Mallorca Zeitung

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Warum liegt hier eigentlich Stroh? Wie es dazu kam, dass ein offizieller Wanderweg auf Mallorca versperrt wurde

Unter anderem mit Stacheldraht umbundene Heuballen versperrten zwei MZ-Lesern plötzlich den öffentlichen Wanderweg "Ses Covetes" in Llucmajor. Und nun?

Die von dem Besitzer einer Pferdefinca aufgehäuften Heuballen versperren den öffentlichen Weg. Am 26.12. kam noch ein Zaun hinzu. Privat

Hanne und Urs V. sind mit ihren 69 und 63 Jahren zwar noch sehr gelenkig für ihr Alter, wie sie sagen. So abenteuerlich haben sie sich ihre Wanderung am ersten Weihnachtsfeiertag (25.12.) dennoch nicht vorgestellt. Hanne V. lebt seit über 30 Jahren auf der Insel, kennt gefühlt jeden Stein, vor allem in ihrer Gemeinde Llucmajor. Gegen 14 Uhr brach das Paar vom Steinbruch Sa Cabana in Richtung Algaida zu einer Rundwanderung auf. Dazu geht es vom Camí de Son Mendívil in Richtung Camí de Son Miquel Joan und von dort auch auf dem Camí Vell d’Algaída wieder zurück in Richtung Llucmajor. Der Weg ist unter dem Namen „Ses Covetes“ als offizieller Wanderweg ausgeschildert.

Der Weg namens "Ses Covetes" ist als offzieller Wanderweg ausgeschildert. Privat

Privat oder öffentlich?

Nach etwa zweieinhalb Stunden trauten sie nahe der Pferdefinca Ca’n Blau Equitación plötzlich ihren Augen nicht: Aufeinandergestapelte und mit Stacheldraht umbundene Heuballen versperrten den Weg. An einem Baumstamm waren zudem Kameras angebracht. Es handele sich um privates Gelände (Propiedad privada), der Zugang sei verboten (Prohibido el paso), stand auf den teils laienhaft angebrachten Schildern. Auch motorisierte Fahrzeuge dürften hier nicht durch. Und jetzt?

Wenn Heuballen den Weg versperren. Privat

93 Prozent der Tramuntana sind in Privatbesitz

Dass ein öffentlicher Weg über Privatgrund führt, kommt auf Mallorca häufiger vor. Allein 93 Prozent der von Wanderern viel frequentierten Serra de Tramuntana sind in Privatbesitz. Entsprechend häufig gibt es Streit darüber, wer passieren darf.

Bei Hanne und Urs V. weckten die sonderbaren Barrieren am Weihnachtsfeiertag nicht nur ihre Neugier. Die beiden seien auch verärgert darüber gewesen, dass nicht einmal Wanderer geduldet werden. „Dass dort keine Quads und andere Geländefahrzeuge fahren sollen, kann ich gut nachvollziehen, da sie die Pferde erschrecken. Aber Wanderer?“, erzählte Hanne V. am Donnerstag (4.1.) der MZ.

Kletteraktion, um weiter wandern zu können

„Jetzt erst recht“, dachten sich die Schwäbin und der Schweizer. „Ich wandere gerne, aber nicht gerne umsonst“, sagt Urs V. auf den Umweg anspielend, den die beiden hätten machen müssen. Mühevoll und gleichermaßen vorsichtig kletterten sie über die Heuballen. „Meine Wanderschuhe sind von einer guten Marke. Ich wusste, dass sie dem Draht standhalten“, sagt Hanne V.

Die laienhaft angebrachten Schilder erwecken keinen besonders vertrauenswürdigen Eindruck. Privat

Das sagen die Verantwortlichen im Rathaus

Dass der Weg, wie an den teils mit Schrauben an Baumstämmen angebrachten Schilder angekündigt, wirklich privat ist, konnte sie sich kaum vorstellen. Ganz sicher waren sie sich aber auch nicht. Also meldete sich Hanne V. bei der MZ, und die wiederum beim Rathaus. In der Gemeinde gebe es „Hunderte von Kilometern an Wegen mit demselben Problem“, hieß es dort zunächst. Häufig würden Neubesitzer die vermeintlich privaten Wege nach dem Kauf einer Finca oder eines Gelände für Nicht-Anwohner sperren wollen. Ob das rechtens ist, entscheide aber das Rathaus nach Einsicht der jeweiligen Pläne. Im Fall Ses Covetes sei dem nicht so, sagte der Pressesprecher der Gemeinde. Auch andere Wanderer hätten sich wegen der Heuballen beschwert. „Der Weg ist aber über 300 Jahre alt und öffentlich.“

Vor allem motorisierte Fahrzeuge werden auf dem Weg nicht geduldet. Privat

Das sagt der Besitzer der Finca

Der Besitzer der Pferdefinca sieht das anders. Seit mehr als zehn Jahren hätten er und weitere Anwohner mit Vandalismus und respektlosem Verhalten von Besuchern zu kämpfen. An manchen Tagen würden mehr als 15 Quads über das Gelände brettern. Bauschutt und Müll seien dort abgelagert und Hunde totgefahren worden. Auch von Mädchen, die beim Reiten vom Pferd, das sich erschreckt hatte, gefallen sind, spricht der Besitzer.

Da die Behörden sich weder um die Probleme noch die Instandhaltung des Wegs gekümmert hätten, sei den Fincabesitzern nichts anderes übrig geblieben, als das laut ihrer Aussage private Wegstück abzusperren, sagt er. Die Heuballen würden sich im Übrigen über 100 Meter innerhalb des privaten Grundstücks befinden.

Auch Kameras sind an einem Baumstamm aufgehängt. Privat

Vorfall im Rathaus gemeldet

Mittlerweile haben Hanne und Urs V. den Vorfall selbst im Rathaus gemeldet. „Die Beamten haben unser Anliegen samt Fotos aufgenommen und versprochen, dass bald etwas unternommen wird“, so Hanne V. Der Fall liege derzeit bei der Naturschutzbehörde der Guardia Civil (Seprona). Wann abenteuerliche Klettereien für Wanderer Geschichte sind, ist laut dem Pressesprecher nur eine Frage der Zeit.

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