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Pitbull-Attacke auf Boris-Becker-Finca: Jetzt spricht der von der Justiz auf Mallorca gesuchte Deutsche

Der Münchner Michael H. soll auf der Boris-Becker-Finca auf Mallorca Körperverletzung begangen haben und wird mit Haftbefehl gesucht. "Das war alles ganz anders", beteuert er im Gespräch mit der MZ

Pitbull-Attacke auf Boris-Becker-Finca: Jetzt spricht der von der Justiz auf Mallorca gesuchte Deutsche

Michael H. gehörte zum harten Kern der Hausbesetzer um Georg “Bauchi” Berres, die im Herbst 2018 die Boris-Becker-Finca in der Gemeinde Artà im Nordosten von Mallorca besetzten und damit für riesiges Medien-Echo sorgten. Jetzt drohen ihm wegen eines Vorfalls von Körperverletzung auf dem Anwesen drei Jahre Haft. Dass ein Haftbefehl gegen ihn vorliegt, weil er nicht zu einem Gerichtstermin erschienen ist, habe H. nur aus den Medien gehört, beteuert er im Telefon-Gespräch mit der MZ. “Ich wusste gar nichts von dem Gerichtstermin. Sonst wäre ich natürlich hingegangen. Ich bin unschuldig”, betont er – und sieht sich nun in der Zwickmühle.

Konkret geht es in der Anklage um einen Vorfall, der sich bereits am 3. Januar 2019 auf der ehemaligen Becker-Finca Son Coll ereignete. Zu diesem Zeitpunkt habe “Bauchi” nicht auf der Finca gelebt, nur Michael H. selbst, sowie die Deutsche Stephanie G. (Besetzerin der ersten Stunde) und ein Russe, der sich “Otto” nannte, sagt H. “Plötzlich hörten wir, dass jemand versuchte, das Tor unten am Eingang aufzubrechen. Wir hatten es mit Schlössern verriegelt”, so H. Doch die Eindringlinge – drei den Besetzern unbekannte, vermutlich spanische Männer – verschafften sich Zutritt. “Sie bretterten wie verrückt über das Anwesen, riefen 'privado, privado', zerstörten den Stromgenerator, gingen dann mit Eisenketten auf uns los und einer erfasste mich noch mit dem Auto”, schildert H. die Ereignisse.

"Nicht mein Hund"

“Otto” habe einige Szenen mit seinem Handy gefilmt, Stephanie G. sei zur Finca hochgelaufen, um die Polizei anzurufen, so H. Erst sollen die Männer wieder abgezogen sein, nur um dann kurz darauf erneut in die Finca einzudringen, und “Ottos” Handy zu entwenden. Laut Anklageschrift soll H. daraufhin seinen Pitbull auf die Angreifer gehetzt haben, der einem der Männer tiefe Bisswunden zufügte. Auch soll H. mit einem Stock auf den am Boden liegenden Mann eingeschlagen haben. “Das war ganz anders”, behauptet dagegen H. Zunächst einmal sei es gar nicht sein Hund gewesen, sondern “Ottos”. “Dafür habe ich mehrere Zeugen. Und es war kein Pitbull, sondern ein Stafford Terrier”, so der Münchener. “Der Hund hätte gar nicht auf mich gehört, wir anderen durften ihn nicht einmal anfassen.” Auch habe er in keinem Moment auf einen am Boden Liegenden eingeschlagen. “Das würde ich niemals tun.”

Tatsächlich sei das Tier von alleine auf die Eindringlinge losgegangen, als sie sich zum zweiten Mal Zutritt zum Anwesen verschafften. “Ich habe Otto danach geraten, das Tier freiwillig der Polizei zu übergeben. Das hat er auch gemacht und sie haben es beschlagnahmt. Eigentlich müssten sie wissen, dass es nicht mein Hund war”, so H. der davon überzeugt ist, dass es sich bei den Eindringlingen um einen beauftragten Schlägertrupp handelte. “Die wurden von der Bank geschickt, der das Anwesen damals quasi schon gehörte”, mutmaßt H.

Keine Kenntnis vom Gerichtstermin

Die Monate vergingen, “Bauchi” kehrte zurück, verließ die Finca aber nach internen Streitigkeiten wieder. Im Januar 2020 dann die offizielle Räumung, die auf ein Gerichtsurteil von Oktober 2019 zurückgeht. “Wir Besetzer wurden zu einer Zahlung von je 480 Euro verurteilt, die aber nie eingetrieben wurde”, so H. Nie hätte er gedacht, dass er noch einmal im Zusammenhang mit der Becker-Finca Probleme bekommen könnte. “Hätte ich da was geahnt, hätte ich schon lange das Land verlassen, aber ich habe mir ja nichts zu schulden kommen lassen”, behauptet H., der weiter auf Mallorca blieb und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält.

Dass ihm überhaupt eine Haftstrafe von drei Jahren wegen Körperverletzung droht, habe er erst vor rund zwei Monaten erfahren. “Da bin ich selbst zur Guardia Civil gegangen, weil bei mir eingebrochen wurde, und plötzlich sagten sie mir 'you are arrested'”, so der 58-jährige Münchener, der nur radebrechend Spanisch spricht. Angeblich sei er damals kurzfristig in einer Sammelzelle in Manacor eingesperrt worden, “ohne, dass mir jemand sagte, warum”. Erst nach längerer Wartezeit habe man ihm die Anklageschrift gezeigt. “Da wurde mir erst klar, dass es um die Geschichte von Januar 2019 geht. Damit hätte ich nie gerechnet”, so H. Die Zelle in Manacor habe er verlassen dürfen. “Über den Gerichtstermin hat mich seitdem aber niemand informiert, weder die Guardia Civil, noch mein Pflichtverteidiger. Dabei haben sie alle meine Daten und wissen auch, wo ich gerade wohne.”

Als er in den Medien las, dass man ihn nun mit Haftbefehl sucht, sei es ein Schreck gewesen. “Ich bin unschuldig und habe Zeugen, aber ich habe Angst, dass sie mich nun monatelang in Untersuchungshaft sperren wie die Kegelbrüder. Ich habe kein Geld, um auf Kaution freizukommen”, so H., der sich als Opfer des Justizsystems sieht. Sein Pflichtverteidiger sei nicht zu erreichen, ein Antrag auf einen anderen vom Staat gestellten Rechtsbeistand habe er bereits vor Monaten eingereicht, aber bisher erfolglos. “Ich muss versuchen, mir irgendwie einen kostenpflichtigen Anwalt zu nehmen, aber das ist nicht leicht mit wenig Geld.” Erst wenn er einen solchen an seiner Seite hätte, würde er zur Guardia Civil gehen. Und hoffen, seine Unschuld beweisen zu können.

Hintergrund

Das 217.000 Quadratmeter große Anwesen bei Artà hatte Boris Becker 1997 für umgerechnet rund 500.000 Euro erworben. Nur zwei Jahre später erfolgte ein Baustopp wegen illegal errichteter Gebäude - 2003 rückten die Bagger an, Becker musste Teile der Neubauten wieder abreißen lassen. Dann richtete er alles mit viel Geld wieder her, um 2006 eine Einweihungsparty zu feiern - und das Anwesen schnell wieder zu verkaufen. Doch die weltweite Finanzkrise kam dazwischen. Becker verlor das Interesse an seinem eigenen Objekt, zahlte seine offenen Rechnungen nicht, konnte wiederholt nur in letzter Minute eine Zwangsversteigerung abwehren. Haus und Nebengebäude verfielen. / somo, jk

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