Wer in den vergangenen Wochen auf Mallorca eine spanische Zeitung aufgeschlagen hat, fand im Wirtschaftsteil fast täglich dieselbe Schlagzeile: Der Strompreise erreichen einen neuen Rekord. Und es folgten Statistiken, wie viel der durchschnittliche Stromkunde nun mehr zu bezahlen hat. Die Schlagzeile ist jedoch irreführend: Sie gilt nur für Kunden im regulierten Markt, die den Tarif PVPC (Precio Voluntario al Pequeño Consumidor) beziehen. Für alle anderen gibt es einen vertraglich vereinbarten, fixen Tarif – der nur langfristig an die Preise auf dem Großmarkt angepasst wird.

Die täglich neuen Rekorde sind nur einer von mehreren Punkten, die im spanischen Strommarkt für ordentlich Verwirrung sorgen. Auch die Unterscheidung von Tarifen je nach Tageszeit, die im Juni vergangenen Jahres eingeführt wurde, hat nicht unbedingt für mehr Klarheit gesorgt. Hinzu kommen ständige Änderungen bei den Steuern und staatlich festgelegten Gebühren, mit denen die spanische Regierung auf die höheren Kosten der Stromerzeugung reagiert (Kasten).

Richtige Wahl der maximalen Vertragsleitung

Und dennoch haben Kunden Spielraum, sofern sie sich mit ihrer Stromrechnung auseinandersetzen wollen. Das größte Sparpotenzial liegt derzeit – neben der Wahl eines Tarifs, der zum eigenen Stromverbrauch passt – vor allem in der richtigen Wahl der maximalen Vertragsleistung oder der Überprüfung möglicher Zusatzleistungen des Stromanbieters, die man gar nicht braucht, erklärt Alfonso Rodríguez, Sprecher der Verbraucherschutzorganisation Consubal auf den Balearen.

Vorneweg: Spaniens Strommarkt ist zweigeteilt in einen regulierten und einen liberalisierten Teil. Zwar sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Haushalte auf den freien Markt gewechselt – aber nicht alle. Kunden, die sich nie mit ihrer Stromrechnung auseinandergesetzt haben, Senioren, auch Bezieher des staatlichen Sozialtarifs (bono social) haben weiter auf ihrer Rechnung PVPC stehen, spanienweit knapp elf Millionen Haushalte. Für sie gelten die täglich aktualisierten Tarife.

Tag- und Nachtstrom

Und für sie gelten auch die staatlich regulierten Tarifzeiten: „Período punta“ (P1) wochentags zwischen 10 und 14 Uhr sowie 18 und 22 Uhr, in dieser Spitzenverbrauchszeit ist der Strom am teuersten. „Período llano“ (P2) wochentags von 8 bis 10 Uhr, von 14 bis 18 Uhr und von 22 bis 24 Uhr: In dieser Zeit mittleren Verbrauchs ist der Strom günstiger, aber lange nicht so günstig wie im „Período valle“ (P3). Diese Tarifzeit gilt nachts von 0 bis 8 Uhr sowie rund um die Uhr an Wochenenden und Feiertagen. Die Unterschiede zwischen den Tarifzeiten sind erheblich: Der Stromverbrauch in P1 fällt fast doppelt so teuer aus wie in P2 –und fast dreimal so teuer wie in P3.

Die Einschätzung, dass auch die Tarife des freien Markts an dieses Schema angepasst werden, hat sich nach einem guten halben Jahr nicht bestätigt. Einige Tarife unterscheiden zwar Tag- und Nachtstrom, viele andere aber nicht. Eine beliebte Option seien derzeit vielmehr Flatrates („Tarifa Plana“), so Joan Maians, Sprecher des Anbieters Endesa, der sowohl Energieversorger mit reguliertem Tarif („Endesa Energía XXI“) als auch Vertriebsfirma im freien Markt („Endesa Energía“) ist. „Wir analysieren den Stromverbrauch der Kunden und machen ihnen ein Angebot. Sie zahlen einen Fixpreis, wenn sie nicht mehr als 30 Prozent über dem ermittelten Durchschnitt liegen.“

