Normalerweise hat Toni Gomila (Name von der Redaktion geändert) Anfang Mai seine Personalplanung für die anstehende Saison in trockenen Tüchern. Rund 50 Mitarbeiter beschäftigt der Hoteldirektor in dem 4-Sterne-Haus an der Playa de Palma von Frühling bis Herbst. Im Hochsommer, wenn das Hotel voll ausgelastet ist, kommen rund 15 bis 20 weitere Hilfskräfte hinzu. Vor Corona konnte Gomila, der seinen echten Namen nicht in der Zeitung lesen will, auf erfahrenes Personal setzen. In diesem Jahr ist das anders. „Es war schon schwer, für die Wiedereröffnung genug Leute zu finden, die zusätzlichen Mitarbeiter für den Sommer fehlen mir noch immer.“

Gomila ist keineswegs der einzige Hotelier, der Schwierigkeiten hat, geeignete Mitarbeiter zu finden. María José Aguiló, stellvertretende Vorsitzende von Mallorcas Hotelierverband FEHM, sprach vergangene Woche gar von einem „strukturellen Problem“ im gesamten Sektor. Strukturell, und so groß, dass einige Betreiber nicht garantieren könnten, dass die Hotelgäste in den kommenden Monaten alle Dienstleistungen in Anspruch nehmen können, die eigentlich zum Service gehören.

Wohnungsnot und Abwanderung

„Klar, wenn das Personal fehlt, kann man nicht jede Bar oder jeden Bereich des Pools öffnen. Hoffentlich kommt es nicht so weit“, sagt Toni Gomila. Die MZ hat über eine der vielen Stellenausschreibungen, die der Hoteldirektor im Internet veröffentlicht hat, Kontakt mit ihm aufgenommen. „Vor allem suchen wir Rezeptionisten. Aber auch Mitarbeiter für die Öffentlichkeitsarbeit. Und für die Küche und bei der Zimmerreinigung. Eigentlich in allen Abteilungen“, berichtet er. Führungskräfte genauso wie Hilfskräfte.

Nicht, dass keine Bewerbungen eingingen. „Täglich flattern hier Lebensläufe rein. Aber man muss sehr stark filtern. In der Regel sind es Bewerber ohne Erfahrung oder Qualifikationen, und die suche ich nicht.“ Die Bewerbung für eine Rezeptionistenstelle von jemandem, der ohne Deutschkenntnisse vorsprechen möchte, lande gleich im Papierkorb. Ebenso wie die von Frauen, die als Zimmermädchen arbeiten möchten, aber nie zuvor im Reinigungssektor tätig waren. Selbst als Küchenhelfer stellte er bisher immer nur Leute ein, die gewisse Erfahrung vorweisen konnten. Wenn es hart auf hart kommt, wird er in diesem Jahr von diesem Prinzip abweichen müssen, wenn die Sommersaison Fahrt aufnimmt.

Die Gründe für den Personalmangel im Hotelgewerbe sind vielschichtig. „Diejenigen, die bei mir als Saisonkräfte fest angestellt sind, und während der Pandemie Kurzarbeitergeld erhalten haben, sind größtenteils bei uns geblieben, aber die meisten anderen konnten sich nicht so lange über Wasser halten und haben sich neu erfunden“, berichtet Toni Gomila. Viele seien in den Bausektor oder andere Branchen abgewandert, die durch Corona nicht so stark betroffen waren wie der Tourismus.

Wohnraummangel als großes Problem

Und dann ist da der Wohnraummangel. Auf Ibiza und Menorca schon seit Jahren problematisch, wirkt er sich in diesem Jahr auch auf Mallorcas Stellenmarkt aus. Viele Saisonkräfte vom spanischen Festland bleiben lieber in ihrer Heimat als am Mietmarkt der Insel zu verzweifeln. „Von mehreren Mitarbeitern und Bewerbern habe ich die klare Rückmeldung erhalten, dass es an den hohen Mieten liegt, die mittlerweile auf Mallorca üblich sind“, bestätigt der Hotelier. „Wenn sie hier 1.000 Euro für eine Wohnung zahlen müssen, aber nur 1.200 oder 1.300 verdienen, dann lohnt es sich für sie einfach nicht“, sagt Toni Gomila.

Mit den Gehältern hochgehen, könne er nicht – zumindest nicht in dem Maße, wie es nötig wäre, damit sich der Sommeraufenthalt für die Festlandspanier doch noch lohnt. „Das Mindeste, was wir als Hoteliers tun können, ist aber, den Mitarbeitern die bestmöglichen Arbeitsbedingungen zu bieten, so wenige Überstunden wie möglich, so angenehme Arbeitszeiten wie möglich, und alles ganz korrekt und legal zu gestalten“, sagt er.

Das ist nicht unbedingt die Regel im Tourismusgewerbe – und gerade dann, wenn Not am Mann ist, auch nicht immer einfach. „Natürlich mussten meine Angestellten über Ostern reinhauen, damit das ganze Pensum erledigt werden kann“, gibt Gomila zu. Er habe sich aber bemüht, dass sich die Extraarbeit für jeden Einzelnen möglichst in Grenzen hielt. Ein Punkt, der auch die Gewerkschaften auf den Balearen nach den Osterferien auf den Plan rief. In zahlreichen gastronomischen Betrieben und Hotels hätten die Angestellten den Personalmangel ausbaden müssen, so die Kritik der Gewerkschaft CCOO. Ein Anreiz für potenzielle neue Mitarbeiter dürften solche Nachrichten nicht sein.

Umdenken erforderlich

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Laut María José Aguiló vom Hoteliersverband hat sich bei vielen Arbeitnehmern auch die Einstellung gewandelt. „Die Pandemie hat vieles verändert. Zum Beispiel die Prioritäten der Menschen, die andere Arbeitszeiten anstreben und mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen wollen.“ So hätten zahlreiche Festangestellte beantragt, ihre Stunden reduzieren zu dürfen.

Davon hat Toni Gomila noch nichts bemerkt. Dass aber auch unter den Unternehmern ein Umdenken stattfinden müsse, wie Aguiló betonte, hält er für richtig. „Vielleicht müssen wir Hoteliers überlegen, wieder verstärkt die Unterkünfte für die Mitarbeiter zu stellen“, sagt er. Noch plane er dahingehend keine konkreten Schritte. Er wolle erst einmal abwarten, wie die Saison sich tatsächlich entwickele. Und weitersuchen.