Mallorca Zeitung

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Abgeschieden von der Außenwelt über Jahrhunderte: Einlass im Königspalast von Sineu

Erstmals öffnet das Bistum den Palau Reial für monatliche Führungen. Schnell stellt sich heraus: Nicht die weltlichen Herrscher, sondern die Dienerinnen Gottes haben dem gewaltigen Bau ihren Stempel aufgedrückt

Der Palau Reial von oben. Bistum

„Den Königspalast werdet ihr leider nicht zu sehen bekommen“, stellt Xisco Vicens klar, „der Palau Reial existiert nicht.“ Die Worte des Bischofsvikars zu Beginn der Führung sind historische Klarstellung und dramaturgischer Effekt gleichermaßen. Da wird man endlich in den denkmalgeschützten Komplex vorgelassen, der so lange für die Öffentlichkeit verschlossen war, und dann gibt es nichts von jenem mittelalterlichen Palast zu sehen, den einst Mallorcas König Jaume II. errichten ließ, damals zu Beginn des 14. Jahrhunderts, als die Insel ein eigenständiges Königreich war?

Das Problem: Jenes Königreich Mallorca war von kurzer Dauer. Das Erbe von Erobererkönig Jaume I. wurde aufgeteilt, das Machtzentrum verlagerte sich innerhalb der Krone von Aragonien aufs Festland. Und bereits 1583, als König Felip I. den Komplex mangels Eigenbedarfs dem Orden der Konzeptionistinnen überließ, war von dem Palast nicht mehr allzu viel übrig. „Ein halber Turm und ein Haufen Steine“, präzisiert Vicens.

Sandra Rebassa erklärt die Konservierungsarbeit. Frank Feldmeier

450 Jahre Konventsgeschichte

Es sind einzelne architektonische Elemente, die sich noch dem Palau Reial zuordnen lassen, einem von damals fünf königlichen Residenzen auf Mallorca. Der Vikar zeigt bei der rund zweistündigen Führung, die treppauf und treppab durch den Komplex führt, das Eingangstor, in die Wände eingelassene Bögen, auch Kragsimsen, auf denen die Stockwerke des Turms ruhten. Ansonsten geht es beim Rundgang sowie in den mallorquinischen Texten der Infotafeln, die das Bistum aufgestellt hat, um die nicht weniger spannende Klostergeschichte. Was sind schon ein paar Jahrzehnte Königspalast im Vergleich zu knapp 450 Jahren Konventsgeschichte, die erst mit dem Auszug der letzten verbliebenen, hochbetagten Nonne 2016 enden sollte?

Blick in den gerade verregneten Klostergarten. | Frank Feldmeier

„Wir gehen hier vor wie bei einer Ausgrabungsstätte“, erklärt Sandra Rebassa, Vikarin für Kulturerbe im Bistum, die zusammen mit Vicens die Gruppe führt. Und dabei sei jeder Alltagsgegenstand, sein Zustand und sein Aufbewahrungsort relevant. Bei der mehrstufigen Inventur geht es weniger um das architektonische als das ethnografische Erbe, darum, wie die geistlichen Frauen über die Jahrhunderte hinweg lebten und wirkten, sowie auch darum, das Erbe dieser hermetisch abgeschlossenen Welt Besuchern nahezubringen.

Rebassa erklärt am Beispiel eines Korbs, der in der Mitte des Raums auf dem Tisch steht, wie die Nonnen alles zu flicken und wiederzuverwenden wussten. Und auch, wenn sie keinen persönlichen Besitz hatten, markierten sie verwendete Utensilien mit Codes. Solche fanden die Restauratoren auf Geschirr aus dem 17. Jahrhundert genauso wie auf einem Mayonnaise-Becher aus Plastik.

Die Welt der Frauen

Es ist ein fast schon feministisches Bild, das das Bistum vom Klosterleben zeichnet: Bis zu drei Dutzend Frauen, die ihre Gemeinschaft in einer Art Minidemokratie selbst verwalteten, mit Handwerks- und Backarbeiten ihr Auskommen sicherstellten und dabei keinerlei externen, männlichen Entscheidungen ausgesetzt waren. Auch wenn sie niemals das Kloster verließen, seien sie vom Leben draußen ausreichend informiert gewesen, erklärt der Vikar, in Pulli und Turnschuhen, aber am Priesterkragen als Geistlicher zu erkennen.

Wappen über dem Eingangstor. | Frank Feldmeier

Glänzende Farben im Refektorium

Ins Stutzen kommen die Besucher beim Betreten des Refektoriums. An der Stirnseite des Speisesaals erstrahlt in leuchtenden Farben ein Gemälde vom letzten Abendmahl. Frisch restauriert? Nein, frisch gemalt wohl in den 1970er-Jahren, auf den Resten eines früheren Wandgemäldes. Die Nonnen sahen ihr Kloster schließlich nicht als Museum, sondern als Stätte religiösen Lebens. „Heute wäre der Auftrag für ein solches Wandbild an diesem Ort natürlich undenkbar“, meint Rebassa.

Aber klar ist auch: Das Kloster spiegelt keinen konkreten historischen Moment wider, sondern die Summe aller Elemente, die in den vergangenen Jahrhunderten dazukamen und sich vermengten. Sandra Rebassa: „So wie wir für die jetzigen Führungen in das historische Ensemble eingreifen, so wird es auch Veränderungen geben, wenn in Zukunft hoffentlich wieder eine Ordensgemeinschaft einzieht.“

 INFORMATION 

  • Hinter Klostermauern
  • Führungen jeden zweiten Samstag im Monat 
  • um 10 und 12 Uhr nach vorheriger Anmeldung 
  • Tel.: 971-21 31 00, maioricasacra.org
  • E-Mail: patrimoni@bisbatdemallorca.org 
  • Katalanisch, bei Bedarf auf Spanisch. 
  • Kostenlos, aber die Plätze sind schnell vergriffen – Einschreibung erste Monatswoche, das nächste Mal Anfang Mai (aktuelle Infos unter @maioricasacra). 

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