Mallorca Zeitung

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Ex-Fußballer Julian Schieber über seine Ballermann-Karriere, Fußball in Saudi-Arabien und rote Karten

In der Bundesliga stand er 167 Mal auf dem Platz. Das Herz des angehenden Trainers schlägt jetzt auch für deutsche Schlager

Julian Schieber hat ein Herz für Partymusik. dpa

Es waren zwar nur wenige Sekunden in der Nachspielzeit, aber Julian Schieber stand mit Borussia Dortmund im Champions-League-Finale 2013 in London auf dem Platz. Der FC Bayern gewann bekanntermaßen mit 2:1. Es war das Karriere-Highlight des 167-fachen Bundesligaspielers aus Backnang bei Stuttgart. Heute trainiert der 34-Jährige die U19 von Sonnenhof Großaspach in Baden-Württemberg und hilft als Co-Trainer bei den Männern in der fünften Liga aus.

In den vergangenen Wochen machte Schieber mit seinem neu entdeckten musikalischen Talent Schlagzeilen. Mit dem Song „Unter die Dusche“ will er gemeinsam mit DJ Xam und Fußball-Kumpel Philip Roller am Ballermann durchstarten.

Ihr Song spielt auf einen Platzverweis an. Sie haben in Ihrer Karriere nur einmal eine Rote Karte gesehen. Erinnern Sie sich daran?

Sehr gut sogar. Das war 2013 mit dem BVB gegen Eintracht Frankfurt. Ich hatte endlich mal die Chance in der Startelf bekommen, weil Robert Lewandowski selbst eine Rotsperre absitzen musste. Nach 30 Minuten flog ich mit der Gelb-Roten Karte vom Platz. Das ist sehr unglücklich gelaufen. Ich war heilfroh, dass die Jungs das auch in Unterzahl souverän gewonnen haben.

War dieser Moment der Auslöser für Ihr Lied?

Ich habe es immer genossen, wenn im Stadion die „Schieber, Schieber“-Rufe kamen. Unabhängig davon, ob sie an mich oder gegen den Schiedsrichter gerichtet waren. Es war schon immer mein Wunsch, diese Zweideutigkeit künstlerisch in einem Lied zu verarbeiten, das nicht unter die Gürtellinie geht.

Wann steht der erste Ballermann-Auftritt an?

Ich bin in der vergangenen Woche am Montag in Krümels Stadl in Peguera aufgetreten. Ich hatte vorher keinen Soundcheck und hatte dann leider mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das Rathaus schreibt eine maximale Lautstärke vor. Ein Regler unterbindet, dass diese überschritten wird. Wenn ich laut gesungen habe, gab es immer wieder kleine Tonaussetzer. Daher war ich mit meinem Auftritt nicht zu 100 Prozent zufrieden. Es gab keine Buh-Rufe, ich war aber etwas verunsichert. Schließlich war es erst mein zweiter Auftritt. Zuvor hatte mich Peter Wackel mal bei einem Konzert in Sonnenhof auf die Bühne gelassen – und ich konnte mein Lied präsentieren. Die Medien griffen den Song auf. So richtig wusste ich mit meinen Kollegen am Anfang aber gar nicht, was wir überhaupt wollen. Nach den Auftritten verstehe ich das Geschäft langsam. Es wäre schön, wenn wir an den Ballermann dürften. Wir arbeiten jetzt schon an einem zweiten Lied, damit wir ein größeres Repertoire haben und nicht nur auf Coversongs zurückgreifen müssen.

Julian Schieber will am Ballermann singen. dpa

Wird das wieder ein Fußball-Song?

Eigentlich eher weniger. Wir haben grobe Überlegungen, arbeiten aber noch am Text. Es muss nicht nur Fußball sein.

Ist das Plan B, wenn die Trainerkarriere letztlich scheitert?

Ich bin nach meiner aktiven Karriere an einem Punkt angekommen, an dem ich mich frage, was ich eigentlich im Leben will. Ich schnupper jetzt seit zwei Jahren in das Trainerleben rein. Das klappt ganz gut. Das ist wie eine Ausbildung, in der ich mich noch weiter entfalten muss. Das wird noch ein paar Jahre dauern, ehe ich den nächsten Schritt wagen kann. Ob ich das überhaupt will, ist der Knackpunkt. Das schaue ich mir derzeit noch an. Die Musikbranche ist allerdings auch kein Zuckerschlecken. Ich habe einige Leute in der Szene nun kennengelernt. Der Partyschlager-Markt ist überflutet. Gefühlt kommt jede Woche von den Top-Stars ein neues Lied raus. Da will ich mal sehen, wie weit ich komme. Ich bleibe aber bodenständig und freue mich über jeden kleinen Auftritt.

