Mallorca Zeitung

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2.000 Jahre Mallorca-Hype: Früher nutzten die Urlauber Schwerter, heute Visakarten

Dass Fremde auf der Insel einfallen, ist nicht neu. Im Gegenteil. Teil I einer Serie über die „seltsamen Touris“ vor unserer Zeit, humorvoll aufgeschrieben von dem mallorquinischen Journalisten Joan Riera

Die Mallorca-Urlauber vor 2.000 Jahren waren noch anders gekleidet DM

Seit den 1960er-Jahren strömen die Touristen nach Mallorca. Das wird zumindest allgemein behauptet. Die Touris kommen in riesigen Boeing- oder Airbus-Maschinen auf einem überlasteten Flughafen an. Oder in superluxuriösen Privatjets. Sie legen an Bord großer Schiffe mit 5.000 Passagieren an. Oder auf Yachten aus Ebenholz.

Sie übernachten in Lagern, die wir Ferienorte nennen. Dort hausen sie in großen Zelten, die gemeinhin als Hotels bezeichnet werden und in denen sie gewöhnlich nach Nationalität oder Vermögen verteilt sind. Auf der einen Seite diejenigen, die Kohle in Hülle und Fülle haben. Auf der anderen jene, für die der Reichtum nur begrenzt ist. Im einen Hotel logieren die Söhne Großbritanniens. Im anderen die Sauerkrautfresser. Kaum haben sie das Land betreten, dringen sie an die Strände vor und erobern die Straßen der Städte. Manchmal breiten sie ihre Tentakel auch ins Landesinnere aus. Dort drängen sie sich in den Tavernen und kriegen den Hals nicht voll vor lauter Bier. Sie füllen die Lokale, um ihren Hunger zu stillen.

Die anderen Ankömmlinge

Jene, die mit kleinen Booten aus Algerien ankommen, sind keine Touristen. Nein, ihrer Fahrt um die Insel Cabrera fehlt der aristokratische Glanz. Sie versuchen einfach zu überleben. Streben nicht danach, Garnelen in der Sommersonne zu verspeisen oder Wanderungen in der Serra de Tramuntana zu unternehmen. Sie scheren sich einen Dreck um unsere Denkmäler. In ihren Taschen gibt es keine goldene Visakarte, mit der sie ein Menü aus Gänseleber mit Portweinreduktion und karamellisierten Zwiebeln in Sesamöl bezahlen können. Sie haben nicht mal eine Handvoll Euro, um sich eine einfache Pizza Margherita zu leisten.

Einwanderer sind keine Touristen, und ebenso wenig begann das Phänomen des Tourismus erst vor ein paar Jahrzehnten. In dieser Sommerserie soll auf humorvolle Weise bewiesen werden, dass der Ursprung des Tourismus auf Mallorca genau 2.146 Jahre zurückliegt. Im Jahr 123 v. Chr. kam eine Gruppe Römer mit einem Führer namens Quintus Caecilius Metellus an. Sie wurden sicherlich nicht mit Ball de Bot und einem Gläschen herbes dolces empfangen, die Mallorquiner von damals hatten die wirtschaftlichen Möglichkeiten der heutigen Zeit noch nicht für sich entdeckt.

Visakarten statt Schwerter

Hier liegt der große Unterschied. Vor dem 20. Jahrhundert wurden die Touristen mit Steinen begrüßt – in der Zeit der Schleuderer – oder mit Pfeilen – nach der Zeitenwende. Die Einheimischen der Vergangenheit befürchteten, dass die Besucher kommen würden, um mit Blut und Feuer Güter und Land an sich zu reißen. Mit gutem Grund, möchte ich hinzufügen. So ist es auch heute noch. Sie nehmen sich alles, aber statt Speeren und Schwertern nutzen sie Visakarten und Devisen.

Heute lassen sich die Besucher in ihren gemieteten Fuhrwerken mit Reiseführern in die paradiesische Bucht Caló des Moro locken, bloß um festzustellen, dass die Warteliste dort länger ist als die der Seguridad Social. Oder dass der Verzehr einer Lammschulter in Es Verger den Mut eines Toreros erfordert, weil man erst einmal die Kurven hoch zum Castell d’Alaró bewältigen muss.

Schriftliche Eindrücke

Doch die „seltsamen Touris“ haben schon in der Vergangenheit oft schriftliche Eindrücke von der Insel und ihren Bewohnern hinterlassen. Einige haben dazu nicht einmal selbst einen Fuß auf die Insel gesetzt. Wenn uns jemand Geschichten über die Insel erzählt und die Landschaften beschreibt, braucht es nur ein Quäntchen Fantasie, um daraus einen Reiseführer zu machen und der Nachwelt zu hinterlassen. Genau das hat Mohammed Ibn Abi Bakr al-Zuhri getan. In dieser Reihe wird auch von Quintus Caecilius Metellus Balearicus die Rede sein, von Isam Al Jawlani, Jaume I. und den Verfassern seiner Chronik über die Eroberung Mallorcas, von Ramon Berenguer III., dem unbekannten Verfasser des „Liber maiolichinus“, von Sigurd I. von Norwegen ...

Sie alle waren „seltsame Touris“, die sich zu irgendeinem Zeitpunkt in die Insel verliebten. Kaum je wegen ihrer Buchten, ihrer unberührten Strände oder der wilden Schönheit der Serra de Tramuntana. Der überwiegenden Mehrheit ging es um dasselbe: den mallorquinischen Piraten ein Ende zu setzen. Und sie bezogen sich dabei nicht auf das Spektakel von Magaluf.

Wir werden in dieser Serie versuchen, uns diesen Besuchern anzunähern. Sie kamen mit Schwertern und Speeren bewaffnet. Keine Spur von Kameras und Badeschlappen mit Socken. Sie gingen von Bord, um zu kämpfen – und blieben doch häufig. Sie verließen die Insel erst, als die Ankunft anderer „seltsamer Touristen“ sie dazu zwang, zu verschwinden. Wenn ihnen zuvor nicht schon die Kehle durchgeschnitten worden war ...

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