Journalisten sind in der Regel schnell mit Ratschlägen zur Hand, wenn sie in Kommentaren das politische Geschehen thematisieren. In den vergangenen Tagen dagegen herrscht auch in den spanischen Medien Verunsicherung darüber, wie aus dem Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag eine Regierung für Spanien zustande kommen soll: keine absolute Mehrheit für das konservative Lager, keine für das linke Lager, keine für die neuen Parteien - und an die große Koalition glaubt auch praktisch niemand. Kein Wunder, dass viele Meinungsbeiträge mit dem Satz enden: „Es gibt keine einfache Lösung."

Da passt es ganz gut, dass nach den hitzigen Debatten, den vollmundigen Versprechen und den Schmähungen des politischen Gegners erstmal das Weihnachtsfest ansteht. Bis Dreikönig steht der politische Betrieb still, und es gibt viel Zeit zum Nachdenken. Zum Beispiel darüber, wie bedenklich es ist, dass in einigen Punkten keinerlei Konsens möglich scheint. An erster Stelle steht der schwelende Katalonien-­Konflikt, aber auch in der Sozial-, Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik scheinen die Positionen unversöhnlich. Die Parteien haben im Vorfeld der Wahlen ihre gesamte Energie darauf verwendet, die Unterschiede zum politischen Gegner herauszustreichen, und die Frage nach möglichen Bündnissen unbeantwortet gelassen. Das rächt sich jetzt, und jeder Kompromiss würde als Schwäche und Verrat am Wähler ausgelegt. Der Ruf nach einer Großen Koalition nach dem Vorbild Deutschlands ist sympathisch, aber naiv: Wenn eine Partei wie die Sozialisten die Abwahl von Mariano Rajoy über alle anderen Wahlkampfziele stellt, kann sie schlecht diesem wieder ins Amt verhelfen.

Trotz des Dilemmas ist vielleicht doch ein Ratschlag möglich: Wie wäre es, sich als Weihnachts­lektüre die Dokumente über den schwierigen, aber erfolgreichen Übergang Spaniens zur Demokratie 1975-1978 vorzunehmen. Damals erkannten sogar die Kommunisten die Monarchie an. Spanien muss wieder lernen, Kompromisse einzugehen.