Sie sind das Pfund, mit dem die mallor- quinischen Winzer wuchern: die traditionellen Inselrebsorten. Denn sie sind es, die in ihren Augen ihren Weinen das besondere Etwas verleihen, den Insel-Touch, der sie vom Rest der Welt unterscheidet. Nach dem Motto: Merlot und Chardonnay gibt es überall (auch wenn er überall anders schmeckt), aber Callet, Moll, Fogoneu und Mantonegro - diese Typen gibt es nur hier! Das sind echte mallorquinische Charaktere, balearische „Urgesteine“ eben.

Das hiesige Landwirtschaftsministerium hat nun ein Plakat herausgebracht, auf dem eine Vielzahl „einheimischer“ Trauben verzeichnet sind, samt Fotos, Blattform und kleinen „Porträts“. Von Al-leluia, Batista, Boal, Escursac und Fernandella ist da die Rede, von Sinsó, Argamussa, Quigat und Massacamps.

Die Vielfalt ist beachtlich. Mal ist es Wein mit großen, prallen Trauben, dann wieder sind die Beeren klein, beinahe mickrig. Wobei letztere durchaus für Qualitätsweine gut sind.

Insgesamt sind allein zehn verschiedene Tafeltrauben aufgelistet, Trauben also, die nicht zum Keltern eines guten Tröpfchens verwendet, sondern als Obst verzehrt werden. Es folgen die verschiedenen uvas autòctonas, deren Anbau offiziell seitens des Govern zugelassen ist: Das sind neben den roten Rebsorten Callet, Fogoneu und Mantonegro die beiden weißen Moll, auch Prensal Blanc genannt, sowie Malvasía de Banyalbufar. Vor einiger Zeit bekamen darüber hinaus Gorgollassa und Giró blanc den amtlichen Segen.

Und schließlich die über 20 weiteren Traubenarten, die früher auf den Inseln angebaut wurden. Heute werden sie teilweise von einigen Winzern wieder versuchsweise in kleinen Mengen kultiviert. Manche Weinbauern bewegen sich mit solchen Experimenten am Rande der Legalität, weil keine behördliche Genehmigung vorliegt. Andererseits: Von nichts kommt nichts. Und auch das Landwirtschaftsministerium weiß, dass in diesen speziellen Rebsorten ein ungeheures Potenzial liegt. Die Weine der Balearen müssen sich schließlich in einer extremen Konkurrenzsituation auf dem Markt behaupten.

Ohnehin steht es auf einem ganz anderen Blatt, ob es gelingen wird, all diese Rebsorten zu erhalten. Zwar gibt es regelrechte Rebsorten-Sherlock-Holmes wie den Chef der Bodega Can Majoral in Algaida, Andreu Oliver, der stets auf der Suche nach ihnen ist. Doch glaubt zum Beispiel der Präsident der Denominación de Origen Binissalem, Pere Calafat i Vich, dass ein Großteil unrettbar verloren ist. Ein Grund: Obwohl seit Jahrhunderten angebaut, weiß man noch relativ wenig über sie. Oder anders gesagt: Sie sind nicht ausreichend erforscht. Und so stellen sich eine Vielzahl von Fragen: Mit welchen anderen Rebsorten gehen sie eine wirklich gute Coupage ein? Wie reagieren sie auf den Ausbau im Fass? Wie verändern sie sich durch monate- oder jahrelange Lagerung?

Zudem gestaltet sich ihr Erhalt mitunter als höchst aufwendig. Beispiel Malvasía de Banyalbufar. Wenn es in dem kleinen Ort an der Westküste Mallorcas nicht sechs unverbesserliche Idealisten gegeben hätte, würde heute aus dieser Rebsorte in dieser Form kein Weißwein auf Mallorca hergestellt werden. Denn sie galt schon als ausgestorben - bis plötzlich zehn uralte, verwahrloste, von Krankheiten befallene Rebstöcke in einem entlegenen Winkel der Serra de La Tramuntana gefunden wurden - wahrhaft resistente Naturen, die den Überfall der Reblaus Ende des 19. Jahrhunderts überstanden hatten.

Allerdings wurde die anfängliche Freude der Winzer rasch getrübt: Die Gewächse waren von einem bis dato unbekannten Virus befallen, den es zu eliminieren galt. Um es kurz zu machen: Rund 20 Jahre dauerte es von ihrer Entdeckung über das Klonen des Erbgutes bis hin zu einem erneuten Anbau. Dass sich der Aufwand dennoch lohnt, davon wiederum ist Önologe Julio Torres vom Weingut Galmés i Ribot fest überzeugt: „Im Jahr 1890 waren 120 einheimische Rebsorten registriert. Da gibt es noch jede Menge zu entdecken!“

Das Rebsorten-Poster ist kostenlos im Landesagrarministerium in Palma (C./ dels Foners, 10, 3. Stock) erhältlich. Allerdings ist es nur in katalanischer Sprache erhältlich.