Andere finanzieren sich von den Geldgeschenken zu ihrer Hochzeit die Feierlichkeiten, kaufen Möbel, Besteck und Co. Stefan Winterling und seine Frau Eva Maier Gómez steckten das Geld nach ihrer Eheschließung 2011 in eine Brennerei. Über 30.000 Euro hat alleine die maßgefertigte Destillerie gekostet. Vor genau zehn Jahren besuchten wir sie an ihrem ersten Standort im Industriegebiet in Llucmajor. Damals, im Sommer 2013, hatten sie gerade erst ihre Marke „Gin Eva“ auf den Markt gebracht. Seither hat sich einiges getan.
Da wären zunächst einmal die Räumlichkeiten. 2022 ist das Paar mit seinem Gin-Unternehmen von der 180-Quadratmeter-Brennerei in eine rund 800 Quadratmeter große Halle gezogen. „Die ‚Garage‘ hier ums Eck war viel zu klein. Es kam mir am Ende vor wie Tetris-Spielen. Zudem gab es keinen Raum für Verkostungen und auch keinen Parkplatz“, erzählt der Pfälzer Stefan Winterling, der aus einer Winzerfamilie stammt. Nun ließen sich die Produkte viel besser präsentieren. Der neue Standort befindet sich direkt am Eingang des Gewerbegebiets Son Noguera. Direkt gegenüber hält der Überlandbus (TIB).
Auch privat hat sich einiges getan. Damals war der erste Sohn der Gin-Macher, Alexander, knapp über ein Jahr alt. Mittlerweile ist er elf und hat mit der achtjährigen Julia eine kleine Schwester. Dass die Familie nun von der Gin-Produktion und dessen Verkauf leben kann, hat sie sich hart erarbeitet. Kennengelernt hatten sich Winterling und Maier Gómez 2006 während des Weinbau-Studiums an der Hochschule Geisenheim in Hessen.
„Wir haben eine klassische Erasmus-Beziehung“, erzählt Eva Maier Gómez, die dank des EU-Programms ein Jahr lang in Deutschland studierte. Eigentlich wollte sich das Paar danach in Maier Gómez’ Heimatstadt Barcelona niederlassen. „Mallorca hat mich damals null angemacht“, gibt Winterling zu. In einer Fachzeitschrift sah er aber, dass das Weingut Can Vidalet in Pollença einen Winzer suchte. Also ging es 2008 doch auf die Insel.
Der erste Versuch schlug fehl
Ein Jahr später schlug ein Arbeitskollege vor, auch Gin zu brennen. Der Besitzer der Bodega installierte eine Brennerei. Eine experimentierfreudige Zeit begann. Noch im selben Jahr brannte das Weingut den laut Winterling ersten mallorquinischen Gin. Besonders gut geschmeckt habe ihm die erste Kreation nicht, gibt der heute 41-Jährige zu. Der Weinbauer aber sah eine große Nachfrage und entdeckte auch schnell die Vorzüge des Herstellungsprozesses: „Wein zu machen, bedeutet viel Blut und Schweiß. Ein ganzes Jahr lang arbeitet man hart für das Ergebnis. Beim Gin-Machen ist der Prozess direkter. Man kann etwa die Rezeptur ähnlich wie beim Kochen leicht ändern.“
Als Maier Gómez und Winterling 2011 gemeinsam zur Bodega Son Campaner bei Binissalem wechselten, gründeten sie nebenbei Gin Eva. Nach elf Monaten Lieferzeit kam ihre erste Brennanlage an. Dann galt es erst noch, alle Brandschutzauflagen zu erfüllen und die Genehmigungen vom Zoll zu bekommen. „Es war sehr schwer, ein dafür passendes Lokal mit Abflüssen im Boden zu finden“, erinnert sich Winterling. Im ersten Jahr brannte das Paar gerade einmal eine Palette Gin, den sie nach Deutschland verkauften.
Hilfe beim Export
Auf der Insel genug abzusetzen, um davon leben zu können, war doch schwieriger als gedacht. Mit dem Export half dem Paar viele Jahre lang die Firma Antonio Nadal, die auch den Mallorca-Kräuterlikör Túnel vertreibt. „Seit 2016 machen wir keinen Wein und konzentrieren uns ganz auf den Gin“ , sagt Winterling. Dass das Geschäft läuft, haben sie auch ihrem Partner Ulrich Spindler zu verdanken, der 2021 mit ins Geschäft einstieg. Neben dem Paar gibt es nur einen weiteren Mitarbeiter.
Sechs Mal Gin von hier
Das Erfolgsrezept von Gin Eva: Der Gin ist regional geprägt. Die Zutaten, die man im Fachjargon botanicals nennt, stammen zum Großteil von der Insel – die Zitrusfrüchte und Oliven sind aus Sóller, das Johannisbrot aus Llucmajor, die Kräuter wie Thymian von der Finca Fartàritx bei Pollença. „Unsere Gins sind zudem klar definiert. Wir verwenden lieber jeweils weniger Zutaten, dafür kann man diese aber gut herausschmecken“, erklärt Winterling. Mittlerweile gibt es sechs verschiedene Sorten. Noch ganz neu ist s’Horabaixa: Hier spielt der Thymian die erste Geige. Bei der Sorte „La Mallorquina“ aus den gleichnamigen Oliven scheiden sich hingegen die Geister, weiß Winterling. „Entweder die Kunden mögen ihn – oder nicht“, so der 41-Jährige.
Neu: Gin-Proben
Dank der neuen Räumlichkeiten bietet das Paar nun auch Gin-Proben an. „Ein Mal pro Woche gibt es eine offene Gruppe, zu der man sich als Einzelperson für 55 Euro hinzu buchen kann“, so Winterling. Bevor die Teilnehmer alle sechs Gin-Sorten kosten, können sie bei einem Aromen-Spiel noch ihre Sinne schärfen. Ob Rosmarin, Limette oder Oliven: In über 20 Gläschen befindet sich jeweils Gin mit einer anderen dominierenden Zutat. Frauen hätten dabei oft den besseren Riecher, sagt Winterling. „Und immer wieder gibt es auch eine Person, die alle Zutaten richtig erkennt.“ Am Ende der Gin-Probe erklärt er den Teilnehmern noch, wie man mit seinem Gin einen Cocktail mixt. Die Verkostungen sind auch für kleinere Gruppen oder Pärchen (89 Euro pro Person) buchbar. Wer nicht gleich eine ganze Probe machen will, kann jederzeit zu den Öffnungszeiten vorbeikommen.
Auch Likörlinie
Sie sei anfangs ein wenig skeptisch gewesen, ob das mit dem Gin wirklich Erfolg versprechend sei, räumt Eva Maier Gómez ein. Ihr Mann aber entwickelt immer neue Ideen. Zum Gin kam auch noch Orangen-, Kräuter- und Bitterlikör sowie Limoncello hinzu. „Jetzt möchte ich noch eine Eventküche einbauen lassen und dann einen Koch einladen. Trinken und Essen gehören einfach zusammen“, sprudelt es beim MZ-Besuch aus Winterling heraus. Eva Maier Gómez grinst.
Gin Eva kosten und kaufen:
Gin Eva, C/. Marroig, 6a, Llucmajor, Mo.–Fr. 10–16 Uhr, IG: ginevamallorca, FB: GIN EVA Mallorca, erhältlich u. a. bei Carrefour, Agromart, in den Flor-de-Sal-Läden, Preis (0,5–0,7, Liter): 34,90–49,90 Euro