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Mit diesem Trick vermieten Eigentümer auf Mallorca ohne Lizenz an Urlauber

Ein deutsches Paar lebt in einer Siedlung im Süden der Insel. Dort werden über ein Schlupfloch Häuser für Feriengäste angeboten. Ihr Nachbar mischt ebenfalls mit

Symbolbild: eine Immobilie mit Meerblick in der Gemeinde Llucmajor.

Symbolbild: eine Immobilie mit Meerblick in der Gemeinde Llucmajor. / Nele Bendgens

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Dass Mallorca ein gravierendes Wohnraumproblem hat, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Und immer wieder rücken Ausländer, die sich fest auf der Insel niederlassen oder sich eine Zweitwohnung kaufen oder mieten, in den Fokus. Nehmen sie den Einheimischen dringend benötigten Wohnraum weg?

Ganz so einfach ist es nicht, findet ein Ehepaar aus einer Urbanisation im Süden von Mallorca. Nennen wir sie Heike und Sebastian. Die beiden sind vor zwölf Jahren ganz auf die Insel ausgewandert und arbeiten hier. Zurück nach Deutschland bringe sie nichts und niemand mehr, sagen sie. Sie empfangen die MZ in ihrer Wohnung in der Gemeinde Llucmajor – und verstehen die Welt nicht mehr. Grund für ihre Empörung: Ein vermeintliches Schlupfloch in der spanischen Gesetzgebung, das es Eigentümern ermöglicht, Wohnungen oder Häuser an Urlauber zu vermieten, obwohl das vielerorts verboten ist oder gar keine Lizenz für eine Ferienvermietung vorliegt.

Ferienvermietung bis maximal 31 Tage

Dazu muss man wissen, dass das spanische Wohnraumgesetz LAU Saisonmietverträge für eine Dauer von 32 Tagen bis elf Monaten zulässt. Ferienvermietungen wiederum dürfen maximal 31 Tage dauern und zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine touristische Lizenz benötigen. Sprich: Da wo die Ferienvermietung aufhört, beginnt die Saisonvermietung. Schließlich gibt es kaum Menschen, die mehr als einen Monat lang auf Mallorca in einem Ferienhaus Urlaub machen. Aber wo es ein Gesetz gibt, da gibt es auch Schlupflöcher. Oder, wie man in Spanien sagt: Hecha la ley, hecha la trampa. Und das nutzt der Nachbar von Heike und Sebastian aus.

Er kaufte vor etwa einem Jahr das Obergeschoss der einst als Einfamilienhaus gebauten Immobilie und lebte zunächst mit seiner Partnerin selbst darin. „Das änderte sich aber in diesem Sommer“, erzählt Heike. Anfang Juli standen auf einmal Holländer mit ihren Koffern bei uns im Garten“, erzählt Sebastian. Die Aufteilung des Hauses ist seit der Trennung des Einfamilienhauses in zwei Doppelhaushälften ungewöhnlich, denn die Hälften liegen nicht wie üblich nebeneinander, sondern übereinander. Die Gärten allerdings befinden sich Wand an Wand. Unter anderem gibt es auf dem Grundstück des Nachbarn einen etwa zehn mal fünf Meter großen Pool. Laut Sebastian ließ ihn einst der deutsche Vorbesitzer ohne die dafür benötigte Lizenz anlegen.

Hausbesetzer oder Urlauber?

Die Niederländer ließen Heike und Sebastian hellhörig werden, Heike schickte sofort eine Nachricht an ihren Nachbarn mit der Frage, ob es sich eventuell um Hausbesetzer handeln könnte und sie die Polizei holen solle. „Die Antwort kam nach wenigen Sekunden und lautete: „Nein, keine Polizei holen, es seien Freunde, die für ein paar Tage hergekommen seien“, so Heike. Sie und ihr Mann wurden misstrauisch, vor allem als wenige Tage später ein zweites niederländisches Paar in die Wohnung über ihnen einzog. Zwei Wochen blieben sie auf der Insel. Dann reiste am 1. August eine österreichische Familie an, und Heike und Sebastian sahen ihren Verdacht bestätigt: Der Nachbar betrieb Ferienvermietung.

