Es sollte eine Überraschung werden, und sie ist der Balearen-Regierung geglückt. Viel wurde bereits vorab über das neue Tourismusgesetz geschrieben, zahlreiche Details waren bereits Tage vor der öffentlichen Vorstellung bekannt, doch bei der Präsentation am Freitag (11.2.) enthielt das Gesetz plötzlich einen Passus, mit dem wohl so gut wie niemand gerechnet hatte: ein Moratorium für neue Gästebetten.

Vier Jahre lang werden auf den Inseln keine neuen Gästebetten mehr vergeben. Die sogenannte Bettenbörse, von der Hotels und Ferienvermieter ihre Betten erwerben können, wird eingefroren. Und damit auch ja niemand schnell noch Profit aus der Neuregelung ziehen konnte und sich ein paar Gästebetten sicherte, wählte die Regierung die Figur des Eildekrets für das Gesetz. Es trat nur wenige Stunden nach der öffentlichen Vorstellung mit der Veröffentlichung im Gesetzesblatt BOIB in Kraft.

Bislang rund 8.500 Gästebetten zur Verfügung

Was bedeutet das Moratorium nun konkret? Allein auf Mallorca stehen in der Börse derzeit rund 8.500 Betten zur Verfügung. Die Balearen-Regierung beauftragt nun den Inselrat von Mallorca – und ebenso die von Ibiza, Formentera und Menorca – damit, das erst im Jahr 2020 erstellte touristische Rahmengesetz, den sogenannten PIAT zu modifizieren.

Im PIAT soll geregelt werden, wie viele Gästebetten noch in der Börse erhalten bleiben sollen. Die einzige Vorgabe lautet: In vier Jahren müssen weniger Gästebetten in der Börse verfügbar sein als heute. Und es gibt noch eine Besonderheit: Der Inselrat darf auch entscheiden, überhaupt nicht aktiv zu werden. In diesem Fall würden alle bisher verfügbaren Gästebetten aus der Börse im Jahr 2026 wegfallen.

Welche Zahl der Inselrat auf Mallorca anstrebt oder ob er die vier Jahre verstreichen lässt und damit die 8.500 Betten wegfallen, scheint noch nicht festzustehen. Inselrats-Präsidentin Catalina Cladera ließ zwar durchblicken, dass ein Wegfall von Gästebetten zur Strategie des Inselrats passe, doch zunächst müsse die Situation analysiert werden. Erst im Juli 2020 hatte der Inselrat von Mallorca beschlossen, dass es auf der Insel maximal 430.000 Gästebetten geben darf: 315.000 in Hotels und 115.000 in Ferienwohnungen und -häusern. Damit wurde erstmals die Zahl der Gästebetten gedeckelt.

Fallen 90.000 Gästebetten weg?

Nun fühlen sich vor allem die Vertreter der Ferienvermieter auf den Balearen durch die neuen Vorgaben für die Obergrenze der Gästebetten gegängelt. Die Lobbyvertreter haben den Eindruck, dass sie für die Balearen-Regierung ein einfacheres Opfer sind als die großen Hotelketten und deshalb überproportional viele Gästebetten abgeben müssen.

Der Branchenverband Habtur befürchtet, dass in den kommenden Jahren bis zu 90.000 der derzeit 115.000 theoretisch verfügbaren touristischen Gästebetten in der Ferienvermietung wegfallen könnten. Habtur-Geschäftsführerin und Sprecherin Maria Gibert sagt der MZ: „Wir fordern, dass für uns und die Hoteliers dieselben Bedingungen gelten. Wir sind einverstanden damit, dass Gästebetten wegfallen, aber es kann nicht sein, dass einen Großteil dieser Reduzierung die Ferienvermietung stemmen muss, die im Vergleich zu den Hotels nur ein Drittel der Betten stellt.“

Tauschen und Verkaufen verboten

Der Teufel steckt hier im Detail: Neben dem Moratorium für neue Gästebetten dürfen in der Ferienvermietung auch Betten, die bereits existieren, nicht untereinander getauscht oder verkauft werden. Bei den Hotels dagegen ist eine Weitergabe von Gästebetten untereinander möglich. Das Problem in der Ferienvermietung ist, so Gibert, dass die Fluktuation hier ungleich höher ist als bei den Hotels.

