Mallorca ist seinen Preis wert – die ITB-Bilanz 2023

An diesem Donnerstag endet die Tourismus-Messe ITB in Berlin. Was die Mallorca-Saison betrifft, ist die Zuversicht trotz spürbar gestiegener Preise groß

Eine Frau und ihr Kind an einem Strand auf Mallorca im Sommer 2022.

Eine Frau und ihr Kind an einem Strand auf Mallorca im Sommer 2022. / Clara Margais / dpa

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Wird Mallorca langsam, aber sicher für Otto Normalurlauber unbezahlbar? Diese Frage ist bei der weltgrößten Tourismusmesse ITB in Berlin am Dienstag (7.3.) und Mittwoch am Balearen-Stand ausgiebig debattiert worden.

Zum ersten Mal nach Corona fand die Messe wieder im Präsenzformat statt. Und dass die Ferien auf Mallorca in diesem Jahr teurer werden, daran gibt es keinen Zweifel. Die Frage ist nur, um wie viel. Und welche Preissteigerung können vor allem Familien verkraften, ohne auf den Urlaub verzichten zu müssen? Dass der Mallorca-Urlaub um bis zu 33 Prozent teurer wird, wie Juan Miguel Ferrer von der Qualitätsoffensive Palma Beach gegenüber der Nachrichtenagentur dpa und der MZ gesagt hatte, wurde von allen Seiten heftigst dementiert. Ferrer selbst sagte, er habe sich bei dieser Zahl auf den Kaufkraftverlust der Spanier in den vergangenen drei Jahren bezogen.

Die Nachricht, die sich in vielen deutschen Zeitungen wiederfand, sorgte für spürbare Aufregung unter den Hoteliers. Dass die Urlauber in diesem Jahr aber tiefer in die Taschen greifen müssen, räumen alle Beteiligten ohne Umschweife ein. Und das nicht nur bei der Übernachtung, sondern auch bei den Flugtickets oder beim Essengehen. Da können durchaus schnell mal über 20 Prozent Mehrkosten zusammenkommen.

Inselratspräsidentin Catalina Cladera bei einem Vortrag am Balearen-Stand.  | FOTO: CONSELL DE MALLORCA

Inselratspräsidentin Catalina Cladera bei einem Vortrag am Balearen-Stand. / Consell de Mallorca

Veranstalter rechnen mit Preiserhöhungen von 5 bis 10 Prozent

Am vorsichtigsten mit Aussagen über die angezogenen Preise waren da noch die Reiseveranstalter, die sich am Mittwoch mit den Verantwortlichen der Balearen-Regierung trafen. Der Direktor für Einkauf beim zweitgrößten Reiseveranstalter auf der Insel, Alltours, sprach lediglich von einer Preissteigerung von rund drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Vor allem die Familien sind nach wie vor sehr preissensibel“, sagte Jörgen Heitinga.

Die Wettbewerber DER Touristik und FTI bezifferten die Preiserhöhungen „im Rahmen der Inflation“. In Deutschland betrug die Preissteigerung im Februar gegenüber dem Vorjahr 8,7 Prozent. Der CEO von FTI Touristik, Ralf Schiller, setzte wie gewohnt die Hoteliers auf der Insel unter Druck. Er sehe für dieses Jahr zwar noch nicht, dass Mallorca zu teuer sei, in den kommenden Jahren müsse man allerdings vorsichtig sein mit weiteren deutlichen Preiserhöhungen.

Wozu die Urlauber bereit sind

Die Hoteliers ihrerseits klagen, dass sie die Preissteigerungen nur zu einem geringeren Teil weitergeben konnten. So berichtet etwa Yannik Erhart, der CEO der Universal Hotels, von Preissteigerungen in seinen Häusern im Bereich zwischen fünf und zehn Prozent. Mehr könne man höchstens in gerade frisch renovierten Häusern mit deutlich mehr Serviceleistungen für die Gäste rechtfertigen. Trotz der Preiserhöhungen würden die Margen der Hoteliers in diesem Jahr leiden, sagt Yannik Erhart.

