Viele Insel-Residenten hatten am 2. Mai, als die Erwachsenen erstmals wieder an die frische Luft durften, nur ein Ziel im Sinn: das Meer. Dort angekommen, gab es einen kleinen mentalen Rückschlag. Spazieren gehen am Strand ist zwar erlaubt, baden aber noch nicht. Wann das Planschen in den Wellen wieder genehmigt wird, ist nicht sicher. Offiziell sind Strandbesuche mit Sonnen und Baden ab Stufe drei des Corona-Exits geplant, die frühestens am 8. Juni starten soll. Hoffnung macht nun ein Leitfaden des spanischen Wissenschafts-rates CSIC, der das Gesundheitsrisiko beim Strandaufenthalt als normal einstuft.

Die Studie hatte das spanische Tourismusministerium gemeinsam mit dem Instituto para la Calidad Turística Española (ICTE) in Auftrag gegeben. „Bei Treffen mit Vertretern der Tourismusbranche war eine der größten Sorgen die Wiedereröffnung der Strände", schrieb ICTE vergangene Woche in einer Pressemitteilung. „Es gibt zudem keine Studie darüber, wie sich das Coronavirus im Kontakt mit Wasser oder Sand verhält."

Wie beim Einkaufen

Eine solche soll und kann auch nicht das 17-seitige Schreiben des CSIC darstellen, das am Donnerstag (7.5.) veröffentlicht wurde. „Wir haben keine Experimente durchgeführt", sagt der Mallorquiner Joan Grimalt, der Teil des sechsköpfigen Teams war. Die Studie könne keine Regeln für die Strandnutzung liefern. Dafür bräuchte es die entsprechende Zeit für die Planung, Entnahme von Proben und Analyse der Daten. Auf Basis der bisherigen Forschungsliteratur kommt der CSIC aber zu dem Schluss, dass „die höchste Ansteckungsgefahr am Strand, Flüssen, Seen oder Schwimmbädern durch Husten und Niesen anderer Personen gegeben ist." Demzufolge gelten die gleichen hygienischen Schutzmaßnahmen wie beispielsweise beim Einkaufen.

Eine Ansteckungsgefahr über das Wasser oder den Sand am Strand sei so gut wie auszuschließen. „Das Natriumchlorid zerstört das Virus. Daher kann es kaum bis gar nicht im Meer überleben. Man kann sich nicht anstecken, wenn man Meerwasser in den Mund bekommt oder trinkt", sagt Grimalt. Auch im Sand sei der Salzgehalt hoch genug. Dazu kommt die UV-Strahlung der Sonne und die Hitze, die dem Virus zusetzen.

Keimschleuder Abwasser

Eine geringe Gefahr der Ansteckung besteht an den Strandabschnitten, wo Abwasser ins Meer geleitet werden. „In Fäkalien gibt es einen Virusanteil, der das Abwasser infizieren könnte. Das wurde bislang aber noch nicht bewiesen", sagt Grimalt, der zudem darauf verweist, dass die Virus-Partikel auch inaktiv und somit nicht ansteckend sein könnten. An Palmas Stadtstrand Can Pere Antoni, wo regelmäßig das Abwasser ins Meer gespült wird, würde der Forscher im Übrigen ohnehin nicht baden gehen. „Das hat aber nicht nur mit dem Virus zu tun."

Pools, Spas und Saunen

Auch für Schwimmbäder, Spas und Saunen schätzen die Forscher die Risiken einer Ansteckung gering ein. Immer vorausgesetzt, dass sich die Betreiber an die vorgeschriebene Menge an Chlor im Wasser (im Schwimmbad) und eine regelmäßige Desinfektion (Spas und Saunen) halten. Etwas höher sei die Ansteckungsgefahr beim Bad in Flüssen und Badeseen, die es auf Mallorca nicht gibt, sowie bei der gemeinsamen Nutzung des Badewassers in der heimischen Wanne mit einem Corona-Positiven.

Ansammlungen vermeiden

„Das Problem besteht nicht darin, dass man sich beim Baden ansteckt, sondern dass man sich am Strand selbst ansteckt", sagt Sergi Maicas, Mikrobiologe an der Universität Valencia, der Nachrichtenagentur Efe. Menschenansammlungen wie in den vergangenen Jahren dürfe es deswegen diesen Sommer nicht geben, sagt auch Joan Grimalt. Neben dem persönlichen Kontakt kann das Virus auch über den gemeinsamen Gebrauch von Strandduschen oder Sonnenliegen übertragen werden. Von einer großflächigen Desinfektion am Strand rät der CSIC aus Naturschutzgründen jedoch ab.

Erste Vorschläge

Die Frage lautet also, wie der Mindestabstand am Strand gewährleistet werden kann. Für die Vorschriften ist in erster Linie das Gesundheitsministerium, danach die Küstenwache und zuletzt die zuständige Gemeinde verantwortlich. Vorschläge gibt es einige. Eine italienische Firma präsentierte montierbare Trennwände, die auf Mallorca wohl aber wenig Anklang finden werden. Die galicische Gemeinde Sanxenxo will den Strand in je neun Quadratmeter große Abschnitte unterteilen, die durch ein Absperrband gekennzeichnet sind. In Lloret de Mar hingegen will man die Strandbesucher in Gruppen aufteilen. Senioren, Familien mit Kindern und Erwachsene sollen ein Gebiet zugeteilt bekommen.

In Palma zeigt man sich wenig interessiert an derartigen Projekten. Zuerst müsse die Zentralregierung Vorgaben liefern, heißt es bei der für die Strände zugehörigen Stelle im Rathaus. Ähnlich sieht es Bürgermeister José Hila. „Derartige Luftschlösser stürzen in der Regel ein", sagte er in der vergangenen Woche.