Ach, diese Elektroroller! Kaum ein Thema hat die Städter von Palma in den vergangenen Monaten so erregt wie die kleinen Flitzer. Kritiker schimpfen über die Roller, die angeblich mit ihrer Geschwindigkeit eine Gefahr für Fußgänger darstellen oder wahllos auf Gehwegen geparkt werden und den öffentlichen Raum verstopfen. Bei der Debatte werden dann gern mal die Zehntausenden von Autos vergessen, die jeden Tag Palma heimsuchen. Trotz aller Kritik: Die Fahrzeuge finden viele Anhänger. Nahezu täglich scheint es mehr private Nutzer zu geben.

Inzwischen entdecken auch kommerzielle Anbieter das Potenzial der Roller, in Palma etwa sind es zwei deutsche Unternehmen, die insgesamt 75 Roller in der Altstadt aufgestellt haben. Seit etwa zwei Monaten gibt es ein stationsloses Sharing-System mit dem Namen Wind. Mit Wind konkurriert seit Anfang des Jahres das Unternehmen Tier. Dem aufmerksamen Stadtbesucher dürften die türkis-schwarzen Roller von Wind und die grünen von Tier in der Altstadt von Palma bereits aufgefallen sein. Zunächst entfernte die Ortspolizei die Gefährte sogleich wieder, seit ein paar Wochen verzichtet man nun darauf - außer sie stehen mitten im Weg. Dabei haben die beiden Anbieter in Palma keine Lizenz.

„Das Thema ist ein wenig heikel, weil die Stadt von uns eine Lizenz verlangt, für die es aber bislang überhaupt keinen behördlichen Weg gibt", erklärt der für Spanien zuständige Sprecher von Wind, Gerard Sellares, der MZ. Eine Sprecherin der Stadt Palma bestätigt das und sagt: „Es ist ein neuartiges Fortbewegungssystem, für das es bisher keine Lizenzierungsmöglichkeit gibt." Derzeit werde allerdings geprüft, wie man das Sharing-System in Palma erlauben könne. Denn prinzipiell passt das Mobilitätskonzept dahinter ja zur Philosophie der Stadtverwaltung, den Individualverkehr vom Auto wegzubekommen sowie Abgase und Lärm in der Stadt zu verringern.

Darauf hofft Sellares genauso wie die deutsche Wind-Firmenchefin Julia Boss, die das Unternehmen gemeinsam mit dem Start-up-erprobten Eric Wang vor eineinhalb Jahren in Deutschland aufgezogen hat. „Angefangen hat alles mit Leihrädern in der Umgebung von Frankfurt", erzählt Boss der MZ. Fünf internetaffine Fahrradfans taten sich damals zusammen, um neue Mobilitätskonzepte für Großstädte zu entwickeln. Daraus entstand zunächst die Marke Byke. Frankfurt ist derzeit der einzige deutsche Standort mit den Leihrädern, die im Stadtbild eine durchaus prominente Rolle einnehmen. In so manchem Stadtteil steht alle paar Meter ein Byke-Rad auf dem Gehweg, häufig etwas unglücklich geparkt. „Da bemühen wir uns um mehr Aufklärung bei den Nutzern, genauso wie bei den Rollern. Das dauert eben seine Zeit, bis die Leute verinnerlicht haben, wo sie parken können und wo besser nicht", sagt Boss.

In Spanien und anderen europäischen Ländern wie etwa Frankreich, Portugal oder Israel ist das Unternehmen lediglich mit den Elektrorollern der Marke Wind unterwegs. In Deutschland sind Elektroroller bislang gar nicht zugelassen. Doch noch im Frühjahr rechnet Boss damit, dass sich das ändert. „Es dürfte eine Genehmigung mit Auflagen werden."

In Spanien will die Verkehrsbehörde in Kürze eine Verordnung vorlegen, wie sich die Nutzer von Elektrorollern zu verhalten haben. Bis das passiert, ist jede Stadt für die Genehmigung oder das Verbot der Fahrzeuge zuständig. Barcelona hat sich Ende Dezember klar positioniert und erlaubt Elektroroller nur für touristische Rundfahrten mit Fremdenführer. Das Sharing-Konzept von Wind oder Tier hat da keinen Platz. In Madrid wurden die Gefährte nach kurzer Zeit verboten, sollen aber im Frühjahr dank einer Änderung der städtischen Richtlinien wieder zugelassen werden. Tier ist hier genauso wie in der Vorstadt Alcobendas sowie in Zaragoza und Málaga vertreten, wie der für die Expansion des deutschen Unternehmens zuständige Philipp Haas der MZ erklärt. „Wir befinden uns mit allen Städten in Gesprächen und stellen nicht einfach überfallartig unsere Fahrzeuge auf", sagt Haas. Genauso verfährt Wind laut Sprecher Sellares.

Und in Palma? Hier wartet man derweil auf die Ergebnisse einer juristischen Studie, die das Rathaus in Auftrag gegeben hat. „Dieses Dokument wird die Auflagen klären, unter denen das Geschäft möglich sein wird", sagt die Sprecherin der Stadt. Unabhängig von der Lizenzfrage gibt es für die Nutzer aber laut Sellares auch jetzt schon Regeln. So werden die Roller laut gültiger Gesetzgebung in Palma wie Fahrräder eingestuft und dürfen lediglich auf Radwegen unterwegs sein.