Mallorca steht vor großen Herausforderungen: Der Tourismus muss umweltfreundlicher werden und mehr in der Qualität als im Volumen wachsen. Schon seit mehreren Jahren hat die Inselregierung die ersten Maßnahmen ergriffen, um den traditionellen Sonne- und Strand-Modell in einen – wie es die Tourismusstiftung bezeichnet – „nachhaltigeren, wettbewerbsfähigen, verantwortungsvolleren und qualitativ hochwertigen Tourismus“ zu verwandeln. Was ist bis jetzt geschehen?

Aktiv gegen den Klimawandel

Bereits im Juli 2016 führte die Balearen-Regierung die Tourismussteuer ein, die pro Person und pro Nacht erhoben wird. Diese Art der Kurtaxe in einer Höhe zwischen 50 Cent bis 4 Euro (auch für Kreuzschifffahrer) kommt Naturschutzprojekten zugute, um die Auswirkungen des Tourismus auszugleichen. Außerdem werden davon Forschungs- und Bildungsprojekte, der nachhaltige und saisonunabhängige Tourismus und Erhalt des kulturellen Erbes gefördert.

Olivenhaine in der Serra de Tramuntana. FMT

2019 folgten gleich drei Gesetze zur Förderung der Nachhaltigkeit: Als erstes das Abfall- und Altlastengesetz der Balearen, das unter anderem Einwegplastik verbietet, speziell dessen Verwendung in den Hotels. Es folgte das Gesetz zur Energiewende: Da Insellagen besonders anfällig für den Klimawandel sind, hat sich die Balearen-Regierung verpflichtet, bis 2035 rund 35 Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Bis 2050 soll komplett auf fossile Brennstoffe verzichtet, der Energieverbrauch um 40 Prozent und der CO2-Ausstoß bis Mitte des Jahrhunderts sogar um 90 Prozent gesenkt werden. Entsprechend wurde 2019 ein Mobilitätsmasterplan ins Leben gerufen, der bis 2026 den Autoverkehr deutlich zu reduzieren und den öffentlichen Nahverkehr aufzuwerten beabsichtigt. Tatsächlich tut sich hier schon eine Menge.

Viel Neues bei Bus und Bahn

Ein zentraler Punkt ist die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs, indem Bus- und Bahnfahren attraktiver und die Flotte selbst nachhaltiger wird. Die Überlandbusse tib unterstehen, wie auch die Züge, der Balearen-Regierung, während das Busnetz von Palma von der Stadtverwaltung betrieben wird. Bei den tib-Überlandbussen werden ab Winter 2022 rund 198 Busse mit sauberer Energie durch komprimiertes Erdgas (CNG) fahren, neun Busse sind reine E-Busse und neun weitere Hybridbusse. Hinzu kommen zwölf Überlandzüge, die mit E-Energie fahren, und sechs E-Metrozüge.

Bessere Busverbindungen gehören ebenfalls zum Konzept eines nachhaltigen Tourismus. Nele Bendgens

Neue Technologien wie ein Bremsenrückgewinnungssystem, das 10 Prozent Energie einspart, sind ebenso im Einsatz wie neue Fotovoltaik-Anlagen, die 30 Prozent des Energiebedarfs der Busse liefern. Die Fahrzeuge werden an sechs neuen CNG-Aufladestationen und die E-Busse an vier Schnelllade-Stationen aufgeladen. Unter Palmas Stadtbussen fahren bereits 100 Fahrzeuge mit Erdgas. Zwischen 2022 und 2023 sollen weitere 48 CNG-Busse, sechs Elektrobusse und fünf Wasserstoff-betriebene Fahrzeuge hinzukommen. Für diese produziert die Wasserstofffabrik in Lloseta als erste Anlage dieser Art in Südeuropa den grünen Wasserstoff.

Die Wasserstofffabrik in Lloseta. MANU MIELNIEZUK

Fahrschein online buchen, mit Karte bezahlen und Ticket zweimal nutzen

Den Nutzern des weitverzweigten tib-Überlandbusnetzes stehen bereits zahlreiche Vorteile zur Verfügung: die digitale Fahrscheinbuchung über www.tib.org (auch auf Deutsch) und die Bezahlung mit internationaler Master- oder Visakarte für bis zu fünf Personen pro Karte. Eine weitere Neuheit: Innerhalb einer Stunde kann mit demselben Fahrschein der tib-Überlandbus einmal gewechselt werden, das heißt ein Fahrschein gilt für zwei Fahrten.

