Wer nicht in Palma oder entlang der Zuglinie nach Manacor und Sa Pobla wohnt, ist in Sachen öffentlicher Nahverkehr auf die Überlandbusse (tib) angewiesen. Alte Fahrzeuge, lange Fahrzeiten, wenig Frequenzen - ein kompliziertes Konzessionssystem verhinderte bislang die Aufwertung des Angebots. 2018 liefen die Konzessionen aus. Mit ihrer Neuordnung setzt nun das Konsortium für den öffentlichen Nahverkehr (Consorci Transports Mallorca, CTM) die Pläne für ein neues System von Tarifen und Fahrplänen um. Geschäftsführer ist der Hol­länder Maarten van Bemmelen. Nach dem Wirtschaftsstudium in Rotterdam und einem ­Master in Urban Management in Barcelona beriet er mehr als 20 Jahre lang im Rahmen europäischer Projekte die öffentliche Verwaltung in Sachen nachhaltiger Nahverkehr, zuletzt ­Palmas Verkehrs­betriebe (EMT).

Alles startklar für die große Umstellung?

Ja, es kann losgehen. Zum Glück ist über den Jahreswechsel weniger Betrieb, eventuell müssen wir kleinere Dinge nachbessern.

Der unbekannte Faktor ist der Fahrgast?

Die Benutzer müssen sich natürlich erst an das neue System gewöhnen. Es ändert sich etwa die Nummer der Buslinie, und natürlich gibt es Änderungen beim Tarifsystem. Wir informieren die Fahrgäste bereits seit Anfang ­Dezember an den Haltestellen.

Man muss sich daran gewöhnen, die Bus­karte auch beim Aussteigen zu scannen.

Genau. Die aufgeladene Karte muss beim Einsteigen und beim Aussteigen gescannt werden. So lassen sich mehrere Fahrten mit Bus oder Zug kombinieren, die dann trotz Umsteigen als einzige Fahrt gelten. Und es wird ein Tarif in Abhängigkeit vom Profil und der Zahl der Fahrten pro Monat angewandt.

Einige Buslinien fahren aber schon jetzt nach dem neuen System, oder?

Ja, fünf Linien testen es bislang, Galilea-Palma, Bunyola-Palma, Hospital Joan March-Palma, Pòrtol-Bahnhof Marratxí und Sant Agustí-Palma. Wir erreichen bereits das Ziel, durch bargeldloses Zahlen weniger Zeit beim Einsteigen zu verlieren. Wir erproben in dieser Zeit auch die Software, eine Entwicklung des Konsortiums, sie wird immer weiter optimiert.

Das neue System sollte schon 2019 starten, warum hat es so lange gedauert?

Wir sind vor allem dadurch aufgehalten worden, dass in der Konzessionsvergabe leer ausgegangene Bewerber Widerspruch einlegten. Wir haben alle Streitfälle für uns entschieden. Und dieses Jahr hat die Corona-Krise weitere Monate Verzögerung nach sich gezogen, vor allem beim Bau der Busse. Die Fabriken standen im Frühjahr still.

Statt bislang 22 gibt es im neuen System nur noch drei große Konzessionen. Warum?

Das Verkehrskonsortium kann das Angebot jetzt am öffentlichen Interesse ausrichten. Wir haben in den Konzessionen vor allem im Sommer stark nachgefragte Linien mit solchen kombiniert, die weniger Gewinn abwerfen. Die Kompensation ist so innerhalb eines ­Konzessionsvertrages möglich. Die größeren Konzessionen machen auch den Wechsel zu Erdgas möglich. Denn dafür muss die Busflotte eine Mindestgröße haben, und man benötigt eine Infrastruktur an Erdgastankstellen.

Fahren weiterhin dieselbetriebene Busse?

Ja, einige wenige. Das sind kleine Busse oder solche, die nicht jeden Tag ins Depot zurückkehren, wo sie aufgetankt werden können. Aber auch diese Fahrzeuge sind neu. Von den insgesamt 223 Bussen fahren 18 elektrisch.

Wird das neue System kostendeckend sein?

Die öffentliche Hand hat auch in der Vergangenheit nicht rentable Konzessionen subventioniert, genauso wie die Vergünstigungen bei der Busfahrkarte für Vielfahrer oder Senioren. Auch in Zukunft muss zugezahlt werden. Die Summe steigt auf 13 Millionen Euro im Jahr.

Andererseits werden die Frequenzen und die Zahl der Linien erhöht.

Das jährliche Gesamtangebot wird im Vergleich zu 2019 zwischen 36 und 50 Prozent ausgebaut. Das heißt nicht, dass die Frequenz jedes Busses an jedem Tag um 36 Prozent steigt, im Winter ist das Angebot auch geringer als im Sommer. In einigen Gebieten wie etwa der Tramuntana wird aber der Sommerfahrplan länger gültig sein, wobei das auch von der Entwicklung der Pandemie abhängt. Bis zum Jahr 2028 wollen wir die Zahl der Fahrgäste um 28 Prozent auf elf Millionen steigern.

Abgesehen von der Verlängerung des Sommerfahrplans, wie profitieren die Urlauber sonst noch von dem neuen System?

Sie können mit Ihrer EC-Karte zahlen. Man muss das Tarifsystem nicht ganz verstehen, um zu sparen. Es reicht zu wissen, dass man mit der EC-Karte einen besseren Preis hat, als wenn man das Ticket im Bus kauft. Man kann umsteigen, bei langen Fahrten werden maximal drei Tarifzonen berechnet. Mit einer EC-Karte können bis zu fünf Personen fahren, und der Preis fällt umso niedriger aus, je ­größer die Gruppe ist. Und wer will, wird ein Ticket mit 40 Prozent Rabatt auch online kaufen können.

Können Sie schon ein Datum angeben, ab wann man diese Busfahrkarten mit QR-Code online kaufen kann?

Daran arbeiten wir derzeit noch, das wird nicht bis zum 1. Januar klappen.

Trotz schnellerer Frequenzen - die Busse ­stehen weiterhin mit dem Rest des Verkehrs im Stau. Welche Chancen sehen Sie, separate Busspuren auszuweisen?

Darauf insistieren wir gegenüber dem Inselrat, der dafür zuständig ist. Das Thema wird geprüft, und es gibt Pläne für einen Pilotversuch auf zunächst einer Strecke. Derzeit haben wir keine großen Probleme mit Staus, aber ich ­halte das Thema für sehr wichtig, um den Bus attraktiver gegenüber dem Auto zu machen.

Werden Sie am 1. Januar vor Ort verfolgen, ob alles klappt?

Wir werden hier im Kontrollzentrum in Palma sein und am Zentralbahnhof vorbeischauen. Die offizielle Einweihung ist dann für 7. Januar geplant - bis dahin soll alles rundlaufen.