulprofessor Brützel. Er fügt hinzu: „Für die anderen Flug­gesellschaften ist die Niki-Pleite das beste Weihnachtsgeschenk, gerade zu diesem Zeitpunkt kurz vor den Feiertagen, wo viele ihre Reisen fest geplant hatten, und die Anbieter auch personelle wie maschinelle Kapazitäten haben, um einzuspringen." Denn im Winter seien gerade die Ferienfluggesellschaften nicht ausgelastet: Es stünden Flugzeuge zur Verfügung, und auch die ­Mitarbeiterplanung sei flexibler als im Sommer. Luftfahrt­experte Schellenberg stimmt dem zu, sein Urteil über die Vergünstigungen fällt aber gnädiger aus. „Es ist nicht selbstverständlich, dass man überhaupt Ermäßigungen erhält. Als Reisender sollte man da dankbar sein, anstatt sich zu ärgern."

Buchung per Reiseveranstalter

Wer seinen Flug nicht direkt bei Niki, sondern über ein Reisebüro gebucht hat, muss sich über Geld keine Sorgen machen: Der Reiseveranstalter kümmert sich automatisch darum, alternative Flüge zu finden, und übernimmt auch alle anfallenden Zusatzkosten. Allein Tui muss wegen der Niki-Pleite 20 Millionen Euro aufbringen. Vor Flugzeitenänderungen sind die Kunden der Reiseveranstalter allerdings nicht gefeit. Auch kann es passieren, dass sich die Abflugorte ändern. Ein MZ-Leser beispielsweise wollte eigentlich am 23. Dezember von Hamburg nach Palma fliegen, stattdessen startet der Flug von Düsseldorf. Die Zugtickets zum Flughafen müsse er nicht selbst bezahlen, sagt er, „aber die verlorene Zeit gibt mir niemand zurück".

Hoffen auf den Notverkauf?

Seitdem die Niki-Pleite bekannt ist, hat Insolvenzverwalter Lucas Flöther Verhandlungen mit möglichen Interessenten aufgenommen, um einen Notverkauf („Fire Sale") anzuleiern. Wer allerdings darauf spekuliert, dass sein Niki-Flug unverhofft doch noch wie geplant stattfinden könnte, dem machen die Experten wenig Hoffnung. „Ich glaube nicht, dass ein Notverkauf zustande kommt", so Brützel. „Die Airlines können die Slots auch erlangen, ohne Niki zu kaufen." Ähnlich sieht das Experte Schellenberg: „Selbst wenn der Notverkauf stattfindet, ist es unwahrscheinlich, dass die Flüge wie geplant starten. Dafür steckt zu viel organisatorischer Ad-hoc-­Aufwand dahinter."

Und der Sommerflugplan?

Kann die Pleite von Niki und Air Berlin langfristig ein Loch in den Flugplan Deutschland-Mallorca reißen? „Nein", sind sich die Experten einig. „Es wird sehr schnell gehen, dass andere Fluggesellschaften auch langfristig die Lücken füllen", ist sich Schellenberg sicher. Germania, Easyjet, Condor oder Ryanair stehen bereit. Und bei Eurowings greift nach dem zurückgezogenen Kaufangebot für Niki Plan B: Die Lufthansa-Tochter buhlt massiv um Crews: Ehemaligen Air-Berlin-Mitarbeitern wird ein verkürztes Einstellungsverfahren angeboten, bei dem die Flugerfahrung auch für die tarifliche Eingruppierung berücksichtigt werden soll.

„Das wird ein Hauen und Stechen", so auch Brützel. Die Sorge von Reisenden, die beispielsweise für die kommende Sommersaison mit Niki gebucht haben, nun keine Alternative zu finden, sei unbegründet. „Mallorca ist gefragt.

Beispielsweise auf der Route Düsseldorf-Palma liegen die Kapazitäten im Juli 2018 ohnehin um 50 Prozent höher als noch in diesem Jahr. Selbst wenn die koordinierten Niki-Flüge ersatzlos wegfallen sollten, werden also mehr Plätze zur Verfügung stehen als bisher."