Mallorca Zeitung

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König Felipe verleiht einer Akademie für eine "Fantasiesprache" auf Mallorca einen royalen Titel

Die Acadèmi de sa llengo baléà darf nun offiziell den Titel real ihrem Namen voranstellen. Auf Mallorca sorgt das nicht nur für Begeisterung

Das vom König unterzeichnete Dokument. DM

Es ist eine Entscheidung, die den Sprachenstreit auf Mallorca nicht zähmen dürfte: Spaniens König Felipe VI. hat der Acadèmi de sa llengo baléà (Akademie für die balearische Sprache) den Titel real verliehen. Fortan darf sich diese Einrichtung als königliche Akademie bezeichnen.

Die Einrichtung existiert seit 1992 und vertritt eine besonders bei rechtsextremen und anti-katalanischen Gruppierungen verbreitete These, dass die Sprache, die auf Mallorca und den Nachbarinseln gesprochen wird, wenig mit dem Katalanischen zu tun hat. Die Vereinigung befürwortet eine eigene Rechtschreibung und Grammatik, die sich deutlich vom Standardkatalanisch unterscheidet. Sie basiert auf einem Buch aus dem 19. Jahrhundert, in dem der einstige Bürgermeister von Binissalem, Juan Pep Amengual, eine eigene Schreibweise propagiert.

Die Entscheidung des Königs stößt auf Mallorca auf ein geteiltes Echo. Der linke Politiker Lluís Apesteguia bedauerte auf Twitter, dass man einer solchen "Splittergruppe" eine Plattform gebe, die "Unkultur und die Leugnung wissenschaftlicher Erkenntnisse" fördere. Vom rechtsextremen Politiker Jorge Campos (Vox), der ein prominenter Verfechter der Unterscheidung der Sprachen ist, aber selbst in der Öffentlichkeit nie "Balearisch" oder Mallorquinisch spricht, gab es derweil Glückwünsche für die Akademie.

Katalanisch in der Verwaltung

Katalanisch ist seit dem Autonomiestatut der Balearen von 1983 neben dem Spanischen die kooffizielle Amtssprache. 1986 verabschiedete das Balearen-Parlament zudem mit einem breiten, von der konservativen Volkspartei (PP) mitgetragenen Konsens das Gesetz zur „Normalisierung" der Sprache. Es macht die Förderung des Katalanischen zur Aufgabe der Regionalregierung.

Die sprachwissenschaftliche Perspektive

Tatsächlich ist die These, dass Mallorquinisch und Katalanisch unterschiedliche Sprachen sind und nicht Dialekt und Hauptsprache, sprachwissenschaftlich umstritten. Dass auf Mallorca das Wort mallorquí oft als Synonym für Katalanisch verwendet wird, macht das Verständnis der Sachlage nicht einfacher.

Prinzipell aber gilt, dass die Sprachwissenschaft zwei Dialektgruppen unterscheidet: West- und Ostkatalanisch. Die Grenze zwischen den Dialekten verläuft durchs Festland. Das Westkatalanische wird in etwa zwischen Andorra im Norden und Murcia im Süden. Der Rest des Sprachraums, also der östliche Teil von Katalonien sowie die Balearen und der südöstliche Teil Frankreichs, wird dem Ostkatalanischen zugerechnet.

„Das überrascht zunächst, weil man denkt: Das sind doch viel mehr Dialekte", erklärte Johannes Kabatek, Professor für romanische Philologie an der Universität Zürich, 2019 im MZ-Interview. „Das Hauptkriterium zur Einteilung ist der sogenannte Vokalismus. Im Ostkatalanischen, also auch im Mallorquinischen, sind die unbetonten Vokale neutralisiert." Das heißt, das man bei unbetonten Vokalen nicht zwischen a und e unterscheiden kann, sondern dass man an der Stelle eine Art dumpfen „ä"-Laut spricht. Ein Beispiel ist der Ortsname Peguera, der teilweise Paguera geschrieben wird - was an der Aussprache nichts ändert. Die Vereinheitlichung der Schriftsprache erfolgte Anfang des 20. Jahrhunderts durch den Philologen Pompeu Fabra.

Der Vergleich mit den deutschen Dialekten

Aus deutscher Perspektive neigt man schnell dazu, die Sachlage mit den unterschiedlichen deutschen Dialekten zu vergleichen. Doch dies sei kompliziert, sagte Kabatek im MZ-Interview. „Jeder Fall ist einzigartig." Der gebürtige Schwabe führte das Beispiel seiner Wahlheimat Zürich an. „Hier ist das Schweizerdeutsch die allgemein gesprochene Sprache. Natürlich könnte man es auch problemlos als Schrift- oder Bildungssprache einführen. Aber die Leute sehen hier einen Vorteil darin, Schriftdeutsch als Standardsprache zu verwenden und nicht ein Schrift-Schweizerdeutsch."

Das lasse jedoch keine Schlüsse über die Situation in den katalanischsprachigen Gebieten zu. Ob etwa Mallorquinisch eine eigene Sprache oder doch ein Dialekt ist, sei laut Kabatek keine sprachwissenschaftliche, sondern eine politische Frage.

Insofern muss man die Entscheidung Felipes, die Akademie anzuerkennen, vor allem als das verstehen: Als politischen Segen für eine von rechtspopulistischen Kräften verbreitete Sprachtheorie.

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