Albert Bosser wollte mit seiner Familie weg aus Barcelona, wo er lange Jahre zwei Restaurants betrieb. Mit zwei kleinen Kindern lebe es sich auf Mallorca nun einmal gemütlicher. Und da sich Bosser und seine Frau Jessica Bosch bei einem Urlaub in das Städtchen Sóller verliebt hatten, war der Plan schnell gefasst, hier im Orangental ein kleines Boutique-Hotel zu eröffnen. Den Kaufvertrag für ein großes Stadthaus aus dem 19. Jahrhundert unterschrieben die beiden im Februar 2020 – doch dann kam der Lockdown.

Jetzt, fast zwei Jahre später, ist das Meem Townhouse – so der Name der Unterkunft – fertig und könnte eröffnen, wenn die Gemeindeverwaltung von Sóller die Lizenz erteilen würde. „Im Februar würden wir etwas hören aus dem Rathaus, hat man uns zuletzt gesagt“, berichtet Albert Bosser, der hofft, dass er nach der Durststrecke der Pandemie zur kommenden Hauptsaison endlich Gäste empfangen kann.

„Wir haben noch nie so viele Menschen mit Koffer durch die Altstadt laufen sehen wie in den vergangenen Monaten“, sagt eine Rathaus-Mitarbeiterin.

Im Rathaus aber hat man alle Hände voll zu tun mit Anträgen auf Genehmigungen. Denn mehrere andere Investoren haben praktisch zeitgleich ähnliche Projekte begonnen, darunter auch Franzosen und Schweden. Zuletzt war aus dem Rathaus zu hören, dass momentan 13 kleine Altstadthotels auf eine Lizenz warten. Corona hin oder her – Sóller ist gefragt wie nie zuvor bei den Urlaubern. Darunter sind viele, die von hier aus bei Wanderungen die Serra de Tramuntana erkunden.

Das bestätigt eine Mitarbeiterin der Raumplanungsabteilung der Gemeinde gegenüber der MZ. „Wir haben noch nie so viele Menschen mit Koffer durch die Altstadt laufen sehen wie in den vergangenen Monaten.“ Ein regelrechter Run auf Sóller habe eingesetzt. Es herrsche großer Nachholbedarf, so die Angestellte. „Lange Zeit gab es in Sóller kaum Möglichkeiten für Urlauber unterzukommen.“ Das hat auch Albert Bosser beobachtet. „Noch vor ein paar Jahren konnte man praktisch nur in Port de Sóller ein Zimmer finden.“

Hotel im Kino geplant

Eines der neuen Projekte sieht beispielsweise ein kleines Hotel im Carrer Romaguera vor – im selben Gebäude, in dem einst das Kino Alcázar beheimatet war. Weitere kleine Hotels entstehen gerade unter anderem im Carrer sa Mar und im vor allem wegen seiner Fußgängerzone bekannten Carrer Lluna. Der zuständige Gemeinderat Jaume Bestard erklärt, dass die Hälfte der Projekte von einheimischen Investoren stamme. Die meisten der Stadthäuser gehören alteingesessenen Familien aus Sóller, denen die Immobilien zu groß sind, um selbst darin zu leben.

Dass nun ausgerechnet mehrere Investoren im Zentrum des Ortes herrschaftliche Häuser herrichten und als Hotel Interior vermarkten, bewertet Albert Bosser positiv. „Bisher ist das Niveau der Unterkünfte in Sóller recht bescheiden. Ich denke, dass wir durch das künftige höherwertige Angebot alle profitieren werden.“

Offiziell darf er das Meem Townhouse gar nicht Hotel nennen, weil es mit sieben Zimmern zu klein für die Bezeichnung ist. Frühstück soll angeboten werden, mehr nicht. Die Unterkunft soll ganzjährig geöffnet sein. „Sóller ist schließlich einer der wenigen Orte auf der Insel, wo es durchgehend Touristen gibt“, sagt Bosser – Strandurlauber, Wanderer und Radfahrer. Und noch dazu seien es sogenannte "Qualitätstouristen".