Auch Toni Horrach, Inhaber der HM Hotels, und Finn Ackermann, Manager bei Iberostar, berichten von Preiserhöhungen bis zu zehn Prozent. Das sei allerdings, so Ackermann, zumindest in diesem Jahr kein Problem, denn die Urlauber seien bereit, mehr auszugeben. „Der Trend etwa zu höherwertigen Zimmerkategorien hält an“, sagt Ackermann.

Urlauber an der Playa de Palma im Sommer 2022

Urlauber an der Playa de Palma im Sommer 2022 / Clara Margais / dpa

Wachstum und Overtourism

Die wohl auch in den kommenden Jahren steigenden Preise halten die Reiseveranstalter indes nicht davon ab, geradezu schwindelerregende Wachstumsprognosen in die Welt zu posaunen. FTI will von derzeit rund 300.000 Gästen auf mittelfristig 500.000 wachsen. Und Alltours spricht von einem Wachstum in diesem Jahr von 30 Prozent, bereits jetzt seien 25 zusätzliche Chartermaschinen nach Mallorca reserviert worden. Der Veranstalter spricht von einem wahren Buchungsboom, der Nachholbedarf nach der Corona-Pandemie sei noch immer riesig. Tui hat das Mallorca-Kontingent vor Kurzem nachträglich noch einmal um fünf Prozent aufgestockt.

Das ist nicht unbedingt das, was die Balearen-Regierung mittelfristig mit dem Tourismus auf der Insel vorhat. Schiller räumt das zwar ein, setzt aber trotzdem auf weiteres Wachstum. Genauso wie die meisten seiner Kollegen. Auf Nachfrage wand sich Tourismusminister Iago Negueruela ein wenig um das Thema Overtourism und verwies auf die Maßnahmen der Regierung, die Urlauberströme mithilfe der begrenzten Gästebetten und des Moratoriums für neue Hotels zu steuern. Außerdem seien die größten Zuwächse in der Nebensaison zu verzeichnen.

Familien sind noch vorsichtig - wie jetzt gebucht wird

Die Hoteliers dagegen sind zumindest teilweise etwas vorsichtiger, was die Prognosen für die Saison betrifft. Vor allem die Nachfrage der deutschen Familien mache derzeit noch ein wenig Sorgen, sagt etwa Hotelier Harald Strombeck, Verkaufsdirektor für drei Aparthotels in Port d’Alcúdia und Can Picafort. „Die Heizkosten fressen in vielen Fällen den Familienurlaub auf“, sagt Strombeck der MZ. Immerhin werde wieder früher im Jahr gebucht. Das gibt den Hoteliers nach zwei Jahren, in denen ein großer Teil der Buchungen kurz vor knapp eintrudelte, ein wenig mehr Planungssicherheit.

Wobei die Urlauber weiterhin äußerste Flexibilität erwarteten, sagt Finn Ackermann. Das bringt die Hotels, vor allem die familiengeführten, an ihre Grenzen. Wie Maria Frontera vom Hoteliersverband FEHM berichtet, buchen viele Gäste in zwei oder gar drei Unterkünften und stornieren dann wenige Tage vor der Anreise die überflüssigen Buchungen. Auch ist es vielen Reisenden, vor allem den Familien, wichtig, ihr Budget jederzeit im Blick zu haben. Deshalb wird auf Mallorca zurzeit deutlich mehr All-inclusive gebucht als in früheren Jahren.

Punktgewinn Nachhaltigkeit

Vor allem Tourismusminister Iago Negueruela wurde nicht müde, die Fortschritte der Landesregierung auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit zu betonen und verwies beispielsweise auf das Tourismusgesetz oder die deutliche Lohnsteigerung in der Tourismusbranche. Schließlich sind in knapp drei Monaten Regional- und Kommunalwahlen auf den Balearen. Und die ersten Maßnahmen des Tourismusgesetzes auf den Inseln greifen inzwischen. So haben bereits einige Hotels die höhenverstellbaren Betten aufgestellt, auch die Kreislaufwirtschaft läuft in vielen Hotels schon langsam an.

Toni Riera von der Impulsa-Stiftung, der federführend für die Landesregierung das Konzept der Kreislaufwirtschaft in den Hotels ausgearbeitet hat, sagt der MZ: „Wir sind guter Dinge, dass die Balearen im Jahr 2025 zeigen können, dass sie mittendrin sind im Wandel hin zu einem regenerativen Tourismus.“

Ein Vorbild für Deutschland?

