Mallorca Zeitung

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Die Generation Z ist hier aus "Kristall" - wie junge Menschen auf Mallorca ticken

In Spanien heißt es, die Generation Z sei zerbrechlich und durchschaubar wie Kristall. Aber stimmt das? Vor Beginn der Sommerferien am Freitag (23.06.) haben wir mit fünf Abiturienten auf Mallorca gesprochen.

Start ins Studium und ins Berufsleben: Emma Colom, Joan Barceló und Xisco Martínez am Strand. Margalida Pascual und Zhipeng Jiang konnten beim Fototermin nicht dabei sein. | FOTO: NELE BENDGENS Nele Bendgens

Das Thema „Generation Z“ ist in Deutschland weitbekannt und viel diskutiert. In Spanien ist bei dieser Altersgruppe mit einem Begriff der Philosophin Montserrat Nebrera von der generación de cristal die Rede. Ihr wird unter anderem emotionale Fragilität, Unsicherheit, Charakterschwäche und mangelndes Kulturbewusstsein nachgesagt. Wir haben mit fünf jungen Menschen gesprochen, die dieses Jahr am Col·legi Sant Josep Obrer in Palma Abitur gemacht haben: Emma Colom (17), Xisco Martínez (18), Margalida Pascual (18), Zhipeng Jiang (17) und Joan Barceló (17). Sie wollen Medizin, Mathematik oder Wirtschaft studieren, einer will Pilot werden. Nach zwei gemeinsamen Jahren trennen sich nun ihre Wege.

So erleben die Abiturienten die Zeit nach der Schule

Wie sieht euer Leben nach dem Abitur aus?

Joan: Wir freuen uns auf die Universität und genießen unsere Freiheit.

Xisco: Wir haben überraschenderweise festgestellt, dass wir weniger abhängig von unseren Handys sind als gedacht. Zu Schulzeiten scrollten wir durch Instagram oder TikTok, um zu entspannen. Jetzt haben wir die Energie und Zeit, Pläne zu schmieden.

Zhipeng: Natürlich nur, wenn man sich diesen Luxus leisten kann und nicht schon arbeiten muss.

Zhipeng arbeitet bereits in dem Restaurant seiner Eltern, um Studium und Pilotenausbildung mitzufinanzieren. Auch die anderen werden über den Sommer jobben oder ziehen es noch in Erwägung. Im Herbst wollen vier von ihnen die Insel verlassen, um zu studieren.

In Deutschland gibt es viele Vorurteile gegenüber der Arbeitsmoral der Generation Z. Wie seht ihr eure Zukunft in der Arbeitswelt?

Margalida: Wir werden anders arbeiten als unsere Eltern. Wir fühlen uns aufgrund der Digitalisierung oft unter Druck, ständig erreichbar zu sein. Wenn jeder den ganzen Tag am Handy ist, gibt es keinen Grund, nicht an das Handy zu gehen. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Wenn du nicht anhältst und „Stopp!“ sagst, wirst du absorbiert.

Zhipeng: Viele Vorurteile basieren darauf, dass unsere Generation den Begriff Work-Life-Balance anders versteht. Ich denke, dass das Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit stimmen muss, um den persönlichen Charakter entwickeln zu können. Die Arbeit ist Teil des Lebens, aber das Leben sollte nicht von der Arbeit abhängen.

Emma: Es gibt einen enormen Druck, das Leben jetzt optimal zu gestalten. Wir gehen unter in einem Ozean von Meinungen und Informationen, die uns geboten werden.

Die Abiturienten Xisco Martínez, Joan Barcelo und Emma Colom. Nele Bendgens

In Spanien ist die Generation Z auch als Generación de Cristal bekannt

Denkt ihr, dass die stereotypischen Charakterisierungen der „generación de cristal“ auf euch zutreffen und gerechtfertigt sind?

Emma: Ich finde es ungerechtfertigt, unserer Generation, die so stark für Diversität kämpft, diese Vielfalt zu nehmen, indem alle über einen Kamm geschert werden.

Margalida: Ich bestreite nicht, dass gewisse Aspekte zutreffen. Einige von uns wachsen mit vielen Privilegien auf und sehen Probleme, wo es nicht wirklich welche gibt. Vielleicht sind wir etwas unsicher, da wir wegen der Digitalisierung konstant beurteilt werden und beurteilen. Was wir essen, wie wir aussehen, wohin wir verreisen, wie viele Leute uns in unserer Meinung zustimmen …

Emma: Was das Vorurteil betrifft, dass wir es uns schnell in einer Opferrolle bequem machen: Das ist ein Ausweg, um den Problemen aus dem Weg zu gehen. Es ist leichter und weniger frustrierend, als tatsächlich zu versuchen, etwas zu ändern.

Und woher stammt dieser Frust?

Joan: Viele von uns sind emotional erschöpft und frustriert, da wir ständig enttäuscht werden. Wir wissen, was geschieht – und was nicht geschieht. Konzerne und Politik zeigen deutlich, dass Reden nicht unbedingt mit Handeln einhergeht, etwa im Kampf gegen den Klimawandel oder für die Rechte von Minderheiten.

Zhipeng: Ich finde es schwierig, wenn ältere Generationen ihre eigenen Erfahrungen als Argument gegen uns verwenden. Sie betrachten unsere Sorgen und Klagen als überzogen und als Zeichen unserer emotionalen Instabilität. Aber erleben wir nicht alle dasselbe? Wir sind Zeugen eines Krieges, einer Pandemie und der Klimakrise.

Xisco: Am schwierigsten ist es für mich, mit der Generation zu sprechen, die die Endzeit Francos noch aktiv miterlebt hat. Wir haben keine Scheu, über persönliche Probleme zu reden und zu sagen, wenn etwas nicht stimmt. Und wir schämen uns auch nicht, um Hilfe zu bitten. Aber für diese ältere Generation ist es wichtiger, eine heile Welt oder ein perfektes Familienbild zu präsentieren und daher Probleme – sei es in der Welt oder die eigenen – zu ignorieren.

Ein ständiger Kampf mit sich selbst

Die Stimmung im Raum ist nun angespannt, plötzlich wirken die frischgebackenen Abiturienten frustriert, wütend, niedergeschlagen. Nach einem Moment der Stille ergreift Joan erneut das Wort.

Joan: Wir verspüren permanent einen inneren Konflikt. Dabei wollen wir gar nicht darüber jammern, was wir in der Pandemie durch gemacht haben oder was wir gerade erleben. Wir sind uns alle bewusst, dass noch größere Probleme auf uns zukommen könnten. Wahrscheinlich werden sie eintreten. Und wenn wir uns jetzt darüber beschweren wollten, würde uns nicht der Raum dafür geboten.

Habt ihr denn schlussendlich Angst vor der Zukunft?

Xisco: Meine größte Sorge ist, wie ich ein einfaches und glückliches Leben führen kann. Es gibt bereits so viele Feuer, die wir löschen müssen, und mit 18 Jahren haben wir das Gefühl, dass uns die Zeit davonläuft.

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