Die hochfliegenden Pläne der spanischen Flughafenverwaltung

Ausbau, weitere Privatisierung, Air-Europa-Übernahme: Was Aena auf den Airports vorhat

Air-Europa-Flieger in Madrid.

Air-Europa-Flieger in Madrid. / MIGUEL RODRIGUEZ/Aena

Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Der Flugverkehr im Reiseland Spanien scheint die Coronapandemie vollständig überwunden zu haben. Im Januar lag das Passagieraufkommen an den spanischen Flughäfen erstmals seit Ausbruch der Pandemie wieder über den Werten von 2019. Aena, die börsennotierte Betreibergesellschaft der 46 Airports des Landes, blickte bei der Vorlage ihrer Jahresbilanz am vergangenen Dienstag (28.2.) optimistisch in die Zukunft. Im vergangenen Jahr zählte das Unternehmen insgesamt 244 Millionen Fluggäste in Spanien, was 88,5 Prozent des Rekordjahres 2019 entspricht. Aena betreibt außerdem unter anderem den Luton Airport bei London und sechs Flughäfen in Brasilien.

Für 2023 erwartet der Konzern, dass das Passagieraufkommen den Stand von 2019 erreicht. Aufgrund mehrerer globaler Unsicherheitsfaktoren wie dem Krieg in der Ukraine und der anhaltend hohen Inflation geht Aena von einer Spanne für das Reisevolumen in diesem Jahr zwischen 94 und 104 Prozent des Verkehrs vor der Pandemie aus. Das zentrale Szenario liegt bei 99 Prozent.

Das Ende der meisten Corona-Beschränkungen im Frühjahr 2022 hatte vor allem den internationalen Flugverkehr wieder angekurbelt, der in den beiden Jahren zuvor wegen des Virus fast zum Erliegen gekommen war. Der wichtigste Markt 2022 war Großbritannien mit 26 Prozent der Passagiere, es folgten Deutschland mit 17 Prozent und Frankreich mit zehn Prozent.

Die Wiederbelebung in den Lüften bescherte Aena nach herben Verlusten in den beiden Jahren davor wieder einen Gewinn nach Steuern von 900 Millionen Euro. Dadurch gibt es auch wieder eine Dividende, was besonders den spanischen Staat freut, der mit 51 Prozent der Anteile die Kontrolle an dem Konzern hält.

Madrid als Drehscheibe

Aena braucht des Weiteren Geld für seine ehrgeizigen Projekte. Der Flughafen Adolfo Suárez Madrid Barajas, der größte des Landes mit einem Passagieraufkommen von 50 Millionen im vergangenen Jahr, soll ausgebaut werden. Aena und die Politik wollen den Airport der Hauptstadt zu einer internationalen Drehscheibe machen. Bislang nutzen bereits viele Reisende Madrid zum Umsteigen auf Verbindungen zwischen Europa und Lateinamerika. Jetzt soll der Schwerpunkt auf den Ausbau von Routen nach Asien gelegt werden, wo sich das Angebot an Direktflügen aus Spanien bisher in Grenzen hält.

El Prat soll wachsen

Erweitern möchte Aena auch den Flughafen El Prat in Barcelona, den zweitgrößten Spaniens mit knapp 42 Millionen Passagieren im vergangenen Jahr vor Palma mit 28,6 Millionen, erweitern. Doch die Pläne stoßen auf Widerstand in der katalanischen Politik, insbesondere die Idee, eine zusätzliche Landepiste im Meer anzulegen.

Die Pandemie kam Aena sehr teuer zu stehen, da sie den Ladenbetreibern in den Flughäfen die Miete teils erlassen musste und den Airlines große Rabatte auf die Gebühren gewährte. Damit ist nun Schluss. Stattdessen bietet der Konzern nun Anreize für Fluglinien, die neue Ziele etwa in Asien ansteuern oder Flughäfen mit einem Aufkommen von unter drei Millionen Passagieren.

