Mallorca Zeitung

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Segelboote, Yachten, Charter: Was passiert im Winter auf dem Mittelmeer vor Mallorca?

Sonne, Meer und Bootfahren. Das gehört im Sommer zu Mallorca. Doch was tut sich in der kälteren Jahreszeit? Die MZ hat sich bei professionellen Anbietern umgehört

Regatten finden auch im Winter auf Mallorca statt. Deutsche Betreiber erzählen, wann sie Segelkurse anbieten und ob sich Charter lohnt. Sailing Energy

Bei strahlendem Sonnenschein und türkisblau glänzendem Wasser mit dem Boot über das badewannenwarme Mittelmeerwasser gleiten. Das ist einer der wunderbaren Momente, die Tausende Mallorca-Besucher von ihrem Sommerurlaub auf der Balearen-Insel mitnehmen. Anbieter gibt es reichlich und Angebote, wie man die Zeit auf dem Wasser verbringt, auch. Das Geschäft boomt. Doch was machen diese Anbieter von Touren mit Boot und Yacht eigentlich im Winter?

Melanie und Martin Bauers bieten im Sommer Charter mit ihrem Katamaran "Jona" an. Im Winter pausieren sie für Organisation und Familie. Sailingjona

Die Vercharterer

„Endlich mal mehr Zeit mit der Familie verbringen“, sagt Melanie Bauers, die mit ihrem Ehemann Martin den Bootscharter „Sailing Jona“ betreibt. „Wir besuchen die Familie in Deutschland und nutzen die Zeit um den Jahreswechsel für private Dinge.“ Nach den Feiertagen beginne dann aber auch rasch die Zeit der Buchungen für die neue Saison.

Zum Angebot des jungen Elternpaares zählen unter anderem vier- bis siebenstündige Tagestouren mit ihrem Segelboot „Jona“, einer Lagoon 380 S2. Die Gäste kämen überwiegend aus Deutschland und würden die Zeit auf dem Meer für Geburtstagsfeiern oder Junggesellenabschiede buchen. Auch Kindergeburtstage seien schon dabei gewesen. Passend, dass der fünfjährige Sohn von Melanie und Martin Bauers den anderen kleinen Gästen bereitwillig sein Spielzeug ausleiht.

Während die meisten Kunden wegen ihres Sommerurlaubs anfragen, sind für die „Sailing Jona“-Betreiber die Nachbereitungen der alten Saison noch nicht abgeschlossen, wie die gebürtige Dresdnerin erzählt. Organisatorisches wie Buchhaltung und Steuern müssten erledigt werden, dazu Werbung und Marketing. Charter im Winter anzubieten, lohne sich so gut wie nicht, wie die 36-Jährige sagt: „Es ist einfach zu kalt und windig.“ Teils tobten auf dem Mittelmeer um diese Jahreszeit auch heftige Stürme. Da sei das Risiko zu hoch, mit Gästen an Bord in ein Unwetter zu geraten.

Liegekosten auf Mallorca zu hoch

Der Katamaran der Bauers liege deshalb in den Wintermonaten in einem Hafen auf dem spanischen Festland, „aus Kostengründen“, wie Melanie Bauers sagt. Die Liegegebühren auf Mallorca seien „enorm hoch“. Im Liegehafen kümmere man sich um die Wartung und Aufbereitung des Schiffes. Auch Behörden-Termine stünden dort an. Unter anderem überprüft ein Gutachter den Zustand des Bootes und die Sicherheitsvorkehrungen an Bord. Die beiden Deutschen betreiben den Verleih der „Jona“ – deren Rückführung bald ansteht – seit dem Jahr 2020. Derzeit überlegen sie, sich noch ein zweites Schiff zuzulegen.

Oliver Ochse ist Segelberater und trainiert seine Kunden auch im Winter bei Segelkursen. Privat

Der Trainer

Dass Mallorca auch im Winter Segeldestination sein kann, zeigt das Konzept von Oliver Ochse. Der 56-Jährige bietet mit seiner Archambault M 34 Segel- und Regatta-Training an, und das auch in den kalten Wintermonaten. „Mallorca ist für mich super geeignet, weil ich hier das ganze Jahr über arbeiten und segeln kann“, sagt der aus Bad Zwischenahn bei Oldenburg stammende Segeltrainer. Auch die Spanier würden hier ganzjährig segeln, wie etwa die Regatten von Port Adriano oder Port d’Andratx bewiesen. In den clubes náuticos von Palma, Arenal oder Andratx sei denn auch einiges los, schließlich müsse für die Wettkämpfe – etwa eine Regatta de Club Náutico Arenal am Samstag (13.1.) trainiert werden. Winterzeit bedeute für Oliver Ochse dennoch, etwas Privates zu unternehmen, ohne das Geschäftliche zu vernachlässigen. Im Dezember finden seine letzten Kurse des Jahres auf See statt. Momentan macht er Urlaub in einem Campervan auf dem spanischen Festland bei Huelva. Dann ist er auf Messen unterwegs, Ende Januar zum Beispiel auf der Bootsmesse in Düsseldorf oder auf lokalen Bootsmärkten in Deutschland. Dort hält er Vorträge zum Segeltrimmen.

"Im zehnten Gang über den Nürburgring"

Anfang März beginnen die nächsten Kurse. Ochse bietet „alles, was nach dem Segelschein passiert“, also Performance-Trainings für fortgeschrittene Segler. Die finden vorwiegend in der Bucht von Palma statt. Was man da so lernt, beschreibt er mit den Worten: „Wenn ich es mit dem Auto vergleiche, ist es in etwa so, wie im zehnten Gang auf dem Nürburgring zu fahren.“ Zu den Teilnehmern seiner viertägigen Kurse zählten sportlich ambitionierte Segler, die Segelerfahrung haben und diese vertiefen wollen. Da seine Kurse deutschsprachig sind, kämen seine Kunden aus dem DACH-Raum.

