Darf die Regierung in einer Pandemie eine Zwangsquarantäne anordnen und zumindest vorübergehend auch jenen die Freiheit nehmen, die negativ getestet sind? Und was, wenn die Betroffenen Minderjährige sind? Was über Monate hinweg, solange es ausländische Urlauber, irreguläre Migranten oder Obdachlose betraf, kaum infrage gestellt wurde, ist auf Mallorca jetzt zu einem hochbrisanten Politikum geworden: Viele der über 250 in dem Corona-Hotel Palma Bellver eingewiesenen Schüler vom spanischen Festland protestieren derzeit lautstark und unter großer medialer Aufmerksamkeit gegen die ihnen auferlegte bis zu zehntägige Quarantäne, die sie plakativ als "Entführung" bezeichnen. Und jetzt schaltet sich auch die Justiz ein.

Nachdem eine Untersuchungsrichterin in Palma ein erstes gegen die Quarantäne eingelegtes Rechtsmittel - ein sogenanntes habeas corpus - ablehnte, hat sich nun die Staatsanwaltschaft zu Wort gemeldet. Sie hält die Einweisung in das Hotel für rechtswidrig, weil nicht ausreichend begründet und unverhältnismäßig. Die Gesundheitsbehörde, so die Argumentation, stelle sämtliche Schüler unter den Generalverdacht der Ansteckung, ohne von Fall zu Fall darzulegen, wie es zu der Infektion gekommen sein könnte. Zudem würde die Quarantäne nur den Schülern auferlegt, nicht aber den Mitarbeitern und weiteren Gästen der Hotels in Arenal an der Playa de Palma, in denen sie untergebracht waren. Nun muss ein Verwaltungsrichter entscheiden, ob die Quarantäne aufrecht erhalten werden kann. Eine Entscheidung wird fast stündlich erwartet.

Die Schüler befanden sich auf Abifahrt auf Mallorca und feierten womöglich auf Konzerten und Partys zusammen mit anderen infizierten jungen Leuten. Mittlerweile sind spanienweit an die 1.000 Schüler nach ihrer Rückkehr von der Abschlussfahrt nach Mallorca positiv auf Covid-19 getestet worden, Tausende Erstkontakte müssen nun deswegen ebenfalls in Quarantäne. Auf Mallorca hatte die Gesundheitsbehörde 268 Schüler identifiziert, die sich noch auf der Insel befanden und die sich ebenfalls angesteckt haben könnten.

Randale im Hotel

Das könnte Sie interessieren:

Dass sich die jungen Leuten das nicht gefallen lassen wollen, wurde schon bald deutlich. An die zwei Dutzend von ihnen versuchten trotz angeordneter Isolation abzureisen und mussten am Flughafen oder im Hafen abgefangen werden. Mindestens drei verließen die Insel. Von denen, die schließlich in das Quarantäne-Hotel eingewiesen wurden, kletterten einige schon am ersten Tag über die Balkone in die Nachbarzimmer. Andere Jugendliche nahmen Videos auf oder hängten Transparente über die Brüstung, um gegen die "Entführung" zu protestieren.

Zudem wird mittlerweile offenbar regelrecht randaliert. Die Gäste eines benachbarten Hotels beschwerten sich über Krach und lautstarke Musik, von den Balkonen sollen Sachen heruntergeworfen worden sein. Angeblich hat sogar eine Bar der Umgebung die Jugendlichen mit Eimern voller Alkohol versorgt, die dann an der Fassade hochgezogen wurden. Eine Streife der Ortspolizei soll dem Treiben schließlich ein Ende bereitet haben. /ck