Wenn es auf Mallorca windet und stürmt, ist der gefährlichste Ort mitunter der Arbeitsplatz. Bei dem Unwetter am 4. Oktober 2007 starb ein Wachmann, dessen notdürftig gezimmerter Verschlag auf der Baustelle von der Wucht des Sturmes einfach weggeweht wurde. Und nun hat in Cala Ratjada der dreistöckige Anbau des Hotels Son Moll vier Bauarbeiter unter sich begraben. Nach ersten Erkenntnissen hat das Dach des Anbaus den Wassermassen nicht mehr standgehalten. Die Hotelbesitzer besaßen für die Umbauarbeiten keine Baugenehmigung. Die Gemeindeverwaltung von Capdepera hatte sie mehrfach darauf aufmerksam gemacht, unternahm jedoch nichts, um die Arbeiten zu unterbinden. Schwer zu sagen, was schlimmer ist: die Unverantwortlichkeit des Bauträgers oder das Laisser-faire des Rathauses.

Darüber hinaus zeigt das Unglück in Capdepera erneut, wie schlecht es hierzulande um die Arbeitssicherheit steht. In kaum einem anderen Land Europas gibt es so viele Unfälle. Im vergangenen Jahr starben 844 Arbeiter und Angestellte an ihrem Arbeitsplatz, 282 von ihnen in der Bauwirtschaft. Fehlende Schutzkleidung, wackelige Gerüste, ungesicherte Hocharbeiten - die von den Gewerkschaften immer wieder vorgetragenen und auf jeder zweiten Baustelle zu begutachtende Mängelliste ist lang. Besonders auf dem Festland hat die intensive Bautätigkeit das Ihre zu den hohen Unfallzahlen beigetragen - überdurchschnittlich betroffen sind Andalusien und die Region Valencia. Das Problem ist seit Jahren bekannt, es gibt Debatten, Arbeitsgruppen, Ausschüsse. Und es ist nicht so, dass das nichts bewirkt hätte. Über die Jahre hinweg sind die Unfallzahlen durchaus gesunken. Dennoch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass im Vergleich zu Reizthemen wie Verkehrssicherheit und häusliche Gewalt der Sicherheit am Arbeitsplatz viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Den Bauarbeitern fehlt es wohl an einer öffentlichkeitswirksamen Lobby.