Mallorca Zeitung

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Genussvolles Entblättern - Artischocken sind ein kulinarisches Highlight im Winter auf Mallorca

Die Saison der Artischocken beginnt. Es ist Ihre Chance, sich an den vielen möglichen Zubereitungen dieses günstigen Gemüses zu probieren

Köstlich und vielseitig: Artischocken UPV

Die Winter auf Mallorca sind kleidungstechnisch eine Herausforderung. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht können drastisch sein, auch zwischen Sonne und Schatten liegen häufig gefühlt zwei Klimazonen. Ganz zu schweigen davon, wenn man aus der Sonne in ein traditionelles Dorfhaus auf Mallorca kommt – und erst einmal anfangen muss, sich anzuziehen, um nicht schockgefrostet zu werden. Dicke Mäntel sind da selten von großem Nutzen, da diese eine gewisse Planbarkeit der Temperaturen voraussetzen. Nein, in diesen Gefilden ist es ratsam, bei der Kleidung auf Schichten zu setzen.

Schon lange begriffen hat dies auch die Artischocke, die eine der großen kulinarischen Winterfreuden auf der Insel darstellt. Hübsch anzusehen, vielfältig einsetzbar und recht günstig im Preis taucht sie seit einigen Tagen wieder auf den Märkten auf. Sie ist eine ur- mediterrane Pflanze, stammt vermutlich aus Nordafrika und wurde dann immer weiter verbreitet. Auf Mallorca gibt es zwei Arten: die typische grüne Artischocke mit dem weißen Fleisch und die einheimische, lilafarbene, mit ein wenig gelblichem Fleisch, die meist etwas kleiner ist als die Kollegin in Grün und deren Saison auch etwas später beginnt.

Die carxofa (ausgesprochen: Kartschofa), so der katalanische Name, kann sowohl die Starzutat eines Gerichtes sein, als auch dazu beitragen, die wahren Protagonisten zu ergänzen, zu umschmeicheln, zu erheben. So etwa bei dem Innereien-Gericht frit mallorquí oder dem Winterklassiker schlechthin, dem arròs brut, in dem ein paar Schnitze Artischocke immer ratsam sind.

Einfach dippen

Bevor wir uns ans Kochen, Braten und Backen machen, schauen wir uns die rohe Artischocke an – den meisten dürfte diese Methode des Konsums bekannt vorkommen. Wir entfernen die äußeren, etwas robusteren Blätter. Danach können wir Blatt für Blatt abnehmen, den unteren weißen Teil in eine Sauce nach Wahl dippen und abbeißen. Je mehr wir uns dem Herzen nähern, desto größer wird der weiße Teil, den wir dippen können – insbesondere wenn wir die lilafarbenen Artischocken genießen. Das Herz tunken wir dann auch noch hinein.

Zu der rohen Artischocke passt eine einfache Vinaigrette aus Olivenöl, Zitronensaft, Knoblauch, Salz und Pfeffer. Aber auch Mayonnaise oder Aioli eignen sich hervorragend für diesen Snack. Alternativ kann man die Artischocke natürlich auch als ganze kochen und dann mit einem Sößchen Blatt für Blatt verposemuckeln. Je nach Größe 20 bis 25 Minuten kochen. Das dann grünlich verfärbte Wasser dann bloß nicht wegkippen. Ihm werden Detox-Qualitäten nachgesagt.

Richtig vorbereiten

Aber die Artischocke bietet noch viel mehr Möglichkeiten. Das Herz kann in feine Streifen geschnitten, geviertelt oder auch als Rundstück genossen werden. Je nach Rezept kann es aber auch empfehlenswert sein, nur die äußeren Blätter zu entfernen und die Artischocke dann von oben nach unten in zwei Hälften zu schneiden. Der Stängel wird gerne weggeworfen, das ist aber eigentlich nicht notwendig. Es reicht, ihn zu schälen, dann kann auch er mitgegessen werden.

Mit der Zeit bekommt man auch ein Gefühl dafür, wie viel Blätter man wirklich außen entfernen oder oben an der Spitze abschneiden muss – tendenziell weniger, als man zunächst denken würde.

Wer die Artischocke sofort weiterverarbeitet, braucht nichts weiter zu beachten. Wer die geschnittene Artischocke aber noch ein wenig liegen lässt, etwa weil noch an- dere Zutaten vorbereitet werden müssen, sollte beachten: Das Fleisch verfärbt sich an der Luft schnell dunkel. Hier hilft es, die Artischocken-Schnitze und Herzen in eine Schale mit kaltem Wasser und Zitronensaft zu legen. Wem der Zitrusgeschmack dann zu stark ist, kann die Zitrone auch durch Petersilienzweige ersetzen.

Auch das ist eine Möglichkeit: gegrillte Artischocken. Foto: MFRG

Noch eins: Natürlich hat jeder unterschiedliche Vorlieben, aber Haare im Mund zu haben, ist selbst bei den schönsten Dingen nicht angenehm. So auch bei der Artischocke. Wenn diese nicht mehr ganz frisch ist, bilden sich in der Mitte des Herzens Härchen, die auch als Heu bezeichnet werden. Es ist ratsam, die Härchen mit einem Löffel herauszuschaben, bevor man das Fleisch ins Essen gibt, da sie sich sonst überall verteilen.

Und nun?

Das wohl beste mallorquinische Kochbuch „La cuina mallorquina“ von Biel Felip schlägt vor, die Artischockenherzen zu füllen und mit Mandelsauce zu garnieren. Die Herzen werden dafür von der Schale und Stängel befreit, ausgehöhlt und 30 Sekunden gekocht. Dann werden sie mit einer Mischung aus Hackfleisch, Tomate, Zwiebel, Knoblauch, Minze, Petersilie, Eiern, Milch, Mehl, Salz und Pfeffer gefüllt – alles klein gehackt, versteht sich. Die gefüllten Herzen werden in Ei und Paniermehl gewendet und kommen in die Pfanne. Die Sauce besteht dann aus Mandelmehl, Erbsen, Tomate, Zwiebel, Milch und Mehl. Sie wird reduziert und kommt vor dem Servieren auf die gefüllten Herzen.

So kompliziert muss man es sich aber nicht machen. Gewürfelte oder in Scheiben geschnittene Artischockenherzen im Ofen gebacken sind eine hervorragende Beilage. Ausreichend Olivenöl nicht vergessen. Sehr gut kommen die Artischocken auch in einem Risotto, insbesondere wenn man auch noch Garnelen hinzugibt. Rohe Artischockenscheiben machen sich auch in einem gemischten Salat exzellent.

Der italienische Koch Max Mariola bereitete kürzlich in einem seiner Online-Videos auch folgenden Snack als Alternative zu Kartoffelchips zu: Die dünn geschnittenen Artischocken (inklusive Stängel) mit Mehl bestäuben und in heißem Öl frittieren. Danach mit geriebenem Pecorino bestreuen und mit Minzeblättern verfeinern. Statt des Pecorino und der Minze lässt sich aber auch eine Sauce aus Gorgonzola und Tomaten drübergeben – das mag etwas deftiger sein, ist aber sehr exquisit.

Woran auch immer Sie sich probieren: Machen Sie es jetzt. Denn frische Artischocken gibt es tatsächlich nur in den kommenden Monaten. Möchten Sie ein Artischocken-Lieblings- rezept teilen? Schreiben Sie uns an patrick@mallorcazeitung.es!

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