Fast jeder, der dieser Tage zwischen Mallorca und Deutschland im Flugzeug unterwegs ist, hat seine eigene Geschichte zu erzählen. Verspätungen, Umbuchungen und Flugausfälle sind 2018 Teil des Mallorca-Sommers. Einen erheblichen Anteil an den Unbilden haben die Billig-Airlines Ryanair, Laudamotion und Vueling. Die Statistik der Internetseite flightright.com spricht für Son Sant Joan eine klare Sprache: Allein im Juni und Juli fielen 383 Flüge ganz aus. Das sind neunmal so viele wie im Vorjahreszeitraum.

An der Spitze der Stornierungen stand sowohl im Juni als auch im Juli Ryanair. Zumindest ein Grund dafür liegt auf der Hand: Die Piloten und das Kabinenpersonal der Fluggesellschaft haben bereits dreimal zum Streik aufgerufen, zuletzt am Freitag (10.8.). In Deutschland, Holland, Belgien, Schweden und Irland gingen die Piloten in einen 24-stündigen Ausstand. 396 Ryanair-Flieger mussten daraufhin in ganz Europa auf dem Boden bleiben, allein 250 davon mit Start oder Ziel in Deutschland. Der Flughafen in Palma war mit 24 Ausfällen von dem Streik betroffen.

Janis Georg Schmitt, Sprecher der Vereinigung Cockpit, spricht von einem erfolgreichen Streiktag. „Selbst die Rückmeldungen der Passagiere waren zum Teil positiv. Der Tenor war: Wenn jemand das Recht hat zu streiken, dann die Mitarbeiter von Ryanair."

Das irische Unternehmen sieht das allerdings offenbar anders. Laut Schmitt sind derzeit keine Verhandlungen über den von den deutschen Piloten geforderten Manteltarifvertrag geplant. „Ob es neue Streiks gibt, liegt ganz bei Ryanair selbst, zumindest für die kommende Woche halte ich es aber für unwahrscheinlich", so der Sprecher. Sollte die Unternehmenszentrale sich weiter auf stur stellen, werde es auf jeden Fall neue Ausstände der deutschen Piloten geben - aller Wahrscheinlichkeit nach auch mit Auswirkungen auf Mallorca-Flüge. „Viele Mitarbeiter haben jetzt erstmals gesehen, dass auch ein Arbeitskampf bei Ryanair möglich ist", sagt Schmitt, der nachschiebt, dass man an einem Kompromiss mit Ryanair interessiert sei. Konkret gehe es den Ryanair-Piloten gar nicht mal um mehr Geld, so der Gewerkschafter. „Es geht um den Umgang mit den Mitarbeitern und darum, endlich einen Tarifvertrag zu bekommen."

Die spanischen Piloten waren im Unterschied zu den deutschen Kollegen nicht in den Ausstand gegangen. Eine Sprecherin der Piloten-Vereinigung Sepla in Madrid erklärt der MZ, dass man zwar die Streiks unterstütze, sich aber für einen gerichtlichen Weg in der Auseinandersetzung mit Ryanair entschieden habe. Ende Juli reichte Sepla eine Klage beim Spanischen Gerichtshof in Madrid ein. Sepla fordert, dass die Piloten, die in Spanien stationiert sind, spanische Arbeitsverträge bekommen. Ryanair hat die direkt beim Unternehmen angestellten Mitarbeiter nach irischem Arbeitsrecht unter Vertrag genommen. „So lange wir keine gerichtliche Entscheidung in dieser Frage haben, können wir nicht an den Streiks teilnehmen", erklärt die Sprecherin. Dass es in diesem Jahr noch etwas wird mit einem Urteil, glaubt sie nicht.

Und auch bei den Flugbegleitern rumort es weiter. Nach zwei Streiktagen Ende Juli treffen sich die Vertreter mehrerer Gewerkschaften am 7. September in Rom, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Weitere Ausstände sind auch hier zu erwarten. Für Ärger sorgte bei den Gewerkschaftern eine Mitteilung von Ryanair an seine Aktionäre, nach der es finanziell derzeit günstiger sei, die Streiks hinzunehmen als auf die Forderungen der Streikenden einzugehen. „Wenn das die Politik des Unternehmens ist, dann müssen wir das so verstehen, dass wir auf das ständige Hin und Her in den Verhandlungen nur mit regelmäßigen Streiks antworten können", erklärte der Sprecher der spanischen Gewerkschaft Unión Sindical Obrera, Ernesto Iglesias.