Musikalisch ist Weihnachten schon längst angebrochen - vor allem unter den Kleinen. Seit Wochen stimmen Tausende Grundschüler inselweit „Ara ve Nadal", „Fum-Fum-Fum" und weitere nadales an, wie die Weihnachtslieder auf Katalanisch heißen. Posidònia, die Folkband mit Marta Elka als Frontfrau, tut es ihnen gleich. Seit Ende November präsentieren sie ihr 2018 aufgenommenes Album „Sonen les campanes!", eine Sammlung traditioneller balearischer Weihnachtslieder.

Die mallorquinische Geigerin und Sängerin stammt aus einer musikalischen Familie, an Weihnachten gehörte bei ihr zu Hause schon immer Musik dazu. Als Mutter einer achtmonatigen Tochter ist ihr nun noch bewusster, wie eng nadales und Kindheit zusammenhängen. „Schließlich wird diese Tradition hauptsächlich den Kindern zuliebe weiter gepflegt", sagt sie. Auf dem unlängst bei den balearischen Enderrock-Preisen als bestes Folk-Album ausgezeichneten ,„Sonen les campanes" vertonen Posidònia weihnachtliches Liedgut von Mallorca, Menorca und Ibiza neu - es ist Folk, Swing und Tradition in einem. Neben Elka besteht die Band noch aus Toni Pastor (Laute), Bernat Cabot (Geige), Pep Balaguer (Gitarre), Moisès Pelegrí (Percussion) und Marko Lohikari (Kontrabass).

„Allà adalt de la muntanya" (Dort oben auf dem Berg): So beginnt das berühmteste katalanische Weihnachtslied, dessen noch bekannterer Refrain „fum-fum-fum" (Rauch, Rauch, Rauch) auch viele Spanier und Ausländer kennen. Es ist bereits das zweite Mal, dass sich Marta Elka mit diesem Repertoire beschäftigt: 2007 veröffentlichte sie zusammen mit dem Chor der Balearen-Universität, der Folkband Musica Nostra sowie dem Menorquiner Cris Juanico die CD „Cançonetes de Nadal". Ein Jahrzehnt später gründete die Mallorquinerin Posidònia. Die Band gibt häufig Mitmach-Konzerte für Kinder. Von diesen Erfahrungen zehrt auch die neue Aufnahme.

„Zu Heiligabend ersetzen heute oft Tablets und Smartphones die Musikinstrumente, das Fest verliert an Glanz - dem wollen wir mit unseren Auftritten entgegenwirken", sagt Marta Elka. Zudem: Die einheimischen Weihnachtslieder würden zwar in den Grundschulen und in den mallorquinischen Familien mit Kindern weiterhin gesungen, in der Öffentlichkeit aber hätten sie einen schweren Stand gegenüber den allgegenwärtigen Xmas-Hits. „Heutzutage stehen Weihnachtslieder wie ,Ara ve Nadal' oder ,Les dotze van tocant' nicht mehr im Vordergrund", sagt Elka.

Mallorcas Schneemann

Dabei beschränkt sich das Album von Posidònia nicht auf die Tradition, sondern erweitert das Repertoire mit drei neuen cançons. „Sonen les campanes", „Sa Pastoreta" und „Neu de la Serra" heißen die nagelneuen nadales, die

Marta Elka und ihre Mutter, Pilar Raiona, geschrieben und komponiert haben. „Neu de la Serra" (Schnee aus dem Gebirge) bezieht sich auf den ausgestorbenen Beruf des nevaters (Schneesammler), der sich im Winter auf den Weg ins Gebirge machte, um den frisch gefallenen Schnee schnellstmöglich in die pous de neu (Schneebrunnen) zu schaufeln, ihn zu bedecken und vor dem Schmelzen zu schützen.

Hinzu kommen auf dem Album drei internationale Klassiker, auf Katalanisch gesungen: „Stille Nacht" („Santa Nit"), „Little Drummer Boy" („El tamboriner") und „Merry Little Christmas" („Bon petit Nadal"). Letzteren US-amerikanischen Song von Hug Martin und Ralph Blaine hat Elka wegen seiner Botschaft ausgewählt. „Er ist nicht so bekannt wie andere Ohrwürmer, aber er ist ein Plädoyer für ein verantwortungsbewusstes Fest, weit entfernt von Massenkonsum und Kaufwahn", sagt sie.

Die Deutschen haben ihre Weihnachtslieder, die Briten singen carols, im Polen klingen kol?dy, und die lauten Spanier erhitzen den Heiligabend mit den villancicos. Weihnachtslieder heißen nicht nur von einer Kultur zur anderen unterschiedlich, sie klingen auch anders. Davon kann man sich dieser Tage auch auf der Insel überzeugen. Neben den nadales wäre da das deutsche, englische und schwedische Liedgut, dass sich auf den Weihnachtsmärkten mitsummen lässt. Aber auch andere, nicht so verbreitete Sprachen bekommen zur Adventszeit ihre Chance. Mehrsprachig wird etwa der musikalische Abend des Orfeo Ramon Llull in der Esglèsia Santa Tereseta in Palma (12.12., 20 Uhr, 5 Euro). Der Chor singt Weihnachtslieder auf Katalanisch, Spanisch, Deutsch und sogar Latein. Darunter ist mit aguinaldos aus Venezuela auch südamerikanisches Liedgut.

Auch polnische kol?dy erklingen seit einigen Jahren in Palma. So organisiert die Pfarrkirche Sant Agustí zu Heiligabend einen Sondergottesdienst auf Polnisch, in dem die sanften und beruhigenden kol?dy nicht fehlen dürfen. Ebenfalls nicht mehr auf Skype angewiesen, um über das weihnachtliche Heimweh hinwegzukommen, sind die Insel-Russen. Kalinka, die russische Sprachschule für Kinder, organisiert an diesem Samstag (14.12.) im Hotel Horizonte (C/. Vista Alegre, 1) von 11 bis 13 Uhr eine Matinee, bei der Kinder und Erwachsene gemeinsam einige der berühmtesten Lieder singen.

Nach der Apokalypse

Und da wäre natürlich noch, neben etlichen anderen Konzerten (re.), der Es Cant de la Sibil·la in der mallorquinischen Christmette an Heiligabend. Obwohl der Sibyllengesang nicht wirklich ein Weihnachtslied ist - er handelt vom bevorstehenden Weltuntergang - gilt er doch als musikalische Krönung der Adventszeit. Nach dem düsteren Gesang sind die fröhlichen nadales von Posidònia dann genau das Richtige, um Weihnachten unbeschwert zu begehen.

Posidònia live

Marta Elka und Band treten am 21.12. um 19 Uhr im Kulturzentrum Porto Cristo auf, am 22.12. auf dem Weihnachtsmarkt von Es Pil.lari (Palma.

19 Uhr) und am 27.12. im Espai Caramulls in Palma (18.30 Uhr, Carrer Pere Martell, 40). Weitere Konzerttermine auf Facebook und Instagram unter Posidònia Folk Mediterrani.