Blick hinter die Kulissen: So laufen die Tarifverhandlungen zwischen Hoteliers und Gewerkschaften ab
Am Donnerstag (20.3.) treffen sich die Gegenspieler zum dritten Mal, um einen neuen Tarifvertrag auszuhandeln

Die Verhandlungsführer an einem Tisch im Sitz der Gewerkschaft UGT. / UGT
Die Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag für die rund 180.000 Beschäftigten im Hotel- und Gaststättengewerbe auf Mallorca und den Nachbarinseln gehen in die nächste Runde. Am Donnerstag (20.3.) treffen sich zum dritten Mal die je 15 Vertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften. Und diesmal geht es nach dem Vorgeplänkel der beiden ersten Treffen ans Eingemachte, wie die Hotelierin Inés Batle aus Cala Millor sowie der Verhandlungsführer der Gewerkschaft UGT, José García Relucio, der MZ berichten. „Jetzt geht es in die konkreten Verhandlungen und Diskussionen, der gesamte Tarifvertrag wird seziert, und das Tauziehen beginnt“, sagt Inés Batle.
Die Treffen finden normalerweise abwechselnd in den Räumlichkeiten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer statt. So luden zum Auftakt die Hoteliers in den Sitz der Hoteliervereinigung FEHM ein, die zweite Versammlung ging in den Räumen der Gewerkschaft UGT über die Bühne. Und je nach Treffpunkt entwickle sich eine ganz eigene Gesprächsatmosphäre, berichtet García Relucio hörbar amüsiert. „Man spürt ganz deutlich, dass die Hoteliers überhaupt keine Lust haben, zu uns zu kommen, das grelle Gewerkschaftsrot in unseren Räumlichkeiten verursacht ihnen Unbehagen.“ Dementsprechend angespannt treten laut dem Gewerkschafter die Arbeitgeber dann in den Verhandlungen auf.
19 Prozent mehr Lohn gefordert
Das Wort ergreift laut den Statuten zu Beginn jedes Treffens der Vertreter der Generalsekretär der größten Gewerkschaft, also García Relucio. Beim letzten Aufeinandertreffen präsentierte er die Forderungen der Arbeitnehmer, darunter etwa Lohnerhöhungen von insgesamt 19 Prozent über drei Jahre, die Verringerung der Arbeitszeit von 40 auf zunächst 37,5 und dann 35 Stunden oder eine Ausweitung der Saison, damit Saisonarbeiter mehr Monate im Jahr arbeiten können. Für die Gewerkschaften legitime Forderungen, für die Arbeitgeber zumindest zum Teil „unrealistische Ansprüche, die eher der Selbstdarstellung dienen“, wie es Inés Batle ausdrückt.
Eine festgelegte Redeordnung gibt es im Plenum nicht. Damit alle zum Zug kommen, gehe es häufig reihum, jeder dürfe etwas sagen. Die Inhalte, die konkret besprochen werden, sind vertraulich und dürfen nicht nach außen dringen. „Wir haben auf jeden Fall gemerkt, dass wir sehr viel zu besprechen haben“, sagt Inés Batle.
Ein Zeitlimit für die einzelnen Zusammenkünfte gebe es ebenfalls nicht. Für die ersten beiden Termine haben rund zwei Stunden ausgereicht. „Aber diesmal erwarte ich, dass es deutlich länger dauert. Ich habe mir zumindest den ganzen Tag freigenommen“, sagt Batle. García Relucio indes hofft auf einen schnelleren Verlauf. Los geht es um 10.30 Uhr, „und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich um 14.30 Uhr wie geplant beim Mittagessen sitzen werde“.
Hoteliers bauen schon mal vor
Die Argumente, die beide Seiten ab Donnerstag auf den Tisch legen werden, sind mehr oder weniger bekannt. Inés Batle und die Hoteliers sowie die Vertreter der Gastronomen und der Nachtlokale werden sich darauf berufen, dass die Lohnsteigerungen in den vergangenen Jahren bereits deutlich ausgefallen waren und dass längst nicht alle Unternehmen im Geld schwimmen. „Es gibt tatsächlich immer noch einige Hoteliers, die weiterhin Hilfen aus der Pandemie zurückzahlen müssen, manche haben sich hoch verschuldet und in einem Fall weiß ich sogar, dass ein Hotelier sein Haus verkaufen musste“, sagt Inés Batle. Die Erhöhung der Löhne könne also diesmal unmöglich noch einmal so hoch ausfallen wie bei den vergangenen Tarifverhandlungen.
García Relucio wiederum sieht sich und die Gewerkschaften am längeren Hebel. „Es stimmt zwar, dass wir zuletzt ordentliche Lohnerhöhungen herausgehandelt haben, aber gleichzeitig sind die Gewinne der Hoteliers ebenfalls deutlich angestiegen. Sie verdienen mehr denn je.“ Sollten die Arbeitgeber nicht auf die Lohnforderungen eingehen, prophezeit García Relucio eine drastische Zunahme der Personalnot. „Es will ja so gut wie niemand mehr auf die Inseln zum Arbeiten kommen, obwohl die Leute hier rund 500 Euro mehr verdienen als auf dem Festland“, sagt der Gewerkschafter, der unter anderem fordert, dass die Hoteliers ihren Angestellten kostenfreie Zimmer zur Verfügung stellen sollen.
Ein gemeinsamer Protokollführer
Die Ergebnisse der Treffen fasst ein Anwalt der Kanzlei Cuatrecasas in Palma zusammen. Er übernimmt die Funktion des Sekretärs und verfasst das Protokoll. Arbeitgeber und Arbeitnehmer hatten sich vor Beginn der Verhandlungen auf den Anwalt als gemeinsamen Protokollführer geeinigt.
Dass die Verhandlungsführer zwar um ihre Positionen ringen, sich aber deshalb keineswegs spinnefeind sein müssen, zeigt sich darin, dass sie nach den Treffen „auch mal einen Kaffee zusammen trinken gehen“, wie Batle berichtet. „Wir verstehen uns gut, das gegenseitige Vertrauen ist da.“ Und auch García Relucio lobt den Tonfall in den Gesprächen, der sich mit dem neuen FEHM-Vorsitzenden Javier Vich deutlich geändert habe. „Der angenehmere Umgang soll aber natürlich kein Selbstzweck bleiben, sondern sich in Ergebnissen niederschlagen“, fordert er.
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