Und die Bemühungen der Balearen auf diesem Bereich kamen auch bei einem deutschen Politiker gut an. Der Bundestagsabgeordnete und tourismuspolitische Sprecher der Grünen, Stefan Schmidt, hörte sich einen Vortrag von Toni Riera zum Thema Kreislaufwirtschaft und regenerativer Tourismus auf den Inseln an und zeigte sich hinterher im Gespräch mit der MZ beeindruckt davon, was auf den Inseln bereits angestoßen wurde.

„Ich habe das Gefühl, dass die Balearen in vielerlei Hinsicht deutlich weiter sind als die meisten Regionen in Deutschland“, sagt Schmidt. So seien in Deutschland die Hauptthemen in diesem Jahr die Inflation oder der Fachkräftemangel. „Und da rutscht die Frage der Nachhaltigkeit immer wieder ganz schnell in den Hintergrund.“ Es sei sehr positiv zu sehen, wie auf den Inseln die Politik den Takt vorgebe und den Unternehmern nichts übrig bleibe, als die Vorgaben umzusetzen. Das sähe er in Deutschland auch gern, sagt Stefan Schmidt.

So sind die Konkurrenzdestinationen aufgestellt

Die Konkurrenz setzt weiterhin auf niedrige Preise (Türkei und Ägypten) respektive mehr Exklusivität (Griechenland). Sowohl in der Halle von Griechenland, als auch in der der Türkei fällt sofort auf, dass im Vergleich zur spanischen Halle deutlich mehr los ist. Der Lautstärkepegel ist hoch, an den Ständen scheint das Geschäft zu brummen.

Eine junge Frau steht am Stand der nordgriechischen Region Epirus, nicht gerade für Massentourismus bekannt. Ja, sie spüre auf jeden Fall deutlich anziehende Buchungszahlen. „Wir versuchen uns als Ganzjahresziel zu vermarkten“, sagt die Frau. Und damit durchaus auch als Konkurrenz zu Mallorca und den anderen Balearen-Inseln. Die Sommersaison dauere von Mai bis Oktober, aber auch im Winter könne man in den Bergen wandern und sogar Ski fahren gehen.

Ein paar Meter weiter am Stand der Fluglinie Aegean empfängt die MZ eine Verantwortliche, die seit sieben Jahren bei der Airline arbeitet. Davor verkaufte sie nach eigener Aussage auch längere Zeit vor allem Mallorca-Urlaube bei verschiedenen Veranstaltern. „In Griechenland hat man in den vergangenen drei, vier Jahren sehr viel richtig gemacht“, sagt sie. „Und das, was nicht so lief, ist unter dem Radar der Medien geblieben.“

Etwas, das man auf Mallorca so nicht kenne. Die Insel sei vor allem bei Negativschlagzeilen sofort in den Medien. Gerade in der Corona-Pandemie habe Griechenland eine enorme Sicherheit ausgestrahlt, es habe keinen harten Lockdown gegeben. Hinzu kommt, dass sich die Preise zwar auf hohem Niveau bewegten („Griechenland war nie billig“), dass allerdings der Unterschied zu früheren Jahren nicht so groß ist wie auf Mallorca.

Griechenland auf der ITB 2023.

Griechenland auf der ITB 2023. / Efe

Ultra-All-inclusive in der Türkei

Und beim Luxus tritt Mallorca auch in den Wettbewerb mit der Türkei. Die Hotels etwa an der türkischen Riviera lassen keine Wünsche offen. So berichtet etwa ein Mitarbeiter der Luxushotelkette Diamond Hotels in Side von seinen Fünf-Sterne-Häusern direkt am Strand, die alle über das, wie er es bezeichnet, Ultra-All-inclusive verfügen.

Sprich: Es gibt zu jeder Tages- und Nachtzeit rund um die Uhr Essen und Trinken, vor allem auch unbegrenzt Alkohol. Dieses Modell steht im krassen Gegensatz zu dem Tourismusmodell, das sich die Balearen-Regierung vorstellt. Das Anti-Sauf-Dekret der Landesregierung hatte sich zum Ziel gesetzt, derartige Angebote an den touristischen Hotspots Playa de Palma und Magaluf zu verbannen.

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