Mallorca bleibe für viele Segler aus Deutschland dennoch eine Destination für den Sommer, sagt Oliver Ochse. „Von Bucht zu Bucht, ankern, schwimmen, chillen“, sei das übliche Programm in den warmen Monaten. Da freue man sich bei hohen Temperaturen über jedes Spritzwasser. Im Winter nutzt er eher Neoprenanzug und Stiefel – die Ausstattung der Teilnehmer unterliegt keinen offiziellen Vorgaben.

Sein Boot lagere er auch mal an Land, wenn es nicht genutzt wird. Auf Mallorca hat sich Oliver Ochse privat im britisch geprägten Segelmekka Pollença im Norden der Insel niedergelassen. Palma sei als Trainingsbucht im Winter allerdings ein besserer Standort, denn wohlhabende Klienten erwarteten einen gewissen Standard, wenn sie für die Kurse anreisen. Die Inselhauptstadt habe im Vergleich zu anderen Teilen Mallorcas den Vorteil, dass Hotels und Restaurants auch in der Nebensaison in guter Dichte und Qualität geöffnet seien. Da könne der Norden einfach nicht mithalten.

Der Werbefilmer

Nach mehr als 30 Jahren in der Branche und einer zunehmenden Zahl an Anbietern weiß Oliver Ochse, dass es auch auf das Marketing ankommt. Den Winter nutze er deshalb dazu, um „guten Content“ zu erstellen. Dafür arbeitet er mit Spezialisten wie Gerrit Haaland zusammen, die Werbefilme produzieren und sich auf die Yacht-Branche spezialisiert haben. „Im Winter komme ich endlich auch mal selbst zum Segeln“, sagt Haaland, der Inhaber von „Nautic Film“. „Vor allem mit Segelfreunden bei den Regatten der Winterserie des Real Club Náutico in Palma anzutreten, ist seit Jahren ein fester Termin in meinem Kalender.“

Die Wartung der Boote ruht allerdings nicht. Aus Erfahrung weiß Haaland, dass das zu zeitlichen Problemen zwischen den Saisons führen kann. „Obwohl die Segelmacher mit stattlichen Winterrabatten locken, fällt den allermeisten Leuten erst Ende März ein, dass sie Anfang April neue Segel brauchen.“ Das könne dann auch schon mal seine Dreharbeiten behindern. „Unsere Werbefilme sollen schließlich frisch aufbereitete Yachten aus der Werft zeigen“, beschreibt er die Idee. „Besonders im Frühjahr hagelt es dann Absagen, weil die Werften ihre Termine nicht einhalten oder bei den ersten Probefahrten Mängel festgestellt werden.“

Andreas Kunze von Sportbootschule.tv wechselt wim Winter für Segelkurse von den Balearen auf die Kanaren. Privat

Der Ausbilder

Das Einsatzgebiet komplett zu wechseln ist für Andreas Konrad von Sportbootschule.tv seit 2011 fester Bestandteil des Winter-Plans. Der Kölner stammt aus einer Schifferfamilie, bereits sein Vater war Kapitän in der Frachtschiffahrt auf dem Rhein. Schon seit 2011 handhabt es der 67-Jährige so, dass er Anfang Oktober mit einer seiner beiden Yachten vom Mittelmeer in den Atlantik übersetzt und die Kanaren ansteuert.

Die zweite Yacht folgt im November. „25 Grad sind mir lieber als 13 Grad“, sagt Konrad lachend über den Wintervergleich Kanaren-Balearen. Einer der Hauptgründe, den Liegeplatz für seine „Spirit“ und „Magic Spirit“, eine Bavaria 44 und eine Bavaria 50, zu wechseln, sind aber auch bei ihm die Kosten. Die seien auf Mallorca im Landesvergleich zu hoch, selbst in kleineren Yachthäfen wie Sa Ràpita. Auf Gran Canaria, wo er sich derzeit aufhält, zahle er pro Tag nur ein Viertel von dem, was auf Mallorca an Liegegebühren verlangt wird. Schaut man sich die Preise der Häfen an, sind 200 Euro pro Tag auch im Winter für ein kleines Segelboot keine Seltenheit. „Mallorca und vor allem Palma sind sehr beliebt und schnell ausgebucht, da steigen dann die Preise“, sagt Konrad. „Ich kann es aber auch verstehen. Auf Mallorca hat man den unschlagbaren Vorteil, dass man fünf Minuten ausfährt und die erste wunderschöne Bucht zum Ankern findet.“

Durchsicht wie beim TÜV

Mit seiner Sportbootschule sei er einer der größten Betreiber in Deutschland, was die Ausbildung auf Hochseeyachten angeht. Die Balearen würden dabei schon als Hochsee gelten, Segeltraining könne man immerhin auch auf einem See anbieten. Sein erster geplanter Segeltörn auf den Balearen Anfang April sei schon fast ausgebucht. Auf den dafür eingesetzten Yachten finden etwa zehn Personen Platz zum Übernachten. Die Schule bietet auch Schwerwettertraining oder Kurse nur für Frauen an. Wie auch bei allen anderen Anbietern gehört eine jährliche Sicherheitsüberprüfung der auf See geschickten Segelboote zum Organisatorischen. Das ähnele einer Durchsicht beim TÜV und könne bis zu vier Stunden dauern, erzählt Andreas Konrad.

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