Mallorca Zeitung

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Separatisten gehen gestärkt aus Wahlen im Baskenland hervor - ein Vorzeichen für Katalonien?

67 Prozent der Basken stimmten für Linke und Unabhängigkeitsbefürworter. Auch wenn dieses Thema im Wahlkampf gar keine Rolle spielte

Pello Otxandiano, der Kandidat der Partei EH-Bildu, feiert sein Wahlergebnis im Baskenland. AP Photo/Alvaro Barrientos

Der Ausgang der Regionalwahlen im Baskenland ist in gewisser Weise paradox. Die baskischen Nationalisten und Separatisten erzielten am Sonntag (21.4.) ihr bestes Ergebnis überhaupt mit insgesamt 67 Prozent der Stimmen.

Doch spielte das Thema der Unabhängigkeit von Spanien im Wahlkampf keine Rolle, auch wenn am Wahlabend im Lager der linksradikalen EH Bildu Rufe nach indepentenzia zu hören waren. Im Vordergrund standen ganz klar soziale und wirtschaftliche Themen wie die Wohnungsnot oder das angeschlagene Gesundheitssystem.

EH Bildu legte am meisten an Stimmen zu. Die Linkskoalition, zu der der einstige politische Flügel der verschwundenen Terrororganisation ETA gehört, verpasste es jedoch, die bürgerlichen Nationalisten (PNV) als führende politische Kraft im Baskenland abzulösen. Beide holten jeweils 27 der 75 Sitze im Parlament von Vitoria.

Doch der PNV blieb mit 35 Prozent der Stimmen knapp vorne und kann die bisherige Koalitionsregierung mit den Sozialisten fortführen, die sich um zwei auf zwölf Abgeordnete verbessert haben. Die konservative Volkspartei (PP) legte um einen Sitz auf sieben zu, die rechtspopulistische Vox verteidigte ihr einziges Mandat in Euskadi.

Grund zum Jubeln im Baskenland: PNV-Spitzenkandidat Imanol Pradales am Wahlabend. Luis Tejido/Efe

Podemos bricht ein

Der Aufschwung von EH Bildu erklärt sich zum guten Teil mit dem Einbruch der Linkspartei Podemos, die alle sechs Sitze verlor. Sumar, die neue Linkskoalition der spanischen Arbeitsministerin Yolanda Díaz, konnte lediglich einen Sitz gewinnen.

EH Bildu ließ die Forderung nach einem eigenen Staat im Gegensatz zu früheren Wahlkämpfen beiseite und konzentrierte sich auf klassische linke Forderungen nach bezahlbarem Wohnraum und anderen sozialen Verbesserungen. Das kam vor allem bei jungen Wählern an, für die der ETA-Terror vor mehr als einem Jahrzehnt heute keine entscheidende Rolle mehr spielt.

Panorama in Katalonien

In Madrid warf die PP den Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez vor, ein „Stimmenlieferant“ für die Nationalisten zu sein, dank deren Unterstützung sie in Spanien regieren. Doch wahrscheinlich muss die Opposition diese These nach den Wahlen in Katalonien am 12. Mai revidieren. Die Umfragen sehen die katalanischen Sozialisten der PSC unter ihrem Spitzenkandidaten Salvador Illa vorne.

Ähnlich dem Baskenland überwiegen auch in Katalonien andere Themen die Unabhängigkeitsbestrebungen, die in dem illegalen Referendum von 2017 gipfelten. „Die katalanische Gesellschaft hat sich seit 2017 sehr verändert“, erklärte Premier Pere Aragonès bei einem Treffen mit dem Verein der Auslandskorrespondenten, Círculo de Corresponsales, am Montag (22.4.). „Ohne dem Ziel der Unabhängigkeit abzuschwören, glaube ich, dass die Wähler heute eine Regierung haben wollen, die sich um die dringenden alltäglichen Probleme kümmert“, so der Politiker der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC).

Unabhängigkeit spielt auch in Katalonien keine zentrale Rolle mehr

Sein Rivale Illa von den Sozialisten gibt dem president recht. Der ehemalige spanische Gesundheitsminister machte die PSC bei den Regionalwahlen 2021 zur stärksten Kraft. Doch die ERC und die bürgerlichen Separatisten von Junts konnten gemeinsam die Regierung bilden. Dieses Bündnis zerbrach, seitdem sind die beiden nationalistischen Parteien zerstritten.

„Ich glaube, der Unabhängigkeitsprozess spielt bei der Wahl keine Rolle“, so Illa auf einem weiteren Treffen mit der Auslandspresse am Mittwoch (24.4.). Er wirft den Separatisten vor, in den vergangenen zehn Jahren an der Macht schlecht regiert und die öffentlichen Dienstleistungen vernachlässigt zu haben. So sei das Problem der extremen Dürre in Katalonien auch durch mangelhafte Investitionen seitens der Generalitat, der katalanischen Regionalregierung, verschlimmert worden.

Ministerpräsident räumt Nachholbedarf ein

Ministerpräsident Aragonés räumte Nachholbedarf bei vielen Problemen ein, verwies aber auf den unlängst verabschiedeten Plan zur Bekämpfung der Dürre, der unter anderem den Ausbau von Entsalzungsanlagen an der Küste vorsieht.

Der dritte Kandidat mit realistischen Ambitionen auf das Regierungsamt ist Ex-Premier Carles Puigdemont, der sich nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung 2017 vor dem Zugriff der spanischen Justiz nach Belgien absetzte.

Während Illa und Aragonès ihre Kampagnen auf Alltagsprobleme ausrichten, wirbt Puigdemont mit einer Neuauflage des procés, dem unilateralen Weg zur eigenständigen katalanischen Republik. Sollte er nach dem 12. Mai nicht Premier werden, wolle er sich aus der Politik ganz zurückziehen.

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