Von Kirsten Lehmkuhl

Man geht durch eine hölzerne Tür hindurch, abgetretene Stufen hinunter, tiefer und immer tiefer hinab in das Reich von Miguel Crespí - dann steht man mitten im Celler Ca´n Castanyer. Gelegen im Zentrum von Sineu ist er einer der urigsten Weinkeller der Insel.

Es ist schon eine Gaststätte der besonderen Art: Hier wird nämlich ausschließlich Wein ausgeschenkt, alles andere bringt der Gast selber mit. Brot, Käse, Schinken und Oliven zum Beispiel, die man zuvor vielleicht auf dem Markt eingekauft hat. Oder man packt ein saftiges Steak oder eine Sobrassada aus und legt Fleisch oder Wurst auf den Grill im großen offenen Eck-Kamin, in dem - zumindest in den Wintermonaten - stets ein Feuer brennt. An Messern soll es nicht mangeln. Die stellt Crespí zur Not auch noch.

Man sitzt an einfachen Holztischen auf niedrigen, manchmal etwas wackligen Bänken, die mit Holzkeilen zur Ruhe gebracht werden - und rückt eng aneinander, wenn es voll wird. Mallorquiner neben Deutschen, Festland-Spanier neben Briten, immer schön zusammenrutschen, das ist mal Integration auf die andere Art. Nur an jungen Leuten fehlt´s. ýDie", sagt der Wirt und zuckt mit den Schultern, ýtrinken Alcopops, aber kaum noch Wein."

Crespí dagegen bietet Tafelwein an, vi de Taula, Rotwein und Rosé für einen Euro das Glas. Zudem gibt es einen Süßwein auf Moscatel-Basis und einen vino seco aus Mantonegro-Trauben. Der Wein kann auch mit nach Hause genommen werden, direkt abgefüllt aus dicken Fässern, zu Preisen zwischen 1,41 und 2,40 Euro pro Liter.

1,41 Euro? ýMein Vorgänger hatte schon diesen etwas eigenartigen Preis", erzählt Crespí. ýIch habe es einfach dabei belassen." Und das heißt: Hier wurde seit vier Jahren der Preis nicht erhöht, denn Crespí ist seit 2004 der Herr dieses urmallorquinischen Paradieses. Auch mal eine gute Nachricht.

Ein bißchen ist hier die Zeit ­stehengeblieben. ýAn die 100 Jahre" ist der Celler alt und wie aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Die Wände sind weiß gewitschert und speckig, die Regale krumm, an Wandtellern fehlen kleine Ecken. Die Fässer, Holzkiepen, Verkorkungsvorrichtungen, Waagen und Steinkrüge, sie alle sind museumsreif. Lediglich ein Pin-up-­Kalender mit sehr leicht bekleideten Mädchen holt uns zurück ins 21. Jahrhundert. Und die Neonröhren, die an der Decke kleben. Dem Charme tut das keinen Abbruch.

Celler Ca´n Castanyer

Calle ­Esperanza 1, Sineu.

Öffnungszeiten: Mo bis Sa 9 bis 14 Uhr.

Nicht wundern: An der Tür befindet sich kein Schild.