Die Busse sind mit kostenlosem WLAN, USB-Anschlüssen, Platz für zwei Fahrräder und Luftfiltern ausgestattet. Auch vom Flughafen braucht man jetzt kein Taxi mehr, sondern kommt mit fünf tib-Buslinien in entferntere Ferienorte im Norden, Osten, Südwesten und ins Inselinnere, jeweils mit entsprechenden Anschlüssen des sehr gut ausgebauten Überlandbusnetzes.

Gegen den Exzess und die Überfüllung

Um den ungeliebten Party-Tourismus einzudämmen, verabschiedete die Balearen-Regierung die erste europäische Verordnung, um den Alkoholkonsum in einschlägigen mallorquinischen Touristenorten erheblich einzuschränken. So ist beispielweise eine Flatrate für Alkohol verboten und all-inclusive Angebote dürfen nicht mehr unbegrenzt Alkohol ausschenken.

Besondere Aufmerksamkeit gebührt dem Touristischen Flächennutzungsplan von 2020: Der PIAT genannte Plan „ordnet ein inselumfassendes Tourismusmodell für Mallorca an und basiert auf der touristischen Eindämmung, einer territorialen Ausgewogenheit, Landschaftsschutz und Nachhaltigkeit. Die Hauptziele des PIAT-Planes liegen darin, dass Wachstum touristischer Orte durch eine vereinbarte Obergrenze einzudämmen, um einen uneingeschränkt zunehmenden Tourismus in den entsprechenden Gegenden zu verhindern und die Identität traditioneller Ortskerne zu bewahren“, heißt es von Seiten der Tourismusstiftung.

Der Plan unterteilt dabei die gesamte Insel in touristische Zonen, Wohngegenden und ländliche Gebiete. In diesem Sinn definiert der PIAT-Plan die maximale Unterkunftskapazität für ganz Mallorca auf eine Höchstgrenze von 430.000 Betten, davon ca. 315.000 in Hotels und mit EAT gekennzeichneten touristischen Unterkünften und 115.000 in mit ETH lizensierten Ferienwohnungen und -häusern.

Dazu gehört auch der in Europa bis jetzt einzigartige Beschluss, dass pro Tag nur noch drei Kreuzfahrtschiffedarunter nur ein Megakreuzfahrtschiff (ab 5.000 Passagieren) – im Hafen von Palma anlegen dürfen.

Messung der Ziele, Kreislaufwirtschaft und neue Biomüllanlagen

Um diese Ziele besser kontrollieren zu können, trat Mallorca im Juni 2021 der Beobachtungsstelle für nachhaltigen Tourismus der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO) bei. Hier werden in 17 Kategorien, von Biodiversität und Naturschutz über Mobilität, Abfallwirtschaft, Wassermanagement bis zur Zufriedenheit von Einwohnern und Besuchern, regelmäßig Daten erhoben, die unter www.stomallorca.com öffentlich einsehbar sind. Auf diese Weise soll ein Maximum an Informationen gesammelt werden, um eine Tourismuspolitik der Zukunft zu gestalten. Somit hat die Beobachtungsstelle auch eine vorausschauende Funktion, die den richtigen Weg aufzeigt.

In Zukunft soll verstärkt auf Solartechnologie gesetzt werden. FMT

Die jüngsten Verordnungen stammen aus diesem Jahr: Der touristische Kreislaufwirtschaftsplan zielt nicht nur darauf ab, dass alle touristischen Einrichtungen, das heißt nicht nur die Hotels, sondern auch die Ferienunterkünfte, Restaurants und ähnliches ihren Wasserverbrauch und CO2-Abdruck reduzieren, Müll komplett recyceln sowie verstärkt auf lokale Produkte setzen, um Transportwege zu vermeiden.

Auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Zimmermädchen, indem alle Hotelzimmer mit höhenverstellbaren Betten ausgestattet werden müssen, ist Teil des Plans. Bei Renovierungen müssen Hotels ab nun auf fünf Prozent ihrer Bettenkapazität verzichten. Sogar die Rückverfolgbarkeit von Fisch und Meerestieren aus Balearen-Gewässern ist in dem Kreislaufplan vorgesehen.

Auf den Balearen müssen alle Hotels mit höhenverstellbaren Betten ausgestattet werden. GUILLEM BOSCH

Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Composting Plan Project Mallorca im Rahmen der „Next Generation EU Funds“: Die erste Kompostierungsanlage von Biomüll wird in Llucmajor entstehen, die 12.000 Tonnen Bioabfall pro Jahr kompostieren soll. Vier weitere Anlagen sind an verschiedenen Orten der Insel geplant. Dazu gehört auch die flächendeckende Aufstellung von Biomülltonnen.