Die Zeiten des Mallorca-Shuttle waren nach dem Aus von Air Berlin und Niki erst enmal vorbei, die Preise für Verbindungen zwischen Palma de Mallorca und Deutschland zogen deutlich an. Nun zeigt sich, dass das nur ein kurzes Intermezzo war. Diesen Sommer wird es billig wie nie sein, von Deutschland nach Mallorca oder auch andersherum zu fliegen. Die MZ suchte einige Strecken stellvertretend heraus. So zahlt man beispielsweise bei Ryanair für einen Flug - ohne Koffer und sonstige Extras - am 19. Juli von Baden-Baden nach Palma 24,99 Euro. Für den Rückflug am 30. Juli werden 37,63 Euro fällig - zur Zeit der Flugsuche am Donnerstagnachmittag (17.5.).

Weitere Schnäppchen gefällig? Kein Problem: Nehmen wir Berlin. Für die gleichen Tage kostet der Hinflug von Palma nach Tegel mit Easyjet um 9.20 Uhr tatsächlich nur 12,27 Euro. Für den Rückflug am 30. Juli muss man gerade mal 21,67 Euro berappen. Umgekehrt von Berlin aus ist es nicht ganz so billig, aber der Hinflug am 19. Juli schlägt mit 30,76 Euro zu Buche. Zurück am 31. Juli nach Berlin zahlt man 34,49 Euro. Ebenso günstig und dazu mit einer riesigen Auswahl ist gesegnet, wer nach Düsseldorf fliegt. Allein mit Ryanair kann man an den Beispieltagen aus einer Handvoll Verbindungen für 58 Euro hin und zurück auswählen. Nach Nürnberg ist man für Hin- und Rückflug mit Ryanair an den beiden Tagen für knapp 54 Euro dabei.

„Das ist irre, was da momentan passiert", sagt der Professor für Aviation Management, Christoph Brützel, zur MZ. Er hat, wie er am Telefon erzählt, eine Excel-Tabelle geöffnet, um zu überschlagen, wie viele Verbindungen es etwa zwischen Düsseldorf und Palma in den Sommermonaten gibt. „Von jetzt bis zum Ende des Sommers sind es durchschnittlich täglich über 16 Flüge." Ein anderes Beispiel ist die deutsche Hauptstadt: „Allein von Berlin aus bietet Easyjet in diesem Sommer 72 wöchentliche Verbindungen nach Palma an", sagt Álvaro Middelmann, unabhängiger Flug- und Tourismus-Berater auf Mallorca.

Auf ganz Deutschland gesehen stehen in den neun Wochen vom 1. Juli bis 1. September 1,43 Millionen Sitzplätze zur Verfügung - 159.416 pro Woche oder 22.774 pro Tag. Der Platzhirsch Eurowings hat davon allein 480.102 Sitzplätze in der betreffenden Zeit - ein Marktanteil von rund 33 Prozent. Insgesamt ist Eurowings mit einem Marktanteil von 36 Prozent auf den Mallorca-Verbindungen von Deutschland aus unterwegs.

Brützel hat noch andere interessante Zahlen. Vor einigen Wochen rechnete der Luftfahrtexperte aus, wie teuer ein Flug zwischen Deutschland und Mallorca die Airline zu stehen kommt. Sein Ergebnis: „Alles, was unter 84 Euro pro Strecke liegt, da zahlt das Unternehmen drauf." Wirtschaftlich ist es also nicht, was da zwischen Deutschland und der Insel abläuft, auf der anderen Seite sei es kein Wunder, dass die Preise derart niedrig liegen, so Brützel. „Der Hauptgrund ist vor allem darin zu suchen, dass sich Eurowings nach der Pleite von Air Berlin und Niki massenhaft Slots gesichert hat, weil das Unternehmen dachte, dass es die Flugzeuge von Air Berlin und Niki übernehmen wird."

Doch wie allseits bekannt, kam es anders: Die EU-Wettbewerbskommission untersagte die Übernahme von Niki durch die Billig-Gesellschaft der Lufthansa, Niki Lauda bekam am Ende den Zuschlag für seine eigene Linie. Das Problem dabei: Eurowings hatte bereits bis Ende September die voraussichtlichen Slots für Palma anmelden müssen. Da standen sie nun, die Verantwortlichen von Eurowings, mit Unmengen von Slots, allerdings ohne Flugzeuge. Die Maschinen konnte die Airline durch Leasing von Ryanair beschaffen, doch die Slots mussten nun mal geflogen werden. „Und weil auch alle anderen Airlines nicht schrumpfen, sondern wachsen wollen, haben wir in diesem Jahr vor allem für Mallorca und die Kanaren außerordentlich große Kapazitäten", sagt Brützel. „Das sind definitiv Überkapazitäten", sagt Middelmann, der den Playern „reine Spekulation" vorwirft, „kombiniert mit der Absicht der Marktverdrängung".

Bei Eurowings ist man durchaus stolz darauf, so etwas wie der neue Mallorca-Shuttle zu sein. Das wurde Ende April deutlich, als Pressesprecher Matthias Burkard in Palma der MZ sagte: „Wir würden hier gerne die Air Berlin-Nachfolge antreten." Investiert hat die Lufthansa-Tochter eifrig. Eine eigene Basis in Palma, 166 Mitarbeiter, Tendenz steil nach oben. „Mallorca ist unsere Speerspitze, was die Expansion angeht", sagte Burkard. Natürlich spielt hier auch die weiterhin kritische Lage in der Türkei und Nordafrika hinein, weshalb die Fluggesellschaften eben doch auf die sicheren Ziele setzen. Und so lange sich an der politischen Großwetterlage nichts ändert, dürfte der Run auf die Mallorca-Verbindungen weitergehen.

Doch wie wird diese Rallye enden? „Das einzige, was den enormen Überkapazitäten entgegenwirken könnte, wäre ein Konkurs von einer oder mehreren Fluglinien", glaubt Brützel. Dann könnte sich der Markt wieder regulieren. Obwohl man ja bei der Pleite von Air Berlin und Niki gesehen habe, dass der Markt nicht unbedingt rational reagiere. Middelmann sagt zwar von sich, er sei was die Branche angehe, ein skeptischer Optimist, aber auch er will nicht ausschließen, dass die ein oder andere Airline in wirtschaftliche Turbulenzen geraten könnte. „Wir haben eine perfide Kombination aus niedrigen Ticketpreisen und gleichzeitig einem hohen Ölpreis, der auch noch weiter steigen dürfte."

Die Experten sind sich einig: Kommt es nicht zum großen Knall, dürften in nächster Zeit die Preise für Verbindungen zwischen Mallorca und Deutschland günstig bleiben. Wenngleich die Flüge zurzeit noch teuer sind. Wer beispielsweise für die Pfingsttage einen Kurztrip zu Hause geplant hatte, dem standen angesichts der Preise die Haare zu Berge. Richtig billig wird es erst ab Juni - pünktlich zu Ferienbeginn.