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Sonia Ledesma startet mit Daniel Albero, der schon vier Mal im Motorrad und im Geländewagen bei der Rallye Dakar mitfuhr. | FOTO: PRIVAT

Kampf der Langeweile: Warum eine Rennfahrerin von Mallorca sich der Gefahr der Rallye Dakar stellt

Sonia Ledesma ist die Mallorquinerin, die bei dem Wüstenrennen mitfährt. Mit dem Trip überwindet sie eine Lebenskrise

„If life gets boring, risk it!“ (Wenn das Leben dich langweilt, setz es aufs Spiel), soll das Motto von Thierry Sabine gewesen sein. Der französische Rennfahrer hat die Rallye Dakar erfunden. Der Spruch passt gut zu Sonia Ledesma. „Ich hatte Freunde, Familie, einen guten Job und war gesund. Dennoch war ich nicht glücklich und irgendetwas fehlte. Es war wie eine existenzielle Krise“, erzählt die 32-jährige aus Palma der MZ. Dieses Verlangen nach mehr Nervenkitzel sollte der Motorsport füllen. Ledesma ist die erste Mallorquinerin, die ab Samstag (31.12.) bei dem berühmten Wüstenrennen mitfährt.

Sonia Ledesma hat im Motorsport ihre Erfüllung gefunden. | FOTO: RAMON

„Ich war schon immer von Autos begeistert und habe Rennen angeschaut“, sagt die ausgebildete Logopädin. Eine Italien-Reise 2017 führte sie nach Imola, wo der Große Preis von San Marino in der Formel 1 ausgetragen wird. „Allein die Rennstrecke zu sehen, hat mir gereicht, um festzustellen, dass das mein Lebensinhalt sein soll.“ Nach den Ferien bewarb sich Ledesma beim spanischen Motorsportverband – und hatte Glück. Obwohl sie keinerlei Rennerfahrung hatte, wählte der Verband sie für einen dreitägigen Crashkurs aus. „Der Rennsport war lange Zeit eine Männerdomäne. Das muss sich ändern“, findet Ledesma.

Das Auto des Schwiegervaters umfunktioniert

Gemeinsam mit ihrem Freund Francisco Rodríguez startete sie in ihrem neuen Hobby durch. „Ich konnte meinen Schwiegervater überzeugen, uns seinen Geländewagen zu borgen.“ Mit dem 17 Jahre alten Auto, dass bislang nur zum Einkaufen und zu Arztterminen gefahren war, meldete sich das Paar bei einer Rallye an. „Mein Schwiegervater hat zwar theatralisch die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wir haben ihm das Auto aber besser als zuvor zurückgegeben.“

Es liegt mir einfach. Für den Job muss man schnell denken können.

Das Paar machte sich schnell einen Namen in der Szene und gewann 2019 die spanische Meisterschaft. Dadurch entstanden Kontakte zu Daniel Albero. Der Rennfahrer aus Valencia ist bereits vier Mal die Rallye Dakar gefahren. „Wir trafen uns bei einer Motorsportmesse im vergangenen Juni. Er war auf der Suche nach einem neuen Co-Piloten.“ Die Wahl fiel auf Ledesma, die lieber den Beifahrer gibt. „Es liegt mir einfach. Für den Job muss man schnell denken können“, sagt Ledesma. Das Angebot kam zudem gelegen, da die Rallyes kostspielig sind. „Mit meinem Freund konnte ich kaum Sponsoren finden. Als Beifahrerin werde ich vom Piloten eingeladen.“

Keine Angst vor Terrorangriffen

So musste die 32-Jährige nicht lange grübeln. „Es ist einer dieser Träume, von denen man denkt, dass sie nie in Erfüllung gehen“, sagt sie über die Rallye Dakar. Ihre Familie ist eher skeptisch. „Sie sehen nur die Gefahren.“ Mehr als 70 Menschen haben bei den bislang 43 Ausgaben der Rallye ihr Leben verloren. In den vergangenen Jahren rückte das Rennen zudem mehrfach ins Visier von Terroristen. Zuerst 2008, als die Rallye in Afrika wegen eines angedrohten Anschlags abgesagt wurde. Im Anschluss zog das Event nach Südamerika. Seit 2020 wird es in Saudi-Arabien ausgetragen. Beim Rennen vor einem Jahr kam es zu zwei Explosionen. Die Ermittler sind sich zwar nicht sicher, ob es sich um Terroranschläge handelte, das französische Außenministerium hat dennoch eine Reisewarnung ausgegeben und für eine Absage der nun startenden Rallye plädiert.

Das etwas andere Navigationssystem

Ledesma aber macht sich darüber keine Sorgen. Mehr beschäftigt sie der zu erwartende Schlafmangel. „Wenn es gut läuft, kann ich nachts fünf Stunden die Augen zumachen. Dabei bin ich eine totale Schlafmütze.“ Gegen 4 Uhr morgens starten die 14 Etappen. Gut zwölf Stunden wird dann durchgefahren. Albero und Ledesma nehmen in der sogenannten Gleichmäßigkeitsprüfung teil. Hier geht es nicht nur um Geschwindigkeit, sondern darum, eine Strecke in einer vorgegebenen Zeit abzufahren. Die Aufgabe der Mallorquinerin wird sein, die Uhr und den Kompass im Blick zu behalten. Denn die Fahrbahn ist nur grob vorgegeben. Der Routenplaner schreibt die Himmelsrichtung und die Kilometerzahl vor. „Das sind Anweisungen wie: Biegen Sie hinter dem Baum ab. Oder: Fahren Sie durch die Dünen.“ Die Gefahr, sich zu verirren, sei groß, da die Dünen wandern.

Man weiß nie, was einem nach dem Gipfel erwartet. Es ist möglich, dass es auf der anderen Seite steil bergab geht.

Die Sandhügel sind auch sonst tückisch. „Man weiß nie, was einem nach dem Gipfel erwartet. Es ist möglich, dass es auf der anderen Seite steil bergab geht“, sagt Ledesma. Oben stehen bleiben und schauen, sei aber auch keine gute Idee. „Dann bleibt man stecken und muss das Auto freigraben.“ Um das zu verhindern, sei Erfahrung gefragt. „Ich vertraue meinem Teampartner blind. Er kennt die Bewegungen der Dünen.“

Jedes Mal beim Aussteigen umarmen

Um dieses Vertrauen noch zu stärken, haben die beiden ihre Teamarbeit trainiert. „Uns ist klar, dass es kritische Momente im Auto geben wird, in denen wir uns anschreien. Wir haben abgemacht, dass wir uns jedes Mal beim Aussteigen umarmen. Was im Wagen passiert, bleibt dann dort.“

Das Ziel der Spanier ist, einfach nur anzukommen. „Einen Mechaniker können wir uns nicht leisten. Wenn das Auto einen Defekt hat, müssen wir uns behelfen können“, sagt die 32-Jährige. Das sei ein Nachteil gegenüber den anderen Teams. „Ich habe sechs Monate intensiv auf dieses Rennen hingearbeitet. Da will ich nicht, dass ein kleines mechanisches Teil zu unserem Aus führt“, sagt sie. Denn dann wäre das neu gefundene Glück vielleicht schon wieder gefährdet.

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