Mallorca Zeitung

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Fotografieren auf Mallorca: So kreieren Sie mit Spiegelungen und Reflexionen surreal-poetische Bilder

Street Photography in der Praxis, Teil 3: Traumbilder aus der Realität einfangen

Bei "Traumbildern" wie diesem ist die Wahrnehmung ganz besonders gefordert Jens F. Kruse

Scheinbar Banales in etwas Schönes und Bedeutsames zu verwandeln, liegt in der Natur der Straßenfotografie. Jens F. Kruse weiß, dass es sich für spannende Bilder lohnt, wenn wir uns einmal vom unmittelbaren Geschehen auf der Straße abwenden: „Widmen wir uns der Bedeutung von Spiegelungen und Reflexionen in (Schau-)fenstern, Glasfronten und anderen reflektierenden Oberflächen, eröffnen sich neue Blicke auf die Welt um uns herum“, formuliert der Fotograf, der diese Kunst nach einer Sternekoch-Karriere zu seinem Beruf gemacht hat.

Schaffe man es, die neuen Eindrücke fein zu komponieren, ergebe das mehr als nur visuelle Effekte – es entstünden „Fenster zu einer anderen Realität, wie magische Portale, die uns in eine Welt führen, die gleichzeitig real und surreal ist.“ Fotografien, die in diese Parallel-Dimension eintauchen, evozieren eine einzigartige Atmosphäre: Sie lassen den Betrachter über die sich verschiebenden Grenzen von Realität und Fantasie nachdenken und erinnern ihn daran, wie kostbar und flüchtig jeder Moment im Leben ist. Es entsteht eine Poesie des Alltäglichen, in der die Szenerie vertraut und fremd zugleich wirkt.

Der Bildaufbau sollte nicht zu komplex sein

„Solche Motive zu erkennen, ihre Ästhetik und ihren Zauber zu erfassen, erfordert ein geschultes Auge und ein offenes Herz“, betont Kruse. Für wagemutige Straßenfotografen, die Traumbilder aus der Realität einfangen möchten, hat der Profi aber einige hilfreiche Tipps. Zunächst gilt es, die richtige Tageszeit zu erwischen: „Beim Fotografieren durch Glas müssen wir darauf achten, dass das Licht ‚gerichteter‘ ist“, so Kruse. Der späte Morgen oder der frühe Abend seien dafür wie geschaffen. „So bekommen wir mehr Kontrast, tiefere Schatten, und den Ergebnissen wird mehr Definition verliehen, sie werden klarer.“

Ein Straßenfoto mit Spiegeleffekten. Jens F. Kruse

In Sachen Bildaufbau, ob bei Durchsichten von Glasflächen oder Reflexionen von der Straße, dem Himmel oder gegenüberliegenden Objekten sei immer darauf zu achten, dass die Bildinformation nicht zu komplex ist: „Ich muss ein Hauptobjekt wählen und alles weitere darum herum gestalten“, erklärt der Straßenfotograf. Alternativ dazu könne man sich natürlich auch für ein völliges Durcheinander von einzelnen Elementen entscheiden, die dann in der Gesamtheit scheinbar zusammenpassen – und für die dadurch entstehende Abstraktion. „Wichtig dabei ist, die Balance zu halten und nicht zu viele, helle Elemente zu benutzen, da diese zu sehr von anderen ablenken können“, schreibt Kruse. Eine kleine Blende sorge dafür, dass alles auf der ganzen Linie scharf ist – es sei denn, man wolle bewusst mit der Tiefenschärfe spielen. Der „surreale Look“ entstehe durch reflektierende Elemente, die mit nicht reflektierenden korrespondieren. „Sehr fein ist auch, sich sein eigenes Spiegelbild zu suchen und Elemente mit seiner Silhouette einzurahmen“, findet Kruse.

Wasserreflexionen schaffen tolle Farbpaletten

Eine weitere Möglichkeit, coole Bilder zu machen, seien Spiegelungen im Wasser, zum Beispiel auf einer nassen Straße, einer Pfütze, einem Teich oder einem See. „Diese Spiegelungen verzerren die Realität und erzeugen im Wasser eine weitere, irritierende Dimension“, so der Fotograf. Durch eine Drehung um 180 Grad könne man die Abstraktion noch intensivieren – und so möglicherweise die Bildaussage noch interessanter machen. Es lohne ganz besonders, sich solchen Wasserreflexionen nach einem Regenguss und idealerweise bei Sonnenschein zu widmen: Auf den Autos, anderen nassen Oberflächen oder beschlagenen Fenstern entstünden dann wunderbare Farbpaletten, verspricht Kruse. „Alles ist da! Nichts ist geschönt, man muss nur hinsehen.“

Weiteres Beispiel für ein Foto, das gekonnt mit Reflexionen spielt. Jens F. Kruse

Street Photography mit dem Profi Im nächsten und letzten Teil geht es um das richtige Storytelling. Infos zu Kruses Workshops gibt es hier: jfkstreetphotography.com. Halbtages-Entdeckungen buchen Sie unter: airbnb.de/experiences/4330887

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