Die Ballermann-Sänger dürfen entweder im Bierkönig oder im Megapark auftreten. Wozu tendieren Sie?

Wenn ich jetzt antworte, nimmt mich der andere Laden auf keinen Fall mehr, oder? Ich habe mir nun wieder einen Auftritt von DJ Schürze im Bierkönig angesehen. Ich mag den Laden sehr. Das lassen wir mal so stehen.

Wie oft sind Sie auf Mallorca?

Ich versuche, einmal im Jahr auf jeden Fall zu kommen. Dieses Jahr hat es sogar schon zwei Mal geklappt und vielleicht komme ich zum Closing noch einmal. Oder natürlich wenn wir in der Zwischenzeit gebucht werden.

Sind Sie dann nur am Ballermann anzutreffen oder wäre auch ein Familienurlaub in Alcúdia denkbar?

Wäre eine Möglichkeit. Dieses Jahr haben wir uns für Griechenland entschieden. Ich war aber auch schon auf Mallorca, ohne an den Ballermann zu gehen. Ich treffe eigentlich immer Freunde oder Familienangehörige, wenn ich auf der Insel bin.

Wie oft wird die Ballermann-Musik in der Umkleide der Bundesligisten gespielt?

Das ist von Verein zu Verein unterschiedlich und hängt davon ab, wer den DJ gibt. Als Marco Richter beim FC Augsburg aufgelegt hat, lief der „Bierkapitän“ ständig. Heute ist Hip-Hop und Deutsch-Rap angesagt. In der Kabine von meiner U19 kenne ich die meisten Sänger gar nicht mehr. Aber es gibt in jeder Mannschaft einen harten Kern, der die Partyschlagerszene mag. Und das muss auch so bleiben.

Kommen wir zum Sportlichen: Am Wochenende startet die Bundesliga. Wird es wieder eine spannende Saison wie zuletzt?

Das wünschen wir uns als Fans alle, dass Aufstieg, Abstieg und Meisterschaft bis zum letzten Spieltag umkämpft sind. Ich würde es meinem BVB wünschen. Aber die Bayern bleiben immer der große Favorit. Viele deutsche Fans schauen heutzutage lieber den englischen Fußball. Jetzt kommt noch Saudi-Arabien hinzu. Einen Messi in den USA müsste man auch verfolgen. Ich habe aber gar nicht so viel Zeit, ich muss mich um Großaspach kümmern.

Julian Schieber (2.v. li.) spielte mit Borussia Dortmund in der Champions League. dpa

Viele Altstars folgen dem Ruf von Cristiano Ronaldo in die Wüste. Würden Sie die Spiele schauen, wenn es der Zeitplan hergibt?

Ich boykottiere die Spiele jedenfalls nicht. Ich finde das sehr spannend. Früher kam der chinesische Markt groß auf, heute ist es Saudi-Arabien. Das polarisiert. Natürlich schaue ich mir die Ergebnisse an, wenn ein Ronaldo dort spielt. Ich habe selbst gerade den Überblick verloren, wie viele Profis mit großen Namen dorthin gewechselt sind. Mir ist es egal, ob ein Spieler für 300 Millionen Euro wechselt. Ich bin sportverrückt. Ich will schönen Fußball sehen und freue mich über tolle Tore in jedem Land der Welt.

Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl sieht in Saudi-Arabien eine Bedrohung für den europäischen Fußball. Ist dem so?

Da befasse ich mich zu wenig mit dem Thema. Wir haben es bei China gesehen. Der Hype flacht dann auch ganz schnell wieder ab. Langfristig wird Europa mit den Stadien, den Fans und der Leidenschaft die Nase vorn haben.

Sie haben gesagt, Sie drücken Dortmund die Daumen. Sie haben für so viele Teams gespielt. Wer ist denn nun Ihr Herzensclub?

Das ist schade, wenn ich da einen rauspicken muss. Den FC Augsburg mitgezählt, wo es sportlich einfach nicht lief, habe ich für fünf tolle Vereine gespielt. Mit Stuttgart, meinem Heimatclub, der vor meiner Haustür liegt und wo ich in der Traditionsmannschaft auflaufen darf. Dann der BVB, wo ich vor einem Monat beim Legendenspiel mitmachen durfte, wo wir das Champions-League-Finale 2013 wiederholt haben. Dann Hertha BSC, mit dem ich aus der Ferne leide. Auch Nürnberg will ich nicht missen.

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