34 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen erwartet Palma im September laut den Angaben der Hafenbehörde – gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 100 Prozent, im Vergleich mit einem Sommermonat vor der Pandemie jedoch weiterhin ein recht geringes Niveau. Im Unterschied zu dem zögerlichen Neustart seit Juni kommt damit allerdings im September rechnerisch erstmals wieder mehr als ein Schiff täglich, und auch die Vielfalt von Schiffen, Reedereien und Konzepten, die Palma in die Routenplanung mit aufnehmen, nimmt stark zu. So erwarten wir neben den neuen, alten Stammgästen aus der Kussmund- (Aida) und Wohlfühlflotte (Tui Cruises) sowie dem umweltfreundlicheren LNG-Schiff „Costa Smeralda“ auch das wiederholt als weltweit Nummer eins bewertete Schiff – die luxuriöse „MS Europa 2“ von Hapag Lloyd Cruises.

Der September bringt zudem wieder regelmäßige Anläufe der gigantischen US-amerikanischen Resortschiffe „Harmony of the Seas“, „Norwegian Epic“ und „Norwegian Getaway“. Auch das exklusive Residenzschiff „The World“, ebenfalls erst seit Juli wieder mit seinen Bewohnern auf See, läuft Palma in diesem Monat an. Wie viele der Eigentümer der schwimmenden Apartments dann tatsächlich an Bord sein werden, ist allerdings unklar. Bei den echten Kreuzfahrern liegt die Auslastung aktuell deutlich unter den Bestwerten vergangener Zeiten. Geschuldet ist dieser Umstand sowohl den Sicherheitskonzepten der Reedereien, behördlichen Auflagen zur Kabinenbelegung und den vielen, teils unübersichtlichen und ständig wechselnden Regelungen zu Impfungen, Reisebeschränkungen und Hygienevorschriften an Bord, als natürlich auch der noch vorhandenen Skepsis vieler Kunden. Folgerichtig können derzeit auch für Reisen ab Palma beachtliche Schnäppchen gefunden werden.

Stargast des Monats in Palma ist die „Sea Spirit“. Wie die MZ berichtete, wird der Großsegler hier am 3. September von der spanischen Infantin Elena getauft. Schon vor der offiziellen Indienststellung und der Jungfernreise hat zumindest der Rumpf des dritten Schiffes des Hamburger Anbieters Sea Cloud eine lange und wechselvolle Geschichte. Bereits 2008 wurde dieser als Sea Cloud Hussar auf Kiel gelegt. Kurz vor Fertigstellung des Kaskos kam dem Projekt jedoch die Insolvenz der damaligen Werft in Nordspanien dazwischen. Erst viele Jahre später gelang der Neustart des Projektes, das sich wiederum wegen der Pandemie zwei Jahre verzögerte.

Spannend ist auch das Konzept, mit dem die „Sea Cloud Spirit“ zahlungskräftige Passagiere begeistern möchte. An Bord verbindet sich der Charakter einer Privatyacht mit den Merkmalen eines Kreuzfahrtschiffes der Luxus-Klasse. Ein ansehnlicher Teil der 69 Kabinen einschließlich der drei Eigner-Suiten verfügt über einen eigenen Balkon – für ein Segelschiff eine echte Innovation. Zu den weiteren Besonderheiten des Schiffes zählen der ausgedehnte Fitnessbereich mit Meerblick sowie ein Spa- und Wellnessbereich mit finnischer Sauna und Dampfbad sowie zwei Räumen für Massagen.

Wie schon die beiden anderen Sea Clouds ist die „Sea Cloud Spirit“ ein traditionell gesegelter Windjammer, dessen Takelage dem Vorbild der schnellen Handelsschiffe des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts folgt. Der Hauptantrieb des Neubaus besteht aus 4.100 Quadratmeter Segelfläche, die das Schiff unter optimalen Windbedingungen mit bis zu 12 Knoten (ca. 22 km/h) über die Ozeane treiben. Zusätzlich verfügt der Dreimaster für den Fall einer Flaute über einen effizienten und abgasarmen dieselelektrischen Antrieb mit einer Gesamtleistung von 3.400 Kilowatt. Das Schiff hat 85 Besatzungsmitglieder.

Mit der bewusst klein gehaltenen Passagierkapazität von 136 Betten, dem umweltfreundlichen Antrieb und dem auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Reiseprogramm ist die „Sea Cloud Spirit“ als Alternative zu konventionellen Kreuzfahrtschiffen konzipiert.

Angesichts der wachsenden Debatte um den Massenbetrieb auf den Weltmeeren und vor dem Hintergrund der gravierenden Auswirkungen von Corona auf die Kreuzfahrtbranche wirkt dieses Prinzip des „klein und fein“ durchaus chancenreich. Zumindest in Palma dürfte es deutlich weniger Gegenwind bekommen, als klassische Kreuzfahrer ihn in den vergangenen Jahren häufiger erfuhren.

Der Autor Jörg A. Boeckmann ist Geschäftsführer von Vacation at Sea. Infos und Buchungen unter kreuzfahrten-ab-palma.es/?ibo=MZ.