„Viele Eigentümer von Wohnungen oder Häusern wollen nur ein paar Jahre lang vermieten, weil sie vielleicht zusätzliches Geld für das Studium ihrer Kinder benötigen, und dann die Vermietung wieder einstellen“, sagt Gibert. Es gebe viele weitere Gründe, warum Vermieter nur für eine gewisse Zeit ihre Häuser oder Wohnungen auf den Markt geben wollen. „Und in dem Moment, in dem die Vermietung dann beendet und das Objekt nicht mehr vermarktet wird, verschwinden die Gästebetten aus der Börse“, erklärt Gibert. Und zwar auf Nimmerwiedersehen. Bei den Hotels gebe es deutlich weniger Bewegung auf dem Markt, diese seien schließlich zur langfristigen touristischen Nutzung gedacht.

28.000 Betten vor dem Verschwinden gefeit

Daher die Befürchtung von Habtur, dass im Extremfall bis zu 90.000 Gästebetten in der Ferienvermietung wegfallen könnten, sollten diese Betten innerhalb der kommenden vier Jahre wieder an die Bettenbörse zurückgehen, weil sie nicht mehr vermarktet werden. „Das wird sicher nicht von heute auf morgen passieren, aber in vier Jahren können sehr viele Unterkunftsmöglichkeiten verloren gehen“, sagt Gibert. Lediglich 28.000 Betten seien vor einem Verschwinden gefeit, weil sie vor der bis dato gültigen Version des Tourismusgesetzes von 2017 auf den Markt kamen und somit von einem Anbieter auf einen anderen übertragbar sind.

Bereits kurz nach Bekanntwerden der Einzelheiten des neuen Tourismusgesetzes hatte deshalb Habtur in einer Pressemitteilung von „einem Affront und einer Respektlosigkeit“ gegenüber den Ferienvermietern gesprochen. Die Vereinigung der Ferienhausbesitzer auf den Balearen beklagte ebenfalls, dass die Ferienvermietung benachteiligt werde. Zumal, wie Präsident Miquel Cifre in einer Pressemitteilung erklärte, von den 90.000 Gästebetten, die 2017 neu vergeben wurden, 20.000 ohnehin nicht vermarktet würden. Zahlreiche Immobilien seien entweder verkauft worden oder auf dem Markt für Langzeitmiete. Von daher gebe es in der Ferienvermietung weniger Gästebetten als theoretisch verfügbar

Tourismusminister Negueruela beschwichtigt

Die Kritik aus der Branche ließ den balearischen Tourismusminister Iago Negueruela eilig noch am Montagabend (14.2.) ein Treffen mit den Vertretern der Ferienvermieter einberufen. Der sozialistische Politiker sagte nach dem Treffen: „Keines dieser Gästebetten ist in Gefahr. Sie sind in Gefahr, wenn sie nicht vermarktet werden oder wenn sie zurückgegeben werden.“

Doch genau das sei ja der Punkt, so Gibert. Viele Betten würden eben nach einer gewissen Zeit zurückgegeben und nicht mehr vermarktet. Negueruela versprach, die genaue Situation der Ferienvermietung noch einmal zu analysieren. Das Eildekret ist zwar bereits in Kraft, wird allerdings trotzdem als Gesetzentwurf noch seinen Weg durch das Parlament machen. So können Details, die in den Verhandlungen mit den Koalitionspartnern Més und Podemos noch offengeblieben waren, festgeklopft werden.

Die Unruhe unter den Ferienvermietern auf der Insel ist indes groß. Das bekamen die Angestellten im Tourismusministerium Anfang der Woche am eigenen Leib zu spüren. Die Telefonzentrale des Ministeriums war am Dienstagvormittag mit dem Anrufaufkommen vollkommen überfordert, zahlreiche Vermieter wollten sich aus erster Hand über die zu erwartenden Änderungen durch das Tourismusgesetz informieren.

Investition nicht mehr lukrativ?

Die Deckelung der Gästebetten überraschte auch zahlreiche Immobilienkäufer auf Mallorca, die in ein Objekt auf der Insel investiert hatten, um es an Urlauber zu vermieten, viele von ihnen Ausländer. Der Plan, mit der Vermietung eine ordentliche Rendite zu erzielen, ist nun erst einmal durchkreuzt – zumindest für all diejenigen, die noch keine Ferienvermietungslizenz beantragt haben. „Wer den Plan hatte, eine Zweitresidenz zu erwerben und diese zumindest teilweise zu vermarkten, muss jetzt komplett umdenken“, sagt Natalia Bueno vom Verband der einheimischen Immobilienmakler auf den Balearen der MZ.

„Für die Einheimischen ist das eine gute Nachricht“, sagt Bueno. „Denn dadurch könnten wieder mehr Immobilien auf dem langfristigen Mietmarkt auftauchen, die sonst eher für die touristische Vermietung genutzt worden wären.“ Natalia Bueno rechnet damit, dass die neue Regel zu einem Rückgang der Nachfrage durch ausländische Kaufinteressenten führen wird.