Wer sich bewusst für eine solche tarifa plana entscheidet oder aber seinen bisherigen Tarif ohne Unterscheidung von Tag- und Nachtstrom weiterlaufen lässt, braucht sich also auch keine Gedanken darüber machen, wann er denn nun seine Waschmaschine einschaltet. Im Fall vieler Haushaltsgeräte habe man ohnehin nicht allzu viel Spielraum, meint Alfonso Rodríguez, „die meisten Menschen kochen nun einmal zur Mittagszeit“.

Vorsicht, Zusatzkosten

Der Verbraucherschützer warnt vor allzu großen Hoffnungen, seine Stromrechnung deutlich zu senken, vermeiden ließen sich aber in jedem Fall unnötige Kostenfallen. Das gilt zum einen für Zusatzleistungen. Viele Stromanbieter setzten ihren Kunden inzwischen einen Wartungsservice mit auf die Rechnung – eine monatliche Pauschale, die man sich auch sparen könne, so Rodríguez. Und da die Gewinnmargen auf dem Markt der Privatkunden so gering seien, diversifizierten immer mehr Anbieter ihre Produkte. Da würden einem inzwischen auch schon Alarmanlagen oder Pay-TV aufgeschwatzt. Die Konkurrenz auf dem Markt wird härter, und so haben in den vergangenen Monaten gerade die Platzhirsche wie Endesa oder Iberdrola Federn lassen müssen, nachdem ihnen kleinere Anbieter wie etwa Holaluz Kunden abgeworben haben.

Vergleichsweise einfach sparen lässt sich inzwischen auch bei der Vertragsleistung – viele Haushalte haben nach wie vor eine zu hohe potencia contratada im Vertrag stehen. Aber wer weiß schon genau, wie viel Kilowatt wirklich nötig sind, ohne dass die Sicherung herauszuspringen droht? Deswegen wird jetzt in der Rechnung auch die maximale Leistung aufgeführt, die man in den vergangenen Monaten in Anspruch genommen hat, um so die Vertragsleistung optimal an den tatsächlichen Bedarf anpassen zu können. Festlegen lässt sich die potencia contratada im Übrigen separat für Nacht- (valle) und Tagstrom (punta).

Beispielrechnung: In der factura de la luz sind 4,6 Kilowatt potencia contratada aufgeführt. Tatsächlich wurde aber in den vergangenen Monaten ein Wert von maximal 3,2 Kilowatt benötigt (potencia máxima utilizada). Hier empfiehlt sich ein künftiger Wert von sagen wir 3,5 Kilowatt – er liegt über dem bisherigen maximalen Bedarf, aber gleichzeitig deutlich unter dem bisherigen Vertragswert. Die Änderung kann in der Regel direkt online im Kundenprofil vorgenommen werden und ist bis Ende Mai sogar zweimal möglich, ohne dass dafür Zusatzkosten anfallen dürfen.

Steuern auf Strom bleiben bis Frühjahr herabgesetzt

Um dem Ärger über hohe Stromrechnungen zu begegnen, hat die spanische Regierung im vergangenen Jahr für den Strom die Mehrwertsteuer von 21 auf zehn Prozent gesenkt und die eigentlich auf Ende Dezember befristete Maßnahme nun bis Ende April verlängert. Ähnliches gilt für die Stromsteuer (Impuesto Especial a la Electricidad), sie wurde von 5,1 auf 0,5 Prozent gesenkt. Die Steuer auf die Energieerzeugung (impuesto a la generación eléctrica) von sieben Prozent ist noch bis Ende März ausgesetzt. Gleichzeitig soll eine stärkere Förderung von Fotovoltaikanlagen auf Privatdächern die Stromkosten senken helfen.