Wenn Jordi Gené den Cupra e-Racer ganz bedächtig rückwärts aus der Garage steuert, brummt der Elektroantrieb unheimlich. Geht Gené dann auf die Strecke und holt alles aus dem Auto raus, stößt der zu 100 Prozent elektrisch angetriebene Rennwagen ein fast albern klingendes, fiependes Geräusch aus. Wirkliches Motorsportgefühl kommt da, zumindest was den Klang angeht, nicht auf. Diese kleine Enttäuschung zu Beginn bleibt aber die einzige, so viel sei vorweggenommen.

Die MZ durfte am Mittwoch (3.4.) das bisher einzige Modell des e-Racer der noch jungen Marke Cupra (siehe Kasten) auf dem Circuit Mallorca nahe Llucmajor testen. Nicht auf dem Fahrersitz - dort darf derzeit nur der Katalane Gené Platz nehmen. Der 49-jährige ­Pilot, der in seiner Karriere bis auf Formel 1 nahezu jede Rennserie gefahren ist, hat den Elektro-Rennwagen von Beginn an mitentwickelt. Rund 20.000 Arbeitsstunden stecken in dem Wagen, der das Design eines tiefergelegten Seat León mit Spoiler hat. Zwar ist die Reichweite des Wagens mit rund 50 Kilometern nicht alltagstauglich, dafür lädt die Batterie in weniger als einer Stunde vollständig auf.

Bevor es auf die Strecke geht, schlüpft Gené in seinen Rennanzug. Wir dürfen auch nicht ohne mitfahren. Der Helm ist natürlich Pflicht. Jordi Gené wartet schon auf dem Fahrersitz, aber das Einsteigen ist selbst durch die Tür gar nicht so einfach, der Raum rund um den Beifahrersitz doch sehr begrenzt. Der Helm bleibt ständig an den Metal-Verstrebungen hängen, die sich durch den Rennwagen ziehen und ihm zusätzliche Stabilität geben sollen. Die Sitzschale ist hart und unbequem. Ein Techniker schnallt Gurte über Beine und Brust. Einzig Arme und Beine lassen sich noch bewegen. Die Ausstattung des Rennautos ist, so muss es sein, spartanisch. Im Rennen kann jedes Kilo zu viel den Sieg kosten, schließlich bringt der e-Racer bereits leer 1.575 Kilogramm auf die Waage - für ein Rennauto ziemlich viel. Allein die Batterie wiegt 450 Kilo. Weil sie sich während der Fahrt erhitzt, muss sie nach dem Rennen mit Trockeneis gekühlt werden. Dann tritt aus dem Schlitz in der Motorhaube Dampf aus.

Ab auf die Rennstrecke

Wir sitzen fast auf Straßenniveau, Jordi Gené drückt aufs Gaspedal. Das Gefühl kennt man aus der Achterbahn, wenn die Wagen nach dem steilen Anstieg erst langsam und dann plötzlich rasant den ersten Abhang hinunterrauschen. Die Beschleunigung verschafft einem einen regelrechten Adrenalinschub. Der Spaß kann beginnen. Der Wagen liegt wie ein Brett auf der Straße. Gené steuert gekonnt durch die erste Kurve, beschleunigt heftig auf den Geraden und bremst abrupt vor den Kurven wieder ab. Trotz der Gurte schüttelt es uns ordentlich durch, wir stoßen mehrfach mit dem Helm am Dach an.

Als wir uns zum ersten Mal wieder nach gut zwei Kilometern dem Start nähern, wird klar, dass die erste Runde so etwas wie ein Aufwärmen war. Jordi Gené geht jetzt voll in die Eisen. Und das heißt beim e-Racer: in 3,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h und in 8 Sekunden von 0 auf 200 km/h. Das Drehmoment von 960 Nm und die in der Spitze abrufbaren 680 PS tun ihr Übriges. Beeindruckend, was inzwischen in der Stromer-Szene schon alles möglich ist. Das Auto hebt in manchen ­Kurven kurz vom Boden ab, wir fliegen mit bis zu 270 km/h über den Asphalt. Kurzzeitig kommt das Gefühl auf, der Pilot hat den Wagen nicht mehr unter Kontrolle, zumindest bremst er so knapp vor den Kurven ab, dass einem angst und bange werden kann. Aber das Auto gehorcht und nimmt die Kurve ohne Probleme. Viel zu schnell ist dann die Fahrt vorbei. Eine Runde im e-Racer macht wirklich einen Höllenspaß.

Übrigens auch dem Piloten, der seit 2003 immer wieder als Rennfahrer für die CupraTochterfirma Seat arbeitet und dem das Projekt des Cupra e-Racer angetragen wurde. „Am Anfang war es für mich sehr merkwürdig, ein Rennauto mit Elektroantrieb zu fahren", sagt Gené. Aber er sei auf den Geschmack ­gekommen. In enger Abstimmung mit den Ingenieuren brachte er immer wieder sein Wissen in die Entwicklung des Autos mit ein. Jetzt hofft er auf einen baldigen Start bei einem Rennen. Bei Cupra geht man davon aus, dass der e-Racer im kommenden Jahr bei einer eigenen Elektro-Rennserie an den Start gehen kann. „Ich hoffe natürlich, dass ich dann auch der Fahrer sein werde", fügt Gené an.

Wie schnell man sich an die Geschwindigkeit auf der Rennstrecke gewöhnt, merkt man dann auf der mallorquinischen Autobahn. Die 120 km/h kommen einem jetzt wie ­Schneckentempo vor, die notorischen Linksfahrer mit 100 nimmt man viel stärker als sonst als Bremsklötze wahr. Aber Rennen gefahren wird ja auch woanders.