Allerdings war dem Spanier offensichtlich sehr wohl bewusst, dass er das illegal tat, denn in den einschlägigen Buchungsplattformen wie Airbnb oder Booking findet sich das Objekt nicht. „Dafür haben wir es dann nach kurzer Suche bei Idealista gefunden“, berichtet Heike. Das spanische Portal idealista.es ist der Marktführer für Vermietungen und Verkäufe von Wohnungen und Häusern. Und dort ist die Wohnung in der Etage über Heike und Sebastian für sage und schreibe 4.900 Euro im Monat angeboten. Unter dem Preis steht: „Möchten Sie eine Luxusimmobilie für ein paar Monate genießen? Wir haben sie für Sie gefunden! Verfügbar im September und Oktober 2025.“

Falsche Angaben im Immobilienportal

„Wir sind aus allen Wolken gefallen, zumal zahlreiche Angaben auf dem Portal falsch sind“, sagt Sebastian. Angefangen bei der Quadratmeterzahl der Wohnung. Da steht 165 Quadratmeter, doch das sei die Fläche ihres Teils des Hauses, sagen Heike und Sebastian. „Das Obergeschoss ist kleiner.“ Auch beim Baujahr wurde ordentlich geflunkert. Das Haus sei 2019 erbaut worden, steht in der Anzeige. In Wahrheit stamme es aus dem Jahr 1999, sagt Sebastian. 2019 habe lediglich eine Renovierung stattgefunden.

Geworben wird auch mit dem geräumigen Außenbereich von 818 Quadratmetern – dabei handelt es sich um die Gesamtgröße des Grundstücks einschließlich des Teils von Heike und Sebastian. Und in der Beschreibung des Objekts ist mit keinem Wort zu lesen, dass es sich um eine Doppelhaushälfte handelt. „Frei stehendes Haus“ heißt es stattdessen. Dass Heike und Sebastian von ihrer geschlossenen Veranda, wo sie oft und gerne sitzen, direkt auf den Pool des Nachbarn schauen, wird vorsorglich verschwiegen. Dafür sind in dem Inserat Dutzende von Fotos zu sehen, einige davon zeigen auch die Bereiche des Hauses, die Eigentum von Heike und Sebastian sind.

Inspekteurin kam vorbei

Mit der Ankunft der Österreicher am 1. August wurde Heike sofort aktiv. Sie wandte sich per E-Mail an das Tourismusdezernat des Inselrats und schilderte ihre Beobachtungen. „Noch am selben Tag haben wir eine Antwort erhalten, dass der Inselrat einen Inspekteur vorbeischicken werde, das allerdings nicht vorher angekündigt werde“, sagt Heike, die beeindruckt über die prompte Reaktion der Behörde mitten in der Ferienzeit war. Und am 25. August kam dann tatsächlich eine Inspekteurin und klingelte im Obergeschoss. Die österreichische Familie öffnete und erklärte, sie habe ja einen Vertrag unterschrieben. Man bleibe einen ganzen Monat in dem Haus. Die Inspekteurin habe darauf Heike und Sebastian gesagt, sie sollen sich sofort wieder melden, wenn neue Bewohner in dem Haus ankommen. Seither ist das allerdings nicht mehr passiert.

Dass es sich aber sowohl bei den Niederländern als auch bei den Österreichern um Urlauber gehandelt habe, sei eindeutig gewesen, sagen Heike und Sebastian. Sie haben Videos gemacht, wie der österreichische Vater im Pool mit Shampoo seine Haare gewaschen hat.

So bekommt man die Wohnungskrise nicht in den Griff

Die MZ schreibt von einer privaten Adresse eine Mail an den Makler, der das Haus im Angebot hat, um einen Besichtigungstermin zu vereinbaren. Doch die Immobilienagentur meldet sich nicht. Die Anzeige ist nach wie vor im Netz zu finden. Und nicht nur das Haus von Heike und Sebastian finden sich hier: In der Siedlung gibt es gleich eine ganze Reihe von ähnlichen Objekten, die nur für Saisonvermietung zur Verfügung stehen und zwischen 2.000 und 4.000 Euro im Monat kosten. Offensichtlich ist das Geschäftsmodell verbreitet.

„Ganz davon abgesehen, dass wir massiv durch die Urlauber gestört werden, die bei uns ins Haus kommen, lässt sich doch auf diese Weise die Wohnungskrise auf Mallorca überhaupt nicht in den Griff bekommen“, sagt Sebastian. Es sei traurig, wie die einen keine Chance auf eine Wohnung auf der Insel hätten, während andere auf dem Rücken der Gesellschaft ihren Reibach machten.

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