Wer spanische oder mallorquinische Familienmitglieder, Freunde oder Bekannte hat, weiß: Es gibt große Unterschiede zwischen einer typisch spanischen und typisch deutschen Hochzeit.
Gästeanzahl und Sitzordnung
Die von der MZ befragten Hochzeitsplaner sind sich einig: Einer der größten Unterschiede ist die Anzahl an Hochzeitsgästen. Während deutschsprachige Brautpaare meist mit zwischen 50 und 80 Gästen feiern, kommen bei spanischen Hochzeiten, vor allem in Vor-Pandemie-Zeiten, schnell über 200 Personen zusammen. Selbst mit im Durchschnitt 120 bis 180 Gästen, wie es seit der Pandemie üblicher ist, liegen die Einheimischen noch deutlich über den meisten Deutschen, weiß Marta Blasco der Event-Agentur MBS (Mallorca Business Support).
Laut Ina Sawallisch von Mallorca Hochzeiten seien es bei den Einheimischen auch deswegen größere Hochzeitsgesellschaften, da die Eltern des Brautpaares üblicherweise auch ihre eigenen Freunde einladen. „Schließlich finanzieren sie oft traditionell einen Großteil oder die ganze Hochzeit“, erklärt Sawallisch. Daneben werde zudem oft die ganze Großfamilie eingeladen.
Während die spanischen Brautpaare auch heute noch oft neben ihren Eltern sitzen, umgeben sich die deutschen eher mit guten Freunden oder ihren Geschwistern, so Blasco.
Zeiten
Deutsche Hochzeiten beginnen oft schon mittags. Bei den Spaniern hingegen geht es gewöhnlich erst am späten Nachmittag los, so Sawallisch, die mit ihrem Team pro Jahr rund 50 Hochzeiten organisiert. „Immer wenn wir bei den Kirchen für Zeremonien um 13 oder 14 Uhr anfragen, schütteln die spanischen Küster den Kopf“, bestätigt auch der evangelische Pfarrer Holmfried Braun.
Da die Spanier später anfangen, verlagert sich auch das Abendessen eher auf Uhrzeiten um die 22 Uhr und geht schon einmal bis 1 Uhr nachts. Auch die richtige Party geht dann fast immer bis in die frühen Morgenstunden. „Die meisten Hochzeiten von deutschsprachigen Paaren, die wir betreuen, enden gegen 3 Uhr“, erzählt hingegen Sawallisch.
Geschenke
Während die Gäste deutschsprachiger Paare an deren großem Tag oft aufwendig dekorierte Geschenke mitbringen, für die ein eigener Tisch bereitsteht, kommen die auf spanischen Hochzeiten mit leeren Händen. Der Grund: Hierzulande ist es üblich, dass das Brautpaar schon im Vorfeld ein Extra-Konto einrichtet, auf das die Gäste Geld als Geschenk überweisen können. Die Kontonummer wird meist direkt auf der Einladungskarte mitgeliefert. „In Deutschland würde das gar nicht gut ankommen. Es wäre sogar ziemlich skandalös“, ist sich Sawallisch sicher.
Eine Faustregel für den Betrag gibt es bei den Spaniern nicht. „Dennoch sollte die Summe mindestens so hoch sein, wie die, die das Brautpaar pro Gast für das Abendessen ausgeben muss“, weiß Blasco. Ein Richtwert könnten 120 bis 150 Euro pro Person sein, so die Festland-Spanierin. Bei eng mit der Braut oder dem Bräutigam befreundeten Paaren können es schnell 300 bis 400 Euro werden, so Sawallisch. In jedem Fall sei die Summe oder der Wert des Geschenks bei spanischen Gästen deutlich höher.
Die Gäste deutschsprachiger Hochzeiten würden hingegen oft gemeinsame Aktivitäten schenken. „Außerdem sehen es viele hier lebende deutschsprachige Kunden von uns auch als ein Geschenk an, dass ihre Freunde und Verwandten die mit der Reise und Übernachtung verbundenen Unannehmlichkeiten und Kosten auf sich nehmen“, so Blasco. Ganz nach dem Motto „Hauptsache, sie können mit uns hier feiern“.
Programm, Reden, Brautstrauß
In Deutschland muss das Brautpaar nach der kirchlichen Trauung oft einen Baumstamm zersägen oder ein Bettlaken-Herz zerschneiden. Darüber dürften die Spanier nur den Kopf schütteln. „Viele deutschsprachige Brautpaare heiraten absichtlich auf Mallorca, weil sie diese und andere Spiele bewusst nicht wollen“, weiß Sawallisch.
Auch auf lange und emotionale Reden der Eltern des Brautpaares oder der Trauzeugen, wie man sie von deutschen Hochzeiten kennt, wartet man bei spanischen Feiern vergebens. „Bei deutschsprachigen Kunden frage ich zwecks Koordination des Catering immer schon im Vorfeld, wie viele und lange Reden es voraussichtlich geben wird. Das Essen des zweiten Gangs soll ja nicht kalt werden, weil spontan eine Rede eingeschoben wird“, so Blasco. „Wir finden die hier todlangweilig“, gibt sie zu. Allenfalls würden sich das Brautpaar oder die Eltern kurz erheben, um sich bei den Gästen für das Kommen zu bedanken.
Was dann oder auch zu einem späteren Zeitpunkt auf spanischen Hochzeiten immer wieder geschieht: Die Gäste rufen wie aus dem Nichts „¡Qué se besen!“ (frei übersetzt: Küsst euch!). Dann hat das Brautpaar keine andere Wahl und „muss“ sich küssen. Sonst gibt die feiernde Menge keine Ruhe. „Das passiert oft beim Abendessen. Die Gäste schwingen dann schon einmal ihre Servietten durch die Luft“, erzählt Sawallisch.
Unter Spaniern werden zwar keine Foto-Präsentationen gezeigt, aber es gibt dennoch eine Gemeinsamkeit mit den deutschsprachigen Hochzeiten: Den guten alten Photocall mit bunten Utensilien lieben die Paare und Gäste aller Länder gleichermaßen. Und natürlich kommt auch in Spanien ein Brautstrauß zum Einsatz. „Während deutschsprachige Bräute ihn häufig werfen, drücken spanische ihn eher direkt der Person in die Hand, die als nächste heiraten wird“, erzählt Blasco.
Zigarren
Während sich die einen über den Brautstrauß freuen (oder nicht), liegen für Männer auf spanischen Hochzeiten oft Zigarren aus. „Auch, wer sonst nicht raucht, steckt sich dann gerne eine an“, weiß Blasco.
Zeremonie und Bürokratie
Eines vorweg: „Bei deutschen Paaren, die auf Mallorca standesamtlich heiraten möchten, muss mindestens einer von beiden seit mindestens einem halben Jahr seinen Wohnsitz auf der Insel haben“, erklärt Sawallisch. So kommt es, dass viele erst in ihrem Heimatland standesamtlich heiraten und sich dann für die Zeremonie an die Hochzeitsplaner und Pfarrer auf der Insel wenden. Für sie organisieren Sawallisch und ihre Kolleginnen größtenteils Trauungen mit freien Rednern. Die Alternative sind evangelische, katholische oder in Einzelfällen ökumenische Trauungen. In Sachen Bürokratie haben es die Spanier und Residenten also einfacher: „Hier wird die katholische Hochzeit automatisch standesamtlich anerkannt. Man bekommt dabei die Papiere und reicht sie einfach nur beim Standesamt ein. In Deutschland kommt man um eine standesamtliche Trauung nicht herum“, so Sawallisch.
Auf Mallorca heiraten:
