In Sachen Korruption hat Mallorca in den vergangenen Jahren so einiges gesehen - neue Enthüllungen, Festnahmen, Gerichtsurteile und Hafteinweisungen nehmen viele Einheimische wie ausländische Residenten inzwischen ohne große Aufregung zur Kenntnis. Die Aufarbeitung ist mühsam, ein Großteil der Fälle kompliziert, man verliert die Übersicht.

Mit dem jetzt in der Gemeinde Calvià ausgebrochenen Korruptionsskandal rund um die Vergnügungsmeile Magaluf ist jedoch eine andere Dimension erreicht. Fanden bisherige Fälle von Vetternwirtschaft und Machtmissbrauch vor allem an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik statt, wo einflussreiche Unternehmer und pragmatische Volksvertreter meist mit Hilfe manipulierter Ausschreibungen zueinander fanden, fällt nun ein Schlaglicht auf die Schnittstelle zwischen Polizei und Vergnügungsbranche. Auch hier gibt es mächtige Unternehmer, die viel zu gewinnen und viel zu verlieren haben. Die Ortspolizisten sind im ständigen Kontakt mit dieser Branche und ihren mächtigen Hotspots in Magaluf oder an der Playa de Palma. Die jetzigen, bislang noch nicht bewiesenen Informationen deuten einen Sumpf an, dessen Untiefen erst noch ausgelotet werden müssen.

Diese neue Dimension ist auch deswegen gefährlich, da mit den Vorwürfen gegen Vertreter der Polizei die Hüter des Gesetzes selbst ins Zwielicht geraten. Es droht ein noch weitgehender Vertrauensverlust in staatliche Institutionen als bislang. Die Beamten, die gegen Verstöße aller Art vorgehen, büßen durch das mutmaßliche Verhalten ihrer Kollegen ein Stück moralische Autorität ein.

Der neue Skandal bietet aber auch eine Chance: Was bislang hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wurde, kommt nun endlich auf den Tisch und könnte der Anfang einer dringend nötigen, umfassenden Aufklärung werden. Dabei dürfte auch von Vorteil sein, dass es neben den entschlusskräftigen Justizbehörden nicht nur eine, sondern mit Ortspolizei, Guardia Civil und National­polizei gleich drei Polizeieinheiten gibt.