Tomeu Penya legt die Kopfhörer ab und reibt sich die Augen. Er schüttelt den Kopf, schaut den Musikjournalisten Joan Trias kaum an. Er zuckt mit den Schultern. Er räuspert sich. Dann sagt er mit belegter Stimme: „Sie haben mich übertroffen."

Sie, das sind zwölf Bands und Musiker von den Balearen, hauptsächlich aus Mallorca, die dem Sänger auf dem Album „Illes dins un disc" anlässlich seines 50. Bühnenjubiläums Tribut zollen. Produziert wurde es vom regionalen Rundfunksender IB3. Und so ist es auch der Rundfunk-Journalist Trias, der in Vilafranca auf der Plaça Tomeu Penya dem gleichnamigen Musiker zum ersten Mal die Aufnahmen vorspielen kann, die zu der Ergriffenheit führen. Die Szene ist der Einstieg einer 45-minütigen Sondersendung des Kulturprogramms „Els entusiastes", die anlässlich der Albumveröffentlichung im Februar ausgestrahlt wurde und auf Youtube verfügbar ist.

Gewaltiges Output

„Illes dins und disc" (Inseln auf einer Platte), ein Spiel mit Penyas Songtitel „Illes dins un riu" (Inseln in einem Fluss), bietet die Möglichkeit, auf Entdeckungstour zu gehen. Zum einen unter den meist jungen mallorquinischen Gruppen, zum anderen auch im Werk von Penya selbst. Plötzlich steht man vor einem gewaltigen Output von rund 30 Alben, die der Musiker in seiner Solokarriere ab Anfang der 80er-Jahre herausgegeben hat. Bezeichnenderweise stammen die meisten der für das Tribut-Album ausgewählten Songs aus dem ersten Jahrzehnt der Soloaktivitäten Penyas, der zuvor in verschiedenen Bands, unter anderem „Los 5 del Este", gespielt hatte.

In manchen Fällen ist Penyas „Sie haben mich übertroffen" mehr als nur ein emotionaler Ausbruch. Wie etwa Salvatge Cors Version von „Plou" (Es regnet), dem Eingangslied aus Penyas Album „Tomeu" aus dem Jahr 1987. Die Musiker der Band dürften bei Erscheinen des Liedes noch kaum auf der Welt gewesen sein. Aber sie geben dem Song, vor allem aber der Melodie, eine Form, die den Eindruck erweckt, dass sie das sentimentale Potenzial des Liedes besser verstanden haben als der Altmeister selbst.Eine erotischere Dimension

Noch einen Schritt weiter in Sachen Verbesserung des Originals gehen Jansky. Das Elektroduo covert den Song „Abaix, amunt" (Oben, unten), im Original eine ziemlich schmerzhafte Mischung aus Kinderlied und Bierzeltschlager. Die tiefe Stimme von Sängerin Laia Martinez verleiht dem eher plumpen Text - denn ja, natürlich geht es bei oben und unten um Sex - eine tiefergehende, nahezu poetische, zumindest aber erotischere Dimension. Unterlegt ist der Song mit Elektrobeats und der für Jansky typischen Querflöte.

Vers Endins aus Porreres entfernen sich gar nicht so sehr von Penyas „Havanera" aus dem Jahr 1988, geben ihm aber eine Rumba-Percussion, die das Lied tanzbarer macht. Jorra i Gomorra aus Manacor machen aus „M'agrada el rock" (Ich mag Rock) einen wirklich rockigen Song, bei dessen Riff man nicht umhinkommt an Bachman-Turner Overdrives „You Ain't Seen Nothing Yet" zu denken.Vom Partysong zum melancholischen Blick zurück

Die Sängerin aus Formentera, Maria José Cardona, geht bei „Lluna de Formentera" (Mond von Formentera) einen anderen Weg. In der IB3-Doku über das Album erzählt sie, wie sie Penya schon als kleines Mädchen erlebt hat. Als Stimmungsmacher bei Dorf­festen, dort, wo Penya sich wohl am heimischsten fühlt. Was ihm den Erfolg beschert hat. Und wo er immer noch teilweise vor Tausenden Zuschauern jeden Alters auftritt. Und was macht Cardona? Sie interpretiert das im Original eher flotte, von Bläsern begleitete Lied allein auf der Akustikgitarre. In der ersten Strophe besteht die Begleitung nur aus Flageoletttönen. Aus dem Partysong wird ein Lied, zu dem man nostalgisch auf die Party zurückblickt.

Penya selbst wirkt bei alledem hingegen nicht nostalgisch, eher stolz. Es sei für ihn eine besondere Ehre, dass er auch bei den jungen Leuten nicht „vergessen worden ist", sagt er in der Doku. Und kann sich, alter Dorf-Haudegen, der er nun einmal ist, nicht den Kommentar verkneifen, dass ihm besonders die jungen Damen am Herzen liegen.Immer noch live am besten

Das Album kann als interessante Feldstudie gesehen werden, wie junge mallorquinische Musiker mit dem Werk eines Künstlers umgehen, der, ob man will oder nicht, eine zentrale Rolle in der Musik und im Dorfleben der Balearen gespielt hat. Es öffnet sicherlich auch die Tür zum -uvre dieses Künstlers, auch wenn es unwahrscheinlich erscheint, dass man nur von seinen CDs begeistert wird. Denn das Verständnis von Tomeu Penya führt irgendwie doch über die sommer­liche verbena auf der plaça.

Illes dins un disc - un tribut a ­Tomeu Penya, Produccions Blau, 10 Euro