So eine 50 Meter lange Designeryacht macht schon was her, denkt sich mancher insgeheim, wenn er durch die Häfen von Palma, Puerto Portals oder Port Adriano schlendert. In geldpolitisch unsicheren Zeiten, in denen auch die Immobilienpreise gerade im Luxussektor immer weiter steigen, scheint die Idee verlockend, in eine Yacht statt in eine Villa zu investieren – so man es sich denn leisten kann. Prachtvolle Exemplare zur Auswahl gibt es bei der am Donnerstag (28.4.) beginnenden Palma International Boat Show zuhauf.

Der Markt brummt, das bestätigen der MZ mehrere Broker und der Direktor der Palma International Boat Show, Chema Sans. „Und der Boom kam komplett überraschend“, sagt Sans. Seit Beginn der Pandemie geht das Geschäft steil nach oben. „Wir waren Anfang 2020 der Meinung, dass der Markt mit Corona zusammenbricht, aber kurz nach den ersten Lockerungen im Frühsommer setzte ein regelrechter Kaufrausch ein“, sagt Jürgen Koch, Broker bei Fraser Yachts in Palma. Weltweit stiegen die Verkäufe nach dem Lockdown sprunghaft an, allein 2021 ging es im Vergleich zum Vorjahr um rund 80 Prozent nach oben.

Effekt wie bei Wohnimmobien

„Das war ein Effekt wie bei den Wohnmobilen, alle wollten plötzlich Urlaub machen, aber möglichst nicht im Hotel. Vor einer Ansteckung in Sicherheit zu sein, das spielte eine große Rolle bei der Anschaffung einer Yacht“, sagt Koch. Auch die Gewissheit, im Falle neuer Ausgangsbeschränkungen nicht an eine Immobilie gefesselt zu sein, habe die Nachfrage nach Booten immer weiter steigen lassen. Der Boom ging durch alle Preis- und Gewichtsklassen. „Das Geld sitzt locker“, sagt Koch.

So gebe es heute eine deutlich größere Zielgruppe an Yachtkäufern als noch vor 20 Jahren, so die Broker. Internet-Millionäre und reiche Erben mischen den Markt auf und sehen eine Yacht vor allem als Statussymbol und teures Spielzeug. Auch der Boom der Kryptowährungen spüle eine ganz neue Käuferschicht auf den Markt, berichtet Brokerin Vanessa Sieben, die in Palma bei Lenger Yachts arbeitet und den deutschen und den nordeuropäischen Markt bedient. „Früher war der klassische Käufer der Sohn etwa eines großen Unternehmers, heute kann es sein, dass der Sohn das Geld hat und nicht der Vater“, sagt Sieben.

Gleich die ganz großen Schiffe

Bescheidenheit ist keine Zier mehr auf dem Meer, die Gepflogenheiten hätten sich geändert, sagen die Broker: Wer vor 20 Jahren ein Boot kaufte, begann häufig mit einem Zehn-Meter-Schiff, steigerte sich dann langsam auf 20 oder 30 Meter. „Jetzt gibt es junge Leute, die gleich mit großen Yachten starten und sie eigens anfertigen lassen“, berichtet Jürgen Koch. Extremstes Beispiel für das schwindende Schamgefühl: Gerade lässt sich Amazon-Chef Jeff Bezos eine 125 Meter lange Gigayacht für rund 500 Millionen Euro bauen – angesichts seines geschätzten Vermögens von rund 200 Milliarden Euro eher Peanuts. Die „Y721“ soll im Sommer vom Stapel laufen und ist dann die größte Segelyacht der Welt.

Einen Haken hat die große Nachfrage weltweit: Es dauert lange, bis Eigner ihre Schiffsneubauten in Empfang nehmen können, Vanessa Sieben von Lenger Yachts spricht derzeit von Lieferzeiten von bis zu zwei Jahren. Was für Käufer wie Verkäufer eine Herausforderung ist, denn „Yachtkäufe sind vor allem mit Emotionen verbunden“. Die Käufer wollen ihre Schiffe am liebsten sofort haben. „Es ist manchmal schwierig, sie bis zur Auslieferung bei der Stange zu halten“, sagt Sieben.

Ein leer gefegter Markt

Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit derzeit zwischen 800 und 900 Yachten mit einer Länge von über 25 Metern gebaut werden, etwa die Hälfte davon in Italien. Und trotzdem reicht das bei Weitem nicht. Der Markt ist leer gefegt, viele Interessenten kaufen das nächstbeste gebrauchte Schiff, um überhaupt eines abzubekommen – auch wenn ihnen die Ausstattung so gar nicht zusagt. Ein wenig Entspannung rührt lediglich daher, dass derzeit keine in Europa gebauten Yachten an Russen ausgeliefert werden dürfen. Deshalb, so erzählt Vanessa Sieben, kämen die Boote, die eigentlich von Russen in Auftrag gegeben wurden, nun auf den Markt.

Der Boom der Yachten soll in den kommenden Jahren weiter an Tempo zulegen. Prognosen von Next Move Strategy Consulting zufolge wächst der Markt linear weiter: Betrug das Marktvolumen im Jahr 2019 noch 6,6 Milliarden US-Dollar, rechnet das Consulting-Unternehmen für das Jahr 2030 mit einem Gesamtumsatz von 14,6 Milliarden Euro.

Keine gute Geldanlage

Wer nun selbst Lust verspürt, sein Geld in eine Yacht anzulegen, der sollte gewarnt sein: „Eine Yacht ist das schlechteste Investment, das man wählen kann“, sagt Jürgen Koch. Da sind zum einen die in die Höhe geschossenen Preise, vor allem bei Neubauten. Viele Werften haben große Probleme, genügend Materialien heranzuschaffen. Stahl etwa ist deutlich teurer geworden. „Auch die drastisch gestiegenen Ölpreise sind ein Problem für die Werften, weil viele Baumaterialien für Yachten Rohöl- Derivate sind“, sagt Chema Sans.

Wer dennoch kauft, auf den kommen immense Fix- und Unterhaltskosten zu. „Man muss etwa zehn Prozent des Werts der Yacht pro Jahr als Fixkosten ansetzen“, sagt Koch. Da kommt schnell mal ein Millionenbetrag zusammen – jedes Jahr. Zudem fällt gerade in Spanien eine hohe Steuerbelastung an. Wer ein Boot unter spanischer Flagge fahren lassen will, der zahlt, wenn man Luxussteuer, Mehrwertsteuer und die Spanien eigene Matrikulationssteuer zusammennimmt, knapp 40 Prozent Steuern. „Viele Eigner lassen ihre Schiffe deswegen unter anderer Flagge, etwa der von Malta, fahren“, sagt Vanessa Sieben.

Das könnte Sie interessieren:

„Wenn jemand behauptet, dass er mit einem Boot Gewinn macht, nehme ich ihm das nicht ab“, sagt die Brokerin. Der Wertverlust der Yachten halte sich zwar in Grenzen, doch selbst wenn man das Boot verchartere, könne man im Bestfall die Ausgaben wieder hereinholen. Nein, wer eine Yacht besitze, dem gehe es um ein Statussymbol, ein exklusives Spielzeug, einen Lustkauf, sagen die Branchenkenner einstimmig.