Übernahme von Air Europa

Für den Plan eines großen internationalen Hubs in Madrid, der mit Paris und London konkurrieren kann, kommt die Übernahme der spanischen Air Europa durch Iberia sehr gelegen. Nach zähen Verhandlungen, die sich über drei Jahre hingezogen hatten, einigten sich der IAG-Konzern, zu dem Iberia gehört, und die Globalia-Gruppe der Familie Hidalgo von Mallorca am 23. Februar schließlich auf den Verkauf der ausstehenden 80 Prozent der Anteile an der Fluglinie für 400 Millionen Euro. Im Herbst hatte die IAG bereits 20 Prozent der Aktien an Air Europa erworben.

Im Rahmen der Einigung übernimmt die IAG, zu der auch British Airways, Vueling, Air Lingus und weitere Airlines gehören, die Schulden in Höhe von 600 Millionen Euro der balearischen Fluglinie auf sich, die wegen der Pandemie mehrere Hilfskredite von staatlichen Institutionen aufnehmen musste. Ursprünglich hatte die Familie Hidalgo eine Milliarde Euro für die Abgabe von Air Europa gefordert. Doch das Coronavirus machte einen Strich durch die Rechnung.

Die IAG hat durch die Pandemie selbst einen Schuldenberg von rund zehn Milliarden Euro angehäuft. Doch wie Aena kehrte der Airline-Konzern 2022 in die Gewinnzone zurück. Der Umsatz lag mit 23 Milliarden Euro zwar klar über den spärlichen 8,4 Milliarden im Vorjahr, doch noch unterhalb der 25 Milliarden von 2019, vor Ausbruch der Pandemie.

Was sagt Brüssel zu Air Europa?

Die Übernahme von Air Europa hängt nun von der Zustimmung der Europäischen Kommission ab. Die Wettbewerbshüter in Brüssel hatten mit sehr harten Auflagen eine erste Einigung zum Zusammenschluss der beiden Airlines verhindert. Doch im Zuge der Pandemie steht die gebeutelte Flugbranche in Europa derzeit vor einer neuen Konsolidierung. Die Lufthansa greift nach der italienischen ITA, die portugiesische Regierung sucht gerade einen Käufer für TAP. Zwar stärkt die Übernahme von Air Europa die Vormachtstellung von IAG auf dem spanischen Markt. Betrachtet man aber die einzelnen Fluglinien, liegt der irische Lowcost-Flieger Ryanair an der Spitze, vor Vueling, Iberia und Air Europa. Brüssel muss nun neu über die Wettbewerbsbedingungen in Spanien befinden.

Privatisierungspläne

Unterdessen ist ein politischer Streit um die Pläne der spanischen Regierung zur Privatisierung der Flugkontrolle entbrannt, die vom Aena-Management unterstützt werden. An sieben Standorten soll diese Funktion an private Betreiber ausgelagert werden, in Palma, Gran Canaria, Málaga, Santiago de Compostela, Bilbao und an den beiden Airports auf Teneriffa. Dadurch erhofft man sich ein effizienteres Management, das zu geringeren Kosten und daher niedrigeren Preisen für die Reisenden führen soll.

Die frühere sozialistische Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero hatte bereits die Kontrolle an zwölf Flughäfen privatisiert. Es geht lediglich um die Aufsicht der Bewegungen der Flieger am Boden, nicht in der Luft, die weiterhin in den Händen der staatlichen Enaire bleibt. Dennoch protestieren die Gewerkschaften gegen die Pläne und warnen vor möglichen Sicherheitsproblemen. Der Senator von Més per Mallorca, Vicenç Vidal, sprach von einem „klaren Schaden für die strategischen Interessen der Balearen“. Auch die Linkspartei Podemos auf den Balearen wetterte gegen die Privatisierungspläne der Zentralregierung, der sie